(lp) Als Liebhaber britischer, handgemachter Gitarrenmusik hatte man es in den
vergangenen Jahren wahrlich nicht leicht. Die gelungenen musikalischen Darbietungen wurden seltener und verstaubten zusehends im Plattenregal. Einige Musikhändler dachten sicher schon an den Niedergang eines Genre, dass für sie lange Zeit die profitable Cash Cow darstellte. Schuldige
sucht man vergebens, sind diese doch schon lange gefunden, nennen sich Plattenfirmen
und stürzen sich wie Schmeißfliegen auf den Mist, den ProSieben/Sat.1, VOX und
RTL zum x-ten Mal über den Äther schicken. Ein Nummer-1-Album aus dem Mutterland
anspruchsvoller Popmusik interessiert demnach kein Schwein mehr. Mit dem Resultat,
dass Jake Bugg‘s gleichnamiges Debüt erst im Januar 2013 die leeren britischen Sortimente in Deutschland auffüllen darf.
Man muss wahrlich kein Prophet sein, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit voraussagen zu können, dass sich das hiesige Volk auf diese Neuerscheinung stürzen wird, wie Mäuse auf den Speck. Dem 18-jährigen aus den East Midlands gelingt so einiges Gutes, was bei der richtigen musikalischen Sozialisierung die Dubstep-Gegenwart schnell ins Hintertreffen geraten lässt. Man könnte sogar meinen, dass Jake Bugg den Großteil seiner Pubertät als passionierter Chef-Cheerleader eines Dylan-Beatles-Mc Lean-Allstar-Teams der 60er Jahre zubrachte. So überrascht es nicht weiter, dass der 18-jährige Engländer eigenen Angaben zufolge von kontemporärer Pop-Musik gänzlich unberührt bleibt und darüber hinaus gerne in den 60er Jahren geboren wäre. Aber, wer wäre das denn nicht gerne?
Glauben tut man es ihm trotzdem gerne - wenn nicht sofort - dann spätestens nach dem ersten Durchlauf seines Albums. Stets bleiben jedoch Zweifel, ob Jake Bugg nicht etwa auch den Arctic Monkeys frönt oder zumindest seine - im schmissigen „Two Fingers“ besungenen - Sportzigaretten hin und wieder mit Alex Turner schmökert. So erinnert neben seinem narrativen Talent vor allem auch sein Organ an das Turn’sche aus Sheffield. Dies lässt Lieder wie „Lightning Bolt“ und „Seen it all“ zu zähen Parasiten einer jeden Playlist werden. Auch das ganz und gar auf Sixties getrimmte „Trouble Town“ weiß voll und ganz zu überzeugen und wird die Tanzflächen der Republik aus den Nähten plätzen lassen. Dass sein Debüt dennoch nur ein gelungenes und kein hervorragendes ist, liegt in der Tatsache begründet, dass in den ruhigen Passagen Schwächen unüberhörbar werden. Weder „Country Song“ noch „Broken“ noch „Note to Self“ können wirklich überzeugen und dudeln ohne wirklichen Höhepunkt dem Ende entgegen. Aber was soll das schon heißen, wenn der Verfasser dieser Zeilen Nelly Furtados „Try“ als Referenz in Sachen "Ballade" ansieht?
Bleibt nur noch festzuhalten, dass das gelungene und überdurchschnittliche Debüt des 18-Jährigen hoffentlich grandiose Rattenschwänze nach sich ziehen wird. Man darf sich also mit freudiger Erwartung an Jake Bugg’s Ergrauen erfreuen und bereits die Fühler nach den feststehenden Tourterminen ausstrecken.
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