Mittwoch, 11. Dezember 2019

Adventskalender, Türchen 11: Die Rheinland-Schweiz-Connection

Quelle: sanifeya.blogspot.com
(ms) Andy und mich verbindet eine ziemlich gute Musik-Geschichte. Vor Jahren spielten Wanda bei meinem Lieblingsfestival, dem Traumzeit in Duisburg (ja, ich erwähne es hier regelmäßig). Für Wanda ist es angeraten, drei, sechs Bier genossen zu haben, um kräftig mitzugrölen. Ich glaube, das war bei uns beiden schon der Fall. Doch dann sah ich diesen Typen in der Fortuna Düsseldorf-Jacke zum Bierstand gehen, drückte ihm einen 5er in die Hand und fragte, ob er mir eins mitbringen könne. Klar. So wurde dieses Konzert zu einem mehrschichtigen Fest. Wenn Andy nicht Jugendliche und junge Erwachsene auf den Weg bringt, hängt er gern im Stadion oder in der Düsseldorfer Altstadt herum. Oder auf handverlesenen kulturellen Veranstaltungen. Theater, Stummfilm, Lesungen, Fußball, Konzerte. Ein Tausendsassa! Ein richtig guter Typ, der hier seinen Favoriten des Jahres vorstellt. Zurücklehnen und genießen!

No1: Faber I Fucking Love My Life  (Irrsinn Tonträger/Vertigo Berlin/Universal (VÖ: 1.11.))

Begründung: Für einen Mann mittleren Alters wie mich ist es gemeinhin peinlich, Musik von Youngsters zu konsumieren, nachgerade eine Übergriffigkeit. Nicht so bei Faber. Die Stimme wirkt so reif, dass sie auch für Bärenticketfahrer in Ordnung geht. Außerdem sind Texte paradoxal und selbstironisch angelegt, ohne zu kokettieren. Wohltuend die Abrechnung mit Sexsüchtigen, pathetischen Herrschaften, ein Schlag in die Fresse von potenter Bürgerlichkeit, die alles in ihrem übergriffigen Habitus zu verdient haben meint (top). Die Demaskierung genau dieses Habitus in „Das Boot ist voll“ als faschistoid gefällt so lange, bis der geneigte Hörer zugeben muss: An der ein oder allen Stelle ist er es selber, von dem hier gesungen wird. Die Musik wirkt wie eine Mischung aus Balkanbeats und „Liedermaching“, und es gibt keine klare Aussage, die einen vor der Hand Schubladen öffnen lässt, nein, dieser Faber ist nicht einzuordnen. Er schließt mit einem Stück in Zürcher Mundart, besoffen an Heiligabend. Und hier ist der junge Mann sich selbst voraus, denn genau das ist der Punkt, an dem manch beamteter Familienvater nicht hintrauen möchte, wohin es ihn aber zieht. Wenn mein Sohn die Treppe runter kommt, mach ich die Platte aus, ich will ihm nicht den Tag verderben, insgeheim hoffe ich aber, dass er ihn entdeckt, diesen „Faber“.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.