Dienstag, 15. August 2017

PRAG - "Es war nicht so gemeint"

Krimi und Lautenschläger: PRAG.
(ms) Erste Schritte beginnt so unfassbar sanft mit den seichten Klängen aus Gitarre und Flöte, man möchte auf diesen Melodien schreiten oder jene Schritte an einem frühlingshaften, sonnigen, blumenblühenden Sonntag genießen.  Erste Schritte selber tun in einer Beziehung, in einem neuen Job, einer neuen Umgebung oder jene Schritte beobachten beim Nachwuchs oder dem schlimmsten Katzenvideo. Lange ist ein Album her, dass so harmonisch und abgerundet den Hörer mit auf eine bunte Reise genommen hat. Die Reiseleiter sind Tom Krimi und Erik Lautenschläger, nennen sich gemeinsam PRAG und konzipieren gemeinsam opulente Musik. An Diesem Freitag erscheint über Týnská Records ihr drittes Album, es hört auf den Namen Es war nicht so gemeint, hat sechzehn Lieder, die sich auf eine Dreiviertelstunde erstrecken. Mit mathematischer Spitzfindigkeit weiß man sofort: Viele, kleine, kurze Songs. Und in jedem steckt eine Perle, ein großes Bild, eine Melodie, in der man schwimmen möchte. Bei dreien davon holen sie sich Josephin Busch als stimmliche Unterstützung. Der Moment ist ein Mix aus Duett und pompösen Streichern, bei dem man eventuell schnell sagen mag: "Ah, ist das kitschig." Aber Vorsicht: Die gesprochenen Verse und die Dramatik im Text sind reine Schönheit, Chanson und Gefühl. Nur ein Banause findet es kitschig.
Große Töne ballen sich auf diesem Album, unter anderem mit Amnesie. Dies ist mit Abstand das schönste (vielleicht auch einzige) Lied über Demenz, Alzheimer. Und alle, die jemanden mit dieser schlimmen Krankheit begleitet haben, können sich hier bestärkt fühlen, denn es hat nie den Anschein, als ob eine der Zeilen zynisch gemeint sind. Es geht weiter: Der Mond vereint einen Sound aus - Achtung, jetzt wird sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt - Erdmöbel und Get Well Soon. Erstere wegen des Bassspiels und zweitere wegen der Größe im Klang.
Mal ein schöner verpacktes Album gesehen?
Abgemacht: Erneut sind hier wunderschöne Melodien aus allen Richtungen zum Thema Liebe, Vergangenheit und Zukunft zu genießen. Beispiel: "Und überhaupt, das Kap der Guten Hoffnung hatte ja allein schon semantisch so eine riesen Anziehungskraft." Da muss man erst einmal drauf kommen.
Es wird anders sein: Die erste Single aus dem Drittling von Krimi und Lautenschläger hat mit dem Songtitel einen guten Rat, der aus tiefer Verzweiflung kommt. Dazu diese Worte: "Doch wenn du das begreifst, bist du schon sehr weit." Zwischen wahren Worten und Kalenderspruch ist oft nur ein wenig Unterschied.
Zum Ende hin bekommt jeder Mensch, ob Romantiker oder nicht, noch einen herrlichen Praxistipp mit auf den Weg: Warum nicht mal wieder Blumen verschenken (Was können die Blumen dafür)?
Dieses Album sind 45 Minuten voller großer Melodien, eine Welt vollgepackt mit Gefühlen, tollen Bläser- und Streicherarrangements, für die Tom Krimi und Fabrizio Tentoni verantwortlich sind. Gesang, Bratsche, Drums, Bass, Kontrabass, Piano, Spinett, Orgel, Gitarren, Ukulele, Trompete, Horn, Klarinette, Sopransaxophon, Cello und Chorgesang machen Es war nicht so gemeint zu einem kurzweiligen Trip in tiefe Träume, sodass die Scheibe schnell in Dauerrotation läuft. Sie sei jedem wärmstens ans Herz gelegt!
Eine Tour folgt im Herbst, wir versorgen Euch mit den Terminen.

P.S.: Es ist nur im Post Scriptum erwähnenswert, dass bei den ersten beiden Alben Nora Tschirner Teil der Band war.




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