Quelle: bandsintown.com |
Sein aktuelles Album Bury The Moon kenne ich kaum, nur die ausgekoppelten Singles, doch ich bin großer, großer Fan der beiden Vorgänger Afterglow und In The Silence. Diese immense Spannung, wenn man einen Künstler zum ersten Mal sieht, bei dem man die Erwartungen zudem auch hochschrauben darf... es fühlt sich an wie Weihnachten als ich fünf war.
Also ab zur Reeperbahn, die am frühen Freitagabend noch leer und überschaubar ist. Außerdem ist diese Straße ja eh eine der traurigsten Gegenden der Stadt. Wer morgens mal dort entlang gegangen ist, weiß, wovon ich spreche. Abends eigentlich nichts anderes. Nun gut. Direkt an den schlimmen, tanzenden Türmen liegt der Mojo Club den Besuchern zu Füßen. Für alle, die sich nicht auskennen: Das ist buchstäblich so gemeint. Denn den Club erreicht man direkt vom Pflaster hinab durch zwei Treppen, die sich aus dem Bürgersteig auftun. Und es geht runter, runter, runter. Wunderbares Konzept, tolle Location. Denn unter der Erde tut sich ein theaterähnlicher Club auf. Schlicht, schick, mit Empore und M&O aus Rostock (Daumen hoch).
Es versammelte sich ein bunt gemischtes Publikum, das kaum einzuordnen war. Anhimmelnde, Akademiker, Hipster, Genießer.
Vor ausverkaufter Kulisse eröffnete der Singer/Songwriter Will Church den Abend. Meines Erachtens hätte er es lieber bleiben lassen sollen. Ein austauschbares Ed Sheeran-Derivat mit nervenden Ansagen, die die eigentlich ganz okayen Songs verdrängt haben. Solche Musik, solch ein Auftreten machen mich wirklich aggressiv. Und ich war endlos froh, als er ging. Sorry dafür.
Denn dann sollte Wunderbares passieren. Zur Bühne: Diese war für die Band wie ein Dreieck gestaltet. An der vorderen Spitze Platz für den Sänger hinter allerlei Tastenmaschinen, dahinter stehend zwei Mal Gitarre und Gesang, an den äußeren Spitzen analoger Bass und ein Drummer, der ein herrliches Bob Ross-Gedächtnisshirt trug. Die Dreieckform bestand aus Lampen und LEDs, die mitunter tolle Lichteffekte generierten. Zudem ein Hintergrund bestehend aus endlos vielen Glühlampen, die das Mojo taghell erleuchten konnten.
Unter tosendem Applaus betrat die Band die Bühne und es begann ein pendelndes Spiel aus Leise und Laut. Leise: Alle Ansagen von vorne; kaum vernehmbar, schüchtern, introvertiert. Laut: Die Interpretation der eigenen Lieder. Klar, Ásgeir zaubert auf seinen Platten leise, wundervoll ummantelnde Töne aneinander zu Liedern, die ins Herz gehen. Live lässt er diese Zärtlichkeit außen vor (oder sie vermissen, je nach dem).
Mich hatte er mit dem ersten Ton und ich konnte mich wunderbar in seine Songs fallen lassen. Egal, ob es die Alten waren, auf die ich mich besonders gefreut habe (Torrent, Kings And Cross, Here Comes The Wave In, Underneath It, Higher) oder die Neuen, die ich teils noch nicht kannte, sich aber ganz bald zu mir verirren werden. Gerade wenn es lauter wurde, die Sythie-Töne die Überhand nahmen und sich mit der verzerrten Gitarre abwechselten, zeigten seine Arrangements, dass sie leise und laut funktionieren und (zumindest für mich) in beiden Formen das Gleiche bewirken: sie wissen zu beeindrucken.
Dazu kamen die angesprochenen Lichteffekte. Lauter Nebel umhüllte die Bühne und durch die unterschiedlichen Farbtöne glich er ab und an Polarlichtern oder einem Wasserfall. Wenn dann zum passenden musikalischen Moment die zahllosen Glühbirnen auf das Publikum schienen, war alles rund. Es war: musikalisch ganz dicht, sehr fein abgestimmt, druck- und energievoll und die leisen Momente auf Platte funktionierten auch laut. Staunend und absolut beglückt blieb ich zurück. Die einzige Ernüchterung: Nur gute eineinhalb Stunden haben sie gespielt. Meinetwegen hätte sie endlos weiter machen können...
Holt Euch unbedingt ein Ticket, er spielt noch ein paar Konzerte hierzulande:
20.04.2020 - Darmstadt, Centraldtation
22.04.2020 - Köln, Gloria
23.04.2020 - München, Muffathalle
24.04.2020 - Leipzig, Täubchenthal
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