Foto: www.drytheriver.net |
(lp) Wenn 2012 ein
Musikgenre den sprichwörtlichen Ton angegeben hat, war es abseits des
streitbaren Dubsteps ganz sicherlich der Folk-Rock. Was sich in den letzten Jahren
bereits angedeutet hat, ist im letzten Jahr zu einem ausgewachsenen Tsunami
geworden. Ein Tsunami, der vor allem von den allseits geschätzten Mumford &
Sons befeuert wurde. Stand im September doch die lang erwartete
Veröffentlichung ihres Zweitlings „Babel“ auf dem Zettel. Seines Zeichens,
eines der am sehnsüchtigst erwarteten Alben des vergangenen Jahres. Der
Erwartungsdruck war schier grenzenlos: Doch wie an Weihnachten, ist auch bei
den Veröffentlichungen von vermeintlichen musikalischen Meisterwerken, das
freudige Warten oft spannender als das Präsent an sich. Ohne einen Sturm der
Entrüstung auslösen zu wollen, ebbten meine persönlichen Euphoriewellen nach
dem ersten Eintauchen nicht gänzlich - aber dennoch deutlich - ab.
Man könnte dies aber auch als Definition von „Jammern auf hohem Niveau“ ansehen.
Nichtsdestotrotz wird mein Gerechtigkeitssinn immer wieder aufs Neue
wachgerüttelt, wenn bei „Babel“ vom besten 2012er-Album des Genres gesprochen
wird.
Zugegebenermaßen:
Folk-Rock für mich eher das Ferienhaus in den Bergen, als ein wirkliches,
dauerhaftes Zuhause. Doch wie das so ist, setzt selbst bei einem in die Tage
gekommenen Lawinenhund das Gespür bei Außergewöhnlichem ein. Das verschüttete
Opfer war in diesem Fall das bereits im März erschienene „Shallow Bed“ von Dry
The River. Natürlich bleibt es unverzeihlich, dass dieses 2012er-Schmankerl
euch so lange bei der luserlounge vorenthalten blieb. Doch ist die
melancholische Schwere des Albums für die musikalische Untermalung der
sonnenschwangeren Monate April bis September sicherlich weniger geeignet. So sind die
fünf Mannen aus East London mit ihrem Prog-Rock angereicherten Folk doch eher der perfekte Soundtrack für heiße
Getränke und kalte Nächte und dementsprechend der passende Deckel für den
eisigen Topf „Winter“. Der Jahreszeit entsprechend und somit folgerichtig, erreichte das elf Tracks umfassende Debüt
in den letzten Monaten nun endlich meine Playlist und in letzter Konsequenz
auch mein Herz. Genau dorthin, wo Musik eben gelangt, wenn sie nicht vorher dem
Skip-Button zum Opfer gefallen ist. Getragen vom genre-untypischen
Falsettgesangs des gebürtigen Norwegers Peter Liddle gelingt jedem Stück auf
„Shallow Bed“ der nahezu aussichtslose Spagat zwischen Kitsch und
Verletzlichkeit. Und so ist die größte
Stärke von Dry The River die Homogenität ihres Erstlings, welche eine ganz und
gar intime und gefühlsvolle Atmosphäre entstehen lässt. Die oft zitierte neue "Wegwerfmentalität" oder ein Überspringen
einzelner Stücke scheint nahezu unmöglich. Die brachiale Sanftheit des Albums lässt sich dabei am besten in
der Dynamik des abschließenden „Lion’s Den“ widerspiegeln, welches gleichzeitg die Blaupause für
ein bombastisches Finale großer Festivalshows liefert. Trotz des selten
gewordenen Phänomens eines durchgehend funktionierenden Albums, fehlen
keineswegs die oft verlangten „Hits“. Besonders hervorzuheben sind hierbei die
hymnenhaften „New Ceremony“, „Weight & Measures“ und „No Rest“, welches mit
dem inbrünstig vorgetragenem „I loved you in the best way possible“ keine Fragen
mehr offen lassen sollte.
Foto: www.drytheriver.net |
Demnach gilt es
abschließend nur noch festzuhalten, dass seit Mitte Dezember „Shallow Bed“
ebenso als Akustikversion erhältlich ist und dass neben Mumford & Sons
mindestens ein weiterer - wenn auch untypischer - Meister im Folk-Genre gefunden wurde. Bisherige
Erfolge: Bestes Folk-Rock-Albums des Jahres 2012!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.