Foto: Max Pachovsky |
Aus einem DIY-Projekt Ende der 00er Jahre ist eine Institution geworden. Spricht man über dieses diffuse Genre der Neo-Klassik, dann stehen sie auf einer Ebene mit Nils Frahm, Hauschka und Ólafur Arnalds. Alle vier haben zur etwa gleichen Zeit angefangen instrumentale (Klavier-)Musik auf ein neues, popkulturelles Level zu heben. Doch auch seit diesen Anfängen unterscheiden sie sich von den anderen großen Namen in wesentlichen Punkten. Anders als beispielsweise Arnalds sind sie überhaupt nicht harmoniebedürftig. Dafür knarzt es zu viel und häufig gehen ihre Melodien nur schwer ins Ohr. Das aber wiederum ganz bewusst. Anders als Volker Bertelmann (aka Hauschka), der zwar sein Klavier auf virtuose Weise präpariert, nutzen Brandt Brauer Frick alle Instrumente, die sie erwischen können oder solches Zubehör, aus dem sie sich einen erfrischenden, originellen Klang erhoffen.
Am letzten Freitag erschien Echo auf dem französischen Label Because Music. Ein Rezept, wie das Trio arbeitet und funktioniert, haben sie dem ihrem neuen Album mitgegeben. Zum Song Masse ist auf einer eigens dafür eingerichteten Website ein interaktives Video. Damit sollte man auf jeden Fall ein wenig herumspielen. Es zeigt auf extrem anschauliche (anhörbare) Weise, was zu einem BBF-Track dazu gehört. Aus zehn einzelnen Instrumenten und zehn dazugehörigen Videos wird ein Video mit einem Song. Dann passiert folgendes: Manchmal pausiert die Cellistin lange, dafür zeigt die Dame an der Harfe ihr Können. Anschließend wieder Klavier, Posaune, Tuba, Percussion etc. Beeindruckend!
Wie beim Vorgänger Joy aus 2016 haben sie sich wieder Unterstützung im Gesang geholt. Doch wesentlich reduzierter. Während Beaver Sheppard zuvor fast auf jedem Lied gesungen hat, sind die Gesangparts auf Echo sporadischer verteilt. Auf Echoes ist Anna Friedberg zu hören. Dabei ist nicht nur ihre Stimme im Fokus, sondern auch ein beinahe durchgehender, fast drückender Bass. Selbst auf den Gesangsstücken, die tendenziell etwas poppiger wirken - so ist zu vermuten - wollen Brandt Brauer Frick nicht zwingend gefallen, sondern anecken. Okay, beim Gastbeitrag von Catherine Ringer auf Encore ist das schon eher so, aber auch nicht durchgehend.
Das Trio hat den Anspruch an sich selbst, tanzbare Musik zu machen. Das mag seltsam erscheinen, denn zum großen Teil sind die Tracks herausfordernd. Wann soll man BBF hören? Nebenbei geht es nicht. Vielleicht beim Sport. Oder - und das ist meine Vermutung - ganz bewusst! Denn erst dann entdeckt man den Zauber der Musik in den Wirrnissen der Kompositionen. Und ja, es gibt die Lieder, die sich zum Tanz eignen; möglicherweise um sich auch darin zu verlieren. Gutes Beispiel: Decades. Lautstärke, Tempo und Instrumente wechseln sich innerhalb von gut sechseinhalb Minuten so ab, dass für jede Bewegung etwas dabei ist. Und auch das Lied zum Experimentieriveo Masse geht gut ins Ohr!
Gerade für das mittlerweile sehr verträumte, klavierlastige und facettenreiche Genre der Neoklassik bleiben Brandt Brauer Frick ein angenehmer Gegenpol, der den aufmerksamen Zuhörer mit qualitativ hochwertiger Musik belohnt. Und bei aller Ernsthaftigkeit: Auf Chamber I haben die drei den Klang eines Fliegenden Fisches aus Holz integriert. Na, geht doch!
Live gibt es das demnächst unter anderem hier:
08.08. - Haldern Pop Festival
03.11. - Berlin, Volksbühne
08.11. - Leipzig, UT Connewitz
09.11. - Dresden, Kleinvieh
13.11. - München, Import Export
14.11. - Köln, Stadtgarten
16.11. - Hamburg, Mojo Club
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