Dienstag, 31. Oktober 2017

Trikont - das wahrscheinlich älteste Independent-Label weltweit


Bild: www.trikont.de
(sb) "Dieses Ausnahme-Label ist weit entfernt von einer dumpfen Verwaltungsmaschine. ... Sie befördern außergewöhnliche Musikgeschichten ans Licht und retten manchen musikalischen Schatz vor dem Vergessen." Recht viel treffender als Die Zeit kann man das Wirken des Labels Trikont aus dem Münchner Stadtteil Giesing kaum beschreiben, denn das Sammelsurium unterschiedlichster Genres und Sprachen, die sich in diesem sympathischen Mikrokosmos vereinen und doch den ganzen Erdball umspannen, ist abwechslungsreich, einzigartig und extrem unterhaltsam.

Unweit des sagenumwobenen Grünwalder Stadions, der Heimat der Münchner Löwen, im Hinterhof des Beisls "Schau ma moi" residiert Trikont und feiert dieses Jahr seinen 50. Geburtstag. Das Label hat sich auf die Fahnen geschrieben, "Musik von unten" zu veröffentlichen, die fernab der herrschenden Expertenkultur der kommerziellen Glätte entgegenwirken soll. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass daraus nicht Großes entstehen kann: Ton Steine Scherben, Hans Söllner und zuletzt auch LaBrassBanda haben ihren Weg gemacht und konnten/können sich sogar über Charts-Platzierungen freuen. Wobei "freuen" in vielen Fällen wohl sogar das falsche Verb ist, denn Erfolg wird hier nicht geplant und ganz sicher auch anders definiert als durch Plattenverkäufe. "Eine Insel im Sumpf" nennt die Süddeutsche Zeitung das Label nicht zu Unrecht, die familiäre Atmosphäre dort durfte ich selber schon bei einem Besuch in der Kistlerstraße am Rande eines Spiels des TSV 1860 erleben.


Bild: www.trikont.de
Mittlerweile hat Trikont ca. 500 Alben diverser Musiker und Bands veröffentlicht und die Vielfalt ist ebenso abgefahren wie genial: ob bairische Mundart, Chanson, Brass, äthiopischer Jazz oder ukrainischer Reggae - bei Trikont gibt es (fast) nichts, was es nicht gibt.

Pünktlich zum Jubiläum erschient nun der Sampler "Our Own Voices - Expose Yourself To Trikont. Vol. 6" und lässt die Geschichte des Musikverlages auf 3 CDs eindrucksvoll Revue passieren. Selbst die BBC kommt um Trikont nicht herum und bescheidet dem Giesinger Label "Trikont Compilations are breathtaking. Songs plucked by experts, by men and women with golden ears." Einer davon dürfte Achim Bergmann gewesen sein, seines Zeichens Herz, Seele und Hirn des Unternehmens und ein Mann mit Prinzipien und einer eindeutigen linksorientierten Positionierung, was das Ganze natürlich nochmal deutlich angenehmer macht. Für seine Ansichten steht und kämpft Bergmann, auch wenn es weh tut - wie zuletzt auf der Frankfurter Buchmesse, wo er Opfer eines gewalttätigen Angriffs wurde.

Doch zurück zur Musik und zur anstehenden Compilation: CD 1 beinhaltet 14 Highlights aus den Jahren 2016 und 2017, die anderen beiden Scheiben widmen sich dem Blick in die Vergangenheit. Vertreten sind u.a. Kofelgschroa aus Oberammergau, Attwenger und die Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune aus Wien, Hans Söllner aus Bad Reichenhall, Lydia Daher, Bernadette La Hengst und Textor & Renz aus Berlin, der legendäre Meister des Swing Coco Schumann, ebenfalls aus Berlin, Mrs. Zwirbl, die Express Brass Band, Cafe Unterzucker und Coconami aus München, Embryo natürlich, Eric Pfeil aus Köln. Mit dabei auch Rocko Schamoni, Heinz Strunk, Universal Gonzalez, M.A.Numminen, Ringsgwandl, Funny van Dannen, Daniel Johnston, Michael Hurley, Chuck Perkins, Hasemanns Töchter um nur mal einige zu nennen.


Bild: www.binuu.de
Dass einem bei so einer Vielfalt völlig unterschiedlicher Stile nicht jeder einzelne Track gefällt, liegt auf der Hand, aber als Ausgangspunkt für die weitere Entdeckungsreise in den schier unendlichen Trikont-Kosmos eignet sich der Sampler hervorragend und ist nicht nur deswegen sehr empfehlenswert.

Wer zudem mehr über das Label, seine Historie, seine Ideen und Anschauungen erfahren möchte, dem sei zudem das Buch "Die Trikont-Story - Musik, Krawall und andere schöne Künste" ans Herz gelegt.  Erzählt wird die Geschichte alternativer Musik, Kultur, Politik und Ökonomie seit Ende der Sechzigerjahre. Nicht im Großen und Ganzen, sondern im Kleinen und Feinen. Passt.

Auch auf der Bühne begeht Trikont seinen Geburtstag, wenn auch leider nur in München und Berlin (siehe Ankündigung). Wenn Ihr die Chance habt, dann geht da hin!




 





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