Mittwoch, 4. Dezember 2019

Adventskalender, Türchen 4: Rezension - Staring Girl

Quell: facebook.com/staringgirlmusik
(ms) Coverversionen sind ein sehr sensibles Thema im Musikbusiness. Warum das? Meine Vermutung: Weil sie entweder schrecklich schief gehen oder den Zauber, den Kern des Originals nicht einfangen können. Ist ja auch eine wahnsinnig anspruchsvolle Aufgabe. Insbesondere jetzt in der Adventszeit kommen die Gräueltaten des Cover-Business' ans Tageslicht. Was werden da olle Kamellen wieder und wieder neu versucht zu interpretieren?! Ätzend...

Doch es gibt auch gänzlich andere Wege Lieder zu covern. Selten bei Schlagzeug-Gitarre-Bass-Bands, häufiger ist es live bei HipHop-Formationen zu hören: Die eigenen Songs werden in ein neues Gewand gesteckt und so mit neuem Leben versehen. Klar, im Rap ist meist ein neuer Beat dafür verantwortlich. Das hat jedoch zur Folge, dass auch die Art des Sprechgesangs neu arrangiert werden muss. Nicht einfach, wenn man als Künstler und Fan das Original gewohnt ist. Aber es kann funktionieren.

Genau damit sind wir bei einer unserer liebsten Bands aus dem Norden: Staring Girl! Denn die fünf Musiker haben auf einer EP genannten EP eigene Lieder neu arrangiert und live eingespielt. Diesen Freitag, passend zum Feste des Bischofs von Myra erscheint diese sehr feine Platte!
Der schöne Kniff dabei: Bei den fünf älteren - jetzt wieder neueren - Tracks sind vier dabei, die auf dem ersten Album veröffentlicht wurden, also schon etwas länger im Bandkosmos schweben. Gerade diese Stücke aus einem anderem Fokus zu betrachten, ist schlau gewählt. Sogar ein ganz neuer Track ist dabei. Aber Stück für Stück...

Spannend ist der direkte Vergleich zum eigenen Original. Beispiel: Die guten Gedanken. Die ersten Takte sind spürbar näher, direkter, gefühlvoller als die 'normale' Studioaufnahme. Und damit wunderschön! Der Text ist ab und an leicht versetzt, das Lied hat viel mehr Körper und ein paar neue Teile dazugewonnen. Meines Erachtens ist das sanft gespielte Klavier dafür maßgeblich verantwortlich: Toll!
So wird auch aus Viertel Vor Nichts direkt eine Country-Nummer. Ja, man kann sich die Band gepflegt mit Cowboy-Hut, Strohhalm im Mundwinkel und schwerem Stiefel dabei vorstellen. Auch hier: In genau dem richtigen Maß das eigene Lied entfremdet, dennoch den Kern erhalten und ein bisschen mehr Gitarre reingesteckt.
Am nähsten am Original ist Cornflakes Mit Milch, aber dadurch nicht weniger schön! Auf Dem Weg Zu Mir Nach Haus überzeugt stark mit dem neuen Basslauf! Man kann sich Frenzy Suhr live gut dabei vorstellen!
Erstaunlich ist das neue Lied Autos Fahren Auf Straßen Mit Namen. Deutlich mehr verstärke Gitarre schiebt sich ellenbogenmäßig ab der ersten Sekunde in den Vordergrund. Man denkt an die frühen Tocotronic oder Die Sterne. Ein schöner Ausbruch aus den sonst sehr harmonischen Momenten der EP. Aber es passt, es ist kein Störfaktor. Selten hat man Stefan Nibbe mal auf Platte so inbrünstig singen gehört! Noch bemerkenswerter: Das Lied besteht aus viel instrumentaler Musik und eigentlich nur aus vier kurzen Sätzen!

Ein großes Glück, dass die Band im Januar wieder auf Tour geht. Leider nur im Norden, doch ich freue mich schon sehr (!) auf den Auftritt im Knust!

08.01.2020 Kiel, hansa48
09.01.2020 Hamburg, Knust
10.01.2020 Lübeck, Tonfink
11.01.2020 Meppen, JAM (Support für Mount Winslow)
17.01.2020 Husum, Speicher

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