Sonntag, 26. November 2023

Dagobert - Schwarz

Foto: Fritz Fechner
(Ms) „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.“ So hart, bitter und direkt hat es Paul Celan in seiner bekannten Todesfuge einst geschrieben. Bei seinem Gedicht über die Gräuel im Zweiten Weltkrieg lässt es einen heute noch erschaudern.
Weit vorher, mit völlig unterschiedlichen Anlässen und bis heute ist der Tod in der Kunst ein immer wiederkehrendes Motiv. Eines, das hart ist. Eines, das Angst macht. Eines, das aber auch Erleichterung versprechen kann. Denn sterben müssen wir alle, nur wie begreifen wir das eigentlich? Und wann? Lyrisch ist es seit jeher auch ein Motiv vieler Österreicher. Josef Winkler hat es sicher in seinem Werk auf die Spitze getrieben. Ständig spielen Todesfälle aus dem Heimatdorf und der Familie eine Rolle, niemals lässt es ihn los. Es ist ein biologisches Thema. Ein Theologisches und Philosophisches.

Irgendwo in diesen ganzen Sphären, die Bücher füllen, bewegt sich nun auch der Schweizer Sänger Dagobert. Am 24. November veröffentlichte er sein neues Album. Es heißt Schwarz und die neun neuen Lieder behandeln alle den Tod. Ein Konzeptalbum der ganz besonderen Art. Den poppig-schlageresken Touch, den seine Lieder immer schon hatten, sucht man hier vergeblich. Eher tritt er hier als Liedermacher, Chansonnier auf. Nicht nur das dieses endgültige Thema alle Strophen und Refrains durchströmt, auch die Arrangements folgen einem klaren Plan: Der Text soll im Vordergrund stehen. Daher gibt es keinen Rhythmus, kein Schlagzeug auf dem gesamten Album. Streicher, Flöten, Klavier, Harfen säumen Dagoberts Stimme, die ganz unterschiedliche Blickwinkel auf den Tod richtet.

Die Platte startet mit dem hymnischen Todessehnsucht. Schnell wird klar, dass die Texte hier wirklich von großem Gewicht sind und der Sänger sich von einer ganz anderen Seite zeigt. Ein Stück, in dem der Ich-Erzähler so am Boden ist, dass er sich nur noch den Tod wünscht, um endlich von allem erlöst zu sein. Da muss man erstmal schlucken, denn wesentlich fröhlicher wird es nicht. Auch nicht auf Dagobert Und Die Blumen, auch wenn der Titel ein wenig seltsam scheinen mag. Doch darin sucht er eine alte Bekanntschaft oder Liebe auf, extra mit einem Strauß Blumen in der Hand, doch niemand öffnet und die Blumen - wie auch derjenige, der sie fest hält - lassen darauf den Kopf hängen. Traurig, traurig.
Und doch kann der Tod auch schöne Seiten mit sich ziehen - ja, es ist kaum zu glauben. Natürlich lässt er verzweifeln und zu verstehen ist das alles eh nicht. Doch er kann auch ein Vehikel für starke, positive Emotionen sein und Anlass geben, der großen Liebe ein großes Lied zu schreiben. Stille Abenteuer ist so eines. Solch sanfte Zeilen folgen darin einander, die aufrecht und fest bezeugen, diese Liebe, die zwei Menschenleben begleitete, groß und wundervoll war.
Der Höhepunkt dieses außergewöhnlichen Albums ist die Rabensinfonie. In den anderen Stücken packt mich die Musik gar nicht mal so sehr, sie spielt ja auch keine so große Rolle. Hier sticht sie aber in gewaltigem Maße zu. Der schwarze Vogel scheint hier ein Zeichen des Todes zu sein und das gewaltige Arrangement untermalt, welche bittere Botschaft er mit sich bringt. Enden tut das Werk mit dem gleichnamigen Lied - Schwarz. Oft wird der Tod ja auch als der Ewige Schlaf bezeichnet, oder jemand Verstorbenes ist ‚friedlich eingeschlafen‘. Nur halt, dass diese Menschen leider nicht mehr aufwachen. Auch den Traum, den Dagobert zum Schluss hin träumt, ist hart, er schwelgt von der Schönheit des Lebens und der erfüllenden Liebe, die es gab. Doch so hart und bitter dieses Album auch begann, so schließt es auch. Denn der Ich-Erzähler wacht hier doch nicht mehr auf. Es bleibt alles schwarz.

Ja, das ist keine leicht Kost. Trotz allem hat mich diese Platte nicht runtergezogen. Viel mehr begeistert mich an den neun Stücken, von welcher Seite sich Dagobert auch zeigen kann und das hier sehr souverän tut. Das macht die Konzerte, die er kommendes Jahr dazu spielt natürlich sehr interessant. Wie startet man als Besucher in solch einen Auftritt und wie geht man raus?! Das alles kann nur die Erfahrung zeigen.

05.03.2024 Bozen, Parkhotel Mondschein
06.03.2024 Zürich, Bogen F
07.03.2024 Basel, Gannet
13.03.2024 Stuttgart, Merlin
14.03.2024 Karlsruhe, Kohi
15.03.2024 Mainz, Schon Schön
16.03.2024 München, Fat Cat
22.03.2024 Bern, Gaskessel
23.03.2024 Luzern, Neubad
27.03.2024 Bremen, MS Loretta
28.03.2024 Hamburg, Hafenklang
29.03.2024 Berlin, Colosseum
30.03.2024 Leipzig, Noch Besser Leben

KW 47, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.Wikipedia.org
(Sb/ms) Na klar, es sind nur noch gut vier Wochen, aber man muss es ja nicht übertreiben, oder? Jegliches Gefühl von Weihnachten ist meilenweit entfernt. Es ist doch gerade mal Herbst geworden, oder? Erstmal das ganze Blätter- und Drinnensein-Programm, vor dem Ess-Programm. Und dann der ganze Schmuck. Oder was Leute dafür halten. Girlanden, Wichtel, Bäume. Ne, das zündet alles noch so gar nicht. Dafür zündet das hier enorm: 
 
Bon Jour
(sb) Bon Jour klingt französisch (und ist es natürlich auch), kommt aber aus Österreich und ist nicht irgendeine Band. Das Musikkollektiv besteht aus prominenten Mitgliedern wie Mario & Giovanna Fartacek (Mynth bzw. Berglind), Dodo Muhrer (The Makemakes), Leo-C. Scheichenost (Olympique/HFA-Studio), Omar Abdalla (Siamese Elephants), Julian Pieber (Good Wilson, Paul Plut) und die Singer/Songwriterin Amelie Tobien. Wahrscheinlich wäre mir ihr Debütalbum Chapter 1: Growth tatsächlich durchgerutscht, wenn mich das Promo-Team nicht daran erinnert hätte. Also hab ich nochmal in die Mail reingeschaut und erstaunt festegstellt, dass da der Leo von Olympique mitmacht. Nicht nur, dass ich die Salzburger Band verehrt habe, als es sie noch gab, nein, auch zu Leo direkt gibt es einen Link. Denn er, der Grafiker war es, der mein Hochzeitgeschenk an meine Frau designte und gestaltete. Aber das nur am Rande...

Musikalisch präsentiert sich das Debütalbum der Band sehr vielseitig, ist aber der deutlich im Indie Pop angesiedelt, was aufgrund der Historie der einzelnen Mitglieder wenig verwundert. Dass da beim ein oder anderen Track ordentlich Ohrwurm-Potential vorhanden ist, ebenso. Logische Konsequenz: Bei FM4 gehen Bon Jour steil und gelten in der Alpenrepublik schon als das nächste große Ding. Zurecht natürlich...
 
Live:
23.04. - Wien, Flex
25.04. - Linz, Posthof
26.04. - Salzburg, Rockhouse
27.04. - Graz, PPC
 


Mobile Ethnic Minority
(sb) Oida, is des lang her, dass wir Mobile Ethnic Minority im Programm hatten. Im Dezember 2013 (!) stellte uns MEM-Mastermind Mario im Rahmen des luserlounge-Adventkalenders seine Favoriten vor. Der Münchner indes ist weiterhin aktiv und veröffentliche kürzlich sein 14. Soloalbu namens Play. Und was soll ich sagen? Die Musik taugt mir damals wie heute: tief aus dem Herz, Balsam für die Seele. Laute Töne sind die Ausnahme, einfühlsame Klänge und Worte wärmen von innen.
 


Mars Red Sky
(Ms) Wenn Musik größere Bahnen der Kunst zieht, dann bin ich sofort dabei. Und noch dabeier bin ich, wenn das so richtig gut gemacht ist. Wenn eine Geschichte erzählt wird, wenn die Farben, das Tempo, die Intensität, wenn alles stimmt. Dann sind Genres egal, manchmal auch der Text, woher die Band kommt. Es ist einfach nur noch der Moment, wenn die Kunst mir gegenüber steht und wir langsam miteinander verschmelzen. So geschehen bei der französischen Band Mars Red Sky und ihrer Single The Final Round. Das Trio mit den schweren Gitarren hat dazu ein fulminantes Video gedreht (oder drehen lassen), das den Geist der Musik perfekt mit sich nimmt - ich bin ganz begeistert. Es ist ein richtiger Kurzfilm geworden hoch dramatisch, traurig, schräg, schmerzhaft. Und das Schöne ist, dass das in den ersten Momenten überhaupt nicht abzusehen ist. Dazu erklingen ihre dunklen, langsamen, aber raumeinnehmenden Gitarren, dass es nur so knallt! Ja, das packt mich sehr! Mehr davon gibt es auf ihrem neuen Album, das am 8. Dezember erscheinen wird. Auf Dawn Of The Dusk sind ‚nur‘ acht Stücke zu finden, aber wenn die alle so ballern wie The Final Round, dann braucht es auch gar nicht mehr…

 
Nirvana
(sb) Als Grunge groß wurde, war ich Teenager und habe ihn geliebt. Pearl Jam, Alice In Chains, Soundgarden, die Screaming Trees – die Bands aus Seattle und Umgebung liefen bei mir rauf und runter. Die erfolgreichsten Vertreter des Genres waren aber natürlich Nirvana, Kurt Cobain das Gesicht der Bewegung. Bereits damals hielt ich das Trio für überschätzt und auch heute noch würde ich Pearl Jam jederzeit Nirvana vorziehen. Aber keine Frage: Nevermind war stilprägend, der Nachfolger In Utero musikalisch eine deutliche Weiterentwicklung. Es sollte das letzte Studioalbum von Nirvana sein, die wenigen Veröffentlichungen sind legendär. Zum 30-jährigen Jubiläum folgte dieses Jahr der Re-Release von In Utero, der neben dem ursprünglichen Album eine zweite Scheibe mit 14 Liveaufnahmen enthält. Genauer gesagt ist das nur eine Variante der Deluxe Edition, aber selbst die ruft schon schöne Erinnerungen an die 90er hervor. Es war eine gute Zeit…
 
 
Oasis
(sb) Schlanke 25 Jahre hat The Masterplan, die B-Seiten-Sammlung von Oasis, inzwischen auf dem Buckel. Grund genug für die Gallaghers, dem guten Stück mit remasterten Versionen der Tracks einen neuen Anstrich zu verpassen und das Album nochmal zu veröffentlichen. Das ein oder andere Goodie in Form neuer Tracks oder zusätzlicher Aufnahmen wäre wünschenswert gewesen, aber was solls? Für mich war The Masterplan in seiner Gesamtheit schon immer das zweitbeste Album der Band aus Manchester nach Definitely Maybe. Eigentlich unfassbar, dass die Songs ursprünglich alle nur Zugaben zu den Singles der ersten drei Longplayer waren. Die meisten Künstler kriegen sowas nicht mal als Best Of hin… Für Fans ist die 25 Years Edition ein nettes Sammlerstück, aber ob man das sonst braucht? I woaß ned…
 

Sonntag, 19. November 2023

Ghost Woman - Hindsight is 50/50

Foto: Valène De Valck
(Ms) Auf wie vielen Festivals war ich schon? Viele Bands habe ich auf Festivals schon gesehen? An wie viele kann ich mich gar nicht mehr erinnern? Sowohl an den Namen als auch an den Auftritt. Da kommt über die letzten 15 Jahre einiges zusammen. Oft steht man dann ja dort zusammen vor der Bühne, hat eine gute Zeit und nach unbekannten Bands kommt dann der Satz: „Oh, das muss ich mir aber merken, das war gut.“ Dass aus diesem Satz eine langfristige Bindung an eben jene Band entspringt… da wüsste ich spontan kein einziges Beispiel. Zu viel kannte ich vorher schon oder der Nachhall war dann insgesamt doch nicht sooo groß.
Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis das Gegenbeispiel auftaucht! Es heißt Ghost Woman und hat richtig gut geknallt.
Es war dieses Jahr im Sommer in Dangast. Das kleine Örtchen am Jadebusen zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven zieht sonst Camper und Alltagsflüchtende aus dem Umland an, doch wenn das Watt En Schlick stattfindet, dann sind 10.000 Musiknarren da! Sie erobern den kleinen Strand und erleben ein tolles Wochenende voll mit Musik, Lesungen undundund! Sonntag, am frühen Abend standen dann Evan Uschenko und Ille van Dessel auf der Bühne und relativ schnell dröhnte es aus den Boxen nach allen Regeln der Kunst! Ein Duo, das richtig viel Power mit sich bringt. Ille van Dessel sitzt an den Drums und bildet das rhythmische Grundgerüst. Darüber lässt sich Uschenko mit seiner Gitarre und allerhand Effektgeräten aus. Dass die Band keinen Bass hat, ist nicht zu merken, da der Gitarrensound wahnsinnig satt ist.

In den vergangenen eineinhalb Jahren erschienen bereits zwei Alben, nun kommt das Dritte. Laut Evan Uschenko aber das erste, in dem das Projekt seinen eigenen Sound so richtig gefunden hat. Ja, gut Ding hat Weile, insbesondere wenn seit 2016 an und mit der Band getüftelt wird. Sieht man sie live, wird relativ schnell klar, dass Gesang keine große Rolle spielt. Also, Uschenko singt schon, aber was und worüber - und das sagt er selbst - ist zu vernachlässigen. Worauf kommt es der Band nun also an? Ich glaube, es ist die Verselbstständigung ihrer Musik, wenn sie live gespielt wird. Auf Hindsight ist 50/50, der Platte, die am 24. November erscheint, ist kein Lied außer Juan länger als fünf Minuten. Auf der Bühne wird das anders aussehen. Es ist beinahe mühsam, nun jedes Lied vorzustellen und deren Eigenarten zu beschreiben, wenn sie live eh länger, lauter, lässiger werden. Es geht bei diesem Album viel mehr um die Einstellung, was Ghost Woman eigentlich wollen und halt so richtig gut können! Und das ist in jedem Fall eine ungeheure Dynamik erzeugen. Ich freue mich schon richtig darauf, Ottessa live zu hören. Eines der Stücke, die ganz krautrockmäßig mit Wiederholungen und spiralförmigem Wahn arbeitet. Ja, es wird auch richtig düster, Along Pt 2 ist da das beste Beispiel. Ein Track, der richtig am Abgrund steht. Der unglaublich eingängige Rhythmus könnte richtig träge machen, wenn Uschenkos Gitarre sich darüber nicht vollkommen austoben würde. In den Strophen zugegebenermaßen recht zaghaft, aber dann brechen die Sounds immer wieder heftig raus! Hier sollte man auch zu Hause dringend aufdrehen, um sich diesem dichten Klang genussvoll zu ergeben. Auch Yoko ballert ohne Ende! Ein Lied, das zum Einen sehr mächtig und kompromisslos wirkt, zum Anderen auch von großer Freude und hohem Tempo lebt. Es kribbelt und kribbelt und kribbelt, das endlich wieder live zu sehen! Zum Glück kommt die Band im Januar für ein paar Shows hier her! Das sei allen sehr ans Herz gelegt. Ich weiß es nicht genau, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass jede Show einzigartig wird. Je nach dem, worauf die beiden in diesem Moment Bock haben, was länger, kürzer, lauter, wilder, verzerrter wird… Hindsight Is 50/50 ist in jedem Fall ein saustarkes Album, das einen schnell in den Bann zieht und so schnell nicht mehr los lässt!

22. Januar - München, Milla
23. Januar - Wien, Chelsea
24. Januar - Nürnberg - Z-Bau
25. Januar - Köln, Bumann & Sohn
26. Januar - Bremen, Lagerhaus
27. Januar - Berlin, Lido


Freitag, 17. November 2023

KW 46, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.Wikimedia.org
(Sb/ms) Schwarz. Einfach nur noch schwarz und es regt sich nicht mehr. Von jetzt auf gleich. Wollte nachts schauen, wie spät es ist und das war dann nicht mehr möglich. Mist. Handy tot. Das, was mich zunächst in Schockstarre versetzt hat, entpuppte sich in den Tagen danach als große Freiheit. Klar, mit all den Menschen schreiben, geht nicht mehr und ich weiß auch nicht immer, wie spät es ist. Aber im Großen und Ganzen ist die handylose Zeit eine große Freiheit. Wozu schaue ich auch ständig darauf? In den meisten Fällen passiert überhaupt nichts. Das kleine, flache Teil ist doch eh nur ein Zeitfresser und Stressgenerator! 

Hannes Wittmer
(Ms) Lange Zeit war nichts von ihm zu hören. Doch spätestens, seitdem Hannes Wittmer sein Alter Ego Spaceman Spiff im Schrank eingesperrt hat und unter seinem Klarnamen musikalisch in Erscheinung tritt, meldet er sich - gefühlt nur dann - wenn er etwas zu sagen hat. Oder zu schreiben, sein Blog ist eine wahre Freude, das ist ein richtig guter Mensch! Jetzt hat er wieder etwas mitzuteilen - sogar in musikalischer Sicht, was wunderbar ist. Es sah längere Zeit nicht danach aus, als ob er die große Lust dazu hat. Doch im kommenden Jahr kommt ein neues Album von ihm raus, juhu!!! Sag Es Allen Leuten heißt das Album, das im Mairisch-Verlag als LP erscheinen wird und auf seiner Homepage für alle kostenlos runterzuladen sein wird. Warum das so ist, kann man - wie gesagt - auf seinem Blog lesen. Zehn neue Lieder wird es kommendes Jahr zu hören geben. Lieder über Depression beispielsweise. Ein Umstand aus den letzten Jahren, den er hoffentlich überwunden hat, ihn aber - nachvollziehbarerweise - weiterhin beschäftigt. Nach dem gesellschaftlichen Das Große Spektakel wird diese Platte nun allem Anschein nach sehr persönlich. Und das sind die großen Stärken, die er dann ausspielen kann. Ich freue mich unglaublich auf dieses Album, Hannes Wittmer verfolge ich seit vielen, vielen Jahren und jedes Mal wusste er zu überraschen!


Alicia Edelweiss
(Ms) So ganz schräg scheint es nicht mehr bei ihr zuzugehen. Klar, ihre äußere Erscheinung ist ein toller Hingucker, ungewöhnlich, schön, beeindruckend, einmalig. Alicia Edelweiss sah ich das erste Mal als Support von Voodoo Jürgens und Teil seiner Band an all möglichen Instrumenten. Die Österreicherin hat es richtig drauf, ist enorm versiert, versteht ihr Handwerk bis ins Detail. Und nun hat sie ein neues Stück für die Welt, es heißt Rest. So originell und schräg wie Dreck kling sie schon länger nicht mehr und das ist irgendwie auch ganz gut. Viel mehr hört es sich an, als ob sie viel CocoRosie gehört hätte in letzter Zeit! Ja, das klingt richtig toll, was sie hier arrangiert hat! Ihre Stimme steht im Vordergrund, das Lied ist schmal, aber sehr prägnant instrumentiert und hinterlässt eine zerbrechliche, aber sehr schöne Klangfarbe. Lasst euch begeistern: 


Olli Schulz
(Ms) Das scheint seine beste Seite zu sein. Die, die am ehesten aus ihm spricht. Die, die eigentlich schon seit so, so vielen Jahren bestaunen, belauschen ist. Es ist nicht die Rolle des Pöblers. Es ist nicht die Rolle des Geschichten-aus-den-90ern-Erzählers. Es ist nicht die Rolle des ins-Wort-Fallers. Es ist nicht die Rolle des Showteilnehmers. Olli Schulz war immer schon am besten, wenn er seine Lieder singt. Denke ich so darüber nach, finde ich es völlig schräg, dass es ganz viele Menschen gibt, die Olli Schulz als Musiker überhaupt nicht kennen oder wahrnehmen. Dabei ist das doch das Steckenpferd, das ihm seinen jetzigen Platz erst ermöglicht hat, so ist er in den ganzen Trubel doch erst reingerutscht. Und ich finde es wunderschön, dass er wieder genau diese Lieder singen, die so herrlich schulzig sind. Ohne n! Einfach So heißt seine neue Single und sie steht für genau das, wofür er auch außerhalb der Musik bekannt ist: Nicht jeden Punkt durchdiskutieren, nicht zu viel reflektieren und komplizierter machen, als es ohnehin schon ist. Mal ein bisschen weniger rational und vernünftig sein und einfach so eine gute Zeit haben. Ja, auch ein wenig die Augen verschließen vor all dem Kram, der da draußen passiert. Nicht einigeln und vergraben, sondern darauf achten, dass das Herz schlägt und stets das Schöne Überhand gewinnt! Am 9. Februar erscheint dann endlich eine neue Platte von ihm: Am Rand Der Zeit und sie wird sicherlich aufblühen mit all den wunderbaren Texten, die er immer schon geschrieben hat, ohne drüber, albern, laut oder prollig zu sein.

09.02.2024 Bielefeld, Lokschuppen
10.02.2024 Oberhausen, Turbinenhalle
11.02.2024 Stuttgart, Wagenhallen
13.02.2024 Ulm, ROXY
14.02.2024 Leipzig, Haus Auensee
15.02.2024 Nürnberg, Löwensaal
16.02.2024 München, TonHalle
18.02.2024 Berlin, Tempodrom
27.02.2024 Köln, E-Werk
28.02.2024 Wiesbaden, Schlachthof
01.03.2024 Bremen, Pier 2
02.03.2024 Hannover, Capitol
04.03.2024 Hamburg, Große Freiheit 36
05.03.2024 Hamburg, Große Freiheit 36


Enno Bunger
(Ms) Es ist unheimlich. Wenn es nicht so schön wäre, würde es mich fast ein wenig schockieren. Doch wenn Menschen immer wieder Kunst darbieten, die mit dem ersten Berühren umhauen, dann passt es entweder wie die Faust aufs Auge oder es ist etwas Mystisches. Oder es ist Enno Bunger, der mal wieder ein neues Lied geschrieben hat. Denn das ist die Faustregel: Sind neue Stücke von ihm zu hören, versetzten sie mir regelmäßig beim ersten Hören einen üblen Schlag. In die Magengrube, ins Herz, ins Hirn. Aber Schlag. Weil so mächtig. Weil so unsagbar gut geschrieben, gesunden, arrangiert. Weil Enno Bunger die große Gabe hat, immer wieder ganz bittere, harte Themen anzufassen und sie in Musik zu packen. Er singt Lieder über den Tod nach langer Krankheit oder über den Krieg. Stets schwere Kost. Oder wie nun, über Depression. Ein Thema, auch wenn immer wieder in der Öffentlichkeit besprochen, das Berührungsängste mit sich bringt. Ein bisschen Tabu ist noch daran. Therapie und mentale Hilfe hat in einigen Kreisen noch das Stigma des Schwachen, obwohl es den Ruf der Stärke haben sollte. Ich Sehe Was, Was Du Nicht Siehst heißt das Stück, das just erschien. Bäm - Magengrube! Ein Lied, das wirkt. Wenn dann seine leicht kratzige Stimme durch die Ohren dringt, weiß man auch ohne Begleittext, dass hier ein Betroffner singt. Aus Erfahrungen. Für andere, die sich darin wieder erkennen und darüber reden und bestimmt auch für die, die sich dadurch trauen, sich Hilfe zu suchen. Was für eine Geste, was für ein Mensch. Mehr harte, aber so wunderschöne Kost gibt es dann auf seinem neuen Album Der Beste Verlierer, das am 19. Januar erscheinen wird.

07.03.2024 Kiel, Die Pumpe
08.03.2024 Essen, Zeche Carl
09.03.2024 Hannover, Pavillon
11.03.2024 München, Ampere
12.03.2024 AT-Wien, Fluc
13.03.2024 Berlin, Festsaal Kreuzberg
15.03.2024 Frankfurt, Mousonturm
16.03.2024 CH-Zürich, Bogen F
17.03.2024 Mannheim, Alte Feuerwache
19.03.2024 Stuttgart, Im Wizemann Club
20.03.2024 Köln, Bürgerhaus Stollwerck
21.03.2024 Osnabrück, Rosenhof
22.03.2024 Hamburg, Gr. Freiheit 36
24.03.2024 Bremen, Schlachthof
25.03.2024 Leipzig, Täubchenthal
26.03.2024 Jena, Kassablanca
27.03.2024 Dresden, Tante Ju


Donots
(Ms) Auch in großen Städten sind die Marktplätze - oder anderweitige, große Plätze in der Innenstadt - für musikalische Erlebnisse kaum zu haben. Es sei denn, es gibt sie etwas wie einen Kultursommer oder so und Heino und Nena spielen da. Oder DJ Ötzi. Für Punkrock ist weniger Platz in den Innenstadt. Das ändert sich kommendes Jahr - zumindest in Münster. Dann wird nämlich der Domplatz zerlegt. Niemand anders als die Donots werden da den eigenen 30. Geburtstag feiern! An diesem Ort ist sonst mittwochs und samstags Markt, ein bisschen Show und Shine zwischen Kartoffel, Käse und Lakritze. Oder irgendwelche politischen Kundgebungen finden dort statt. Ein Glück, dass die Stadt so eine Show ermöglichen wird. Denn die Donots gehören fest zu ihr. Auch wenn sie eigentlich aus Ibbenbüren kommen, ihre Jahresabschlusskonzerte in Osnabrück spielen, ist ihr Proberaum doch in Münster. Und in der Halle Münsterland fanden bislang ihre größten eigenen Konzerte statt, 10.000 Leute passen da rein. In die Innenstadt können nochmal 2.000 mehr Leute pilgern. Und das sollte man auch tun, denn es ist davon auszugehen, dass sie ganz feine Gäste mitbringen und einen unvergesslichen Tag und Abend dort zelebrieren werden. Dann sehen wir uns am 17. August eben dort! Und bis dahin hier:

29.11. Leipzig, Haus Auensee
30.11. Hannover, Capitol (Restkarten)
01.12. Dortmund, Westfalenhalle (ausverkauft)
02.12. Bremen, Pier 2
06.12. Bielefeld, Lokschuppen
07.12. Erlangen, Heinrich-Lades-Halle
08.12. Saarbrücken, Garage (Nachmittagsshow)
08.12. Saarbrücken, Garage (Abendshow, ausverkauft)
09.12. Stuttgart, LKA Longhorn (ausverkauft)
17.08.2024 - Münster, Domplatz


Samstag, 11. November 2023

KW 45, 2023: Die luserlounge selektiert

Quelle: de.Wikimedia.org
(Sb/ms) Warum gehen Menschen in die Kneipe? Klar, zu Hause wären alle Getränke günstiger, aber der Geselligkeitsfaktor ist hoch, oft die Atmosphäre toll, der Ort passend oder dort läuft Fußball. So geschehen letzten Freitag. Haben noch ein Platz im Bremer Eisen bekommen (super Laden!) und uns zu einem Typen dazu gesetzt. Er fragte, warum wir erst zur zweiten Halbzeit da seien, wir: Zug verpasst. So ist das. Er aber war nicht zum Fußball schauen da, sondern saß allein an einem großen Tisch und … hat gelesen! In einer Kneipe am Freitagabend. Verrückt. Das würde mir nie einfallen, aber ich finde es beeindruckend. Dazu noch eine Autobiographie von Marcel Reich-Ranicki, die er uns sehr ans Herz legte. Nicht nur, dass der mürrische Literaturkritiker viel zu berichten hat, sondern offenbar sehr lustig sei. Ein guter Tipp und eine herrliche, kleine kurzweilige Begegnung mit Menschen.

Cave To Cosmos
(Ms) Dieser kleine Beitrag könnte so ganz anders aussehen als der Rest. Denn Emanuel Winkler, der sich singend als Cave To Cosmos nennt, ist mir mit zusammen zur Schule gegangen. Aber Anekdoten aus vergangenen Zeiten, die mit Musik so gar nichts zu tun haben, sind hier selbstredend fehl am Platz. Am 1. Dezember veröffentlicht er seine erste EP Truth Waits In Deepest Nights. Es scheint ein langer Weg gewesen zu sein, bis er musikalisch dort landete, wo er sich jetzt befindet. Denn so ein Sound, wie man hin hier hört, muss erstmal entwickelt werden. Die tolle Stimme hat er immer schon mitgebracht. Denn Sinn für Klang auch. Bestechend bei In Deepest Nights, der ersten Single der EP, sind die vielen kleinen Elemente, die aufhören lassen. Der prägnante Bass, das Cembalo-artige Spiel, die verzerrte Gitarre, die sich lange anbahnt, und später voll durchschlägt. Dass er zusammen mit Tobias Siebert im Studio war, ist zu hören - hier bahnt sich etwas ganz Tolles an. Und das schreibe ich nicht, da ich Emu (so früher genannt) seit Jahren kenne, sondern weil das hier schlichtweg überzeugt!


Mine
(Ms) Schlauer ist man immer hinterher. Könnte man sagen. Wäre aber auch wünschenswert, wenn man schon vorher die besseren Entscheidungen treffen könnte. Doch wie geht das eigentlich? Oft geht es gar nicht. Wie denn auch? Und: Lassen sich denn überhaupt stets beständige Aussagen treffen? Für vieles bestimmt. Aber so viel befindet sich im Wandel und meine Idee von heute könnte übermorgen schon überholt sein und in die falsche Richtung driften. Tja. Dann steht man da und denkt sich: Wenn ich könnte, wüsste ich, was wichtig ist, was nicht. So wie Mine auf ihrem neuen Lied Ich Weiß Es Nicht. Passenderweise geht sie für das dazugehörige Video zurück in ihr Gymnasium. Tja, was hätte man sich alles gewünscht, in der Schule zu lernen?! Mit welch überflüssigen Dingen hat man seine Zeit vergeudet?! Dieser Track ist der erste Höreindruck von ihrem neuen Album. Baum erscheint am 2. Februar! Sicher bleibt die Platte nicht so klavierballadig wie dieses Stück. Dafür ist die Musikerin ja viel zu neugierig und geil auf andere, ungewöhnliche Instrumente, die ihre Arrangements bereichern, auch wenn es immer nur eine Ebene sein mag. Ihre Ideen sind so gut, fein, intelligent, dass sie sicher auch auf ihrem fünften Album einen ganz eigenen Klang an den Tag legt. Und bereits diese Single packt mich schon mehr als der gesamte Vorgänger! Baum? Ich hab Bock!

18.04.24 Hamburg – Große Freiheit 36
19.04.24 Essen – Zeche Carl
20.04.24 Köln – Carlswerk Victoria
21.04.24 Leipzig – Täubchenthal
23.04.24 Wien (AT) – Arena
24.04.24 München – Muffathalle
25.04.24 Erlangen – E-Werk
26.04.24 Dresden – Stromwerk
28.04.24 Kiel – Pumpe
29.04.24 Bremen – Schlachthof
30.04.24 Berlin – Columbiahalle
02.05.24 Frankfurt – Zoom
03.05.24 Aarau (CH) – Kiff
04.05.24 Mannehim – Alte Feuerwache
05.05.24 Münster – Skaters Palace
07.05.24 Hannover – Pavillon
09.05.24 Stuttgart – Im Wizemann


Alanis Morissette
(Ms) Isn‘t It Ironic? Ja, schon! Aber auch ein bisschen geil. Jetzt ist es schon fast Mitte November, doch der ganze Weihnachtskram steht schon seit Wochen in den Supermärkten. Auch andere Geschäfte verkaufen schon allerhand Deko-Kram und so langsam muss ich auch mal darüber nachdenken, wem ich was schenke und was denn eigentlich zu essen gibt?! Argh, Stress! Aber eines ist vollkommen klar, es wird sehr häufig Last Christmas laufen. Es ist und bleibt DER Weihnachtstrack überhaupt! Reiner Pop, großer Kitsch, phantastische Melodien und ein unbeschreibliches Gefühl der Vorfreude und der Heimeligkeit. Sicher schon tausend Mal wurde das Lied gecovert und Alanis Morissette macht da jetzt einfach mit und gibt dem Stück einen sehr sanften, charmanten Gitarrenpopanstrich. Ja, das hört sich großartig an, sehr weich und gut gelaunt. Läuft jetzt öfter, okay?!

 
Adam Angst
(sb) Twist heißt das neue Werk von Adam Angst und könnte vielfältiger kaum sein. Von der Ballade über den tanzbaren Popsong bis hin zu Punkrock ist alles vertreten, was das Musikherz begehrt. Das Wichtigste daran ist und bleibt aber die Haltung - und daran lässt die Band keinerlei Zweifel aufkommen. Stellvertretend dafür steht wohl ein Track, in dem Adam Angst eine seit Jahrzehnten sehr erfolgreiche Band aus Frankfurt gekonnt durch den Kakao ziehen und ihr den Spiegel vorhalten. Ganz großartig!

Live hier - der erste Teil der Tour mit den Donots:

29.11. Leipzig, Werk 2
30.11 Hannover, Capitol
01.12. Dortmund, Westfalenhalle (ausverkauft)
02.12. Bremen, Pier 2
06.12. Bielefeld, Lokschuppen
07.12. Erlangen, Heinrich-Lades-Halle
08.12. Saarbrücken, Garage (Nachmittagsshow)
08.12. Saarbrücken, Garage (Abendshow, ausverkauft)
09.12. Stuttgart, LKA Longhorn (ausverkauft)
 
21.02. Bremen, Schlachthof
22.02. Hannover, Musikzentrum
23.02. Jena, Kassablanca
24.02. Karlsruhe, Substage
27.02. München, Muffathalle
28.02. Berlin, SO 36
29.02. Hamburg, Fabrik
01.03. Köln, E-Werk
02.03. Wiesbaden, Schlachthof
20.04. Osnabrück, Popsalon 
06.-08.06. Merkers, Rock am Berg
 
 
Monteluna
(sb) Wenn man an italienische Musik denkt, kommen einem wohl am ehesten die unvermeidlichen Gianna Nannini und Eros Ramazzotti in den Sinn. Schwierig. Dann lieber tollen Ska-Punk á la Talco, NH3, Los Fastidios oder Ashpipe. Oder entspannte Klänge von Jovanotti. Aber es geht auch straighter Rock, wie Monteluna auf ihrem neuen Album Questi Danni eindrucksvoll beweisen. Schnell, schnörkellos, aber zu keiner Zeit langweilig - hört es Euch an, das ist wirklich ein toller Geheimtipp aus Monferrato!
 
 
Adam Green
(sb) Hm, wie soll ich hier starten...? Also: Ich stehe Adam Green seit jeher sehr ambivalent gegenüber! Zum Einen imponiert mir ungemein, wie er schon immer drauf geschissen hat, was man von ihm erwarten könnte und seit jeher sein Ding durchzieht - und das, zumindest in Europa, mehr oder weniger erfolgreich. So weit, so gut, aber mir persönlich gibt seine Musik leider mit wenigen Ausnahmen nicht so arg viel, weswegen ich auch dem Tribut-Album Moping In Style - A Tribute To Adam Green eher skeptisch gegenüberstand. Aber siehe da: Satte 26 Tracks werden auf der Compilation gecovert und dabei gibt sich die Creme de la Creme der Indieszene die Klinke in die Hand. Regina Spektor, The Cribs, Devandra Banhart, The Lemonheads, The Libertines, Ben Lee und einige andere versuchen sich an den Songs des Meisters und verleihen ihnen teilweise einen sehr eigenen Anstrich. Das ist alles in allem sehr kurzweilig, zu 100 % überzeugt es mich aber immer noch nicht. Die Ambivalenz bleibt...
 


Kaiser Chiefs
(sb) Es gab mal eine Zeit, da waren die Kaiser Chiefs in aller Munde und auch außerhalb Englands richtig erfolgreich. Tracks wie Oh My God, Ruby, I Predict A Riot oder Oh My God durften auf keiner Party fehlen, Hallen und ganze Touren waren ausverkauft. Inzwischen backen die Herren aus Leeds etwas kleinere Brötchen, auch wenn sie in ihrer Heimat noch immer ordentlich charten.
 
Im Frühjahr 2024 wird Kaiser Chiefs' Easy Eighth Album erscheinen, die Vorabsingles unterscheiden sich von allem, was die Band einst so groß machte. Und genau hier muss man wohl bei der Urteilung der Scheibe ansetzen! Wenn man sich nämlich im Vorfeld von dem Gedanken verabschiedet, hier eine Fortsetzung der Erfolgsalben Employment oder Yours Truly, Angry Mob serviert zu bekommen, dann geht man unvoreingenommen an die Sache ran und erkennt durchaus die ein oder andere Perle. Anders zwar - und zumindest meiner Meinung nach nicht so geil wie früher - aber halt doch nicht so schwierig wie ich es erwartet hatte. 


 
Feine Sahne Fischfilet
(sb) Eine Livealbum von Feine Sahne Fischfilet war mehr als überfällig und hier ist es nun also! Alles glänzt - alles Live serviert einen äußerst gelungenen Querschnitt durch die Bandgeschichte und bietet auch klanglich viel Schönes. Keine Frage: Die Band aus Vorpommern hat sich ihren Status hart erkämpft und verdient. Alles in allem wird die Konzertstimmung gut eingefangen, wobei die Umschnitte von Track zu Track für meinen Geschmack etwas zu scharf sind. So wird zwar unnötige und womöglich fade Wartezeit eingespart, andererseits leidet die Authentizität dann doch etwas darunter. Wie man es halt macht...

Wer sich live von den Qualitäten von Feine Sahne Fischfilet überzeugen möchte, der kann das hier tun:

07.12.2023 Hannover, Swiss Life Hall
08.12.2023 Erfurt, Messehalle
09.12.2023 Bremen, Pier 2
12.12.2023 Köln, Palladium
13.12.2023 CH-Zürich, Halle 622
14.12.2023 Offenbach, Stadthalle
16.12.2023 Leipzig, Haus Auensee (Ausverkauft) 
17.12.2023 Bielefeld, Lokschuppen
18.12.2023 Leipzig, Haus Auensee (Zusatzkonzert)
19.12.2023 München, Zenith
21.12.2023 Rostock, Stadthalle


Dienstag, 7. November 2023

Psychedelic Porn Crumpets - Fronzoli

(Ms) Die Gitarre ist ein faszinierendes Instrument. So viele Varianten. Dazu noch Ukulele oder Guitarlele. Akustisch, elektrisch. Bass. Sechs oder zwölf Saiten. Oder so viele, wie man will. Tocotronic haben dem Instrument eine wunderbare Hymne geschrieben. Selbst kann ich ein wenig Ukulele spielen, ist nicht schwer. Doch wenn es dann zu einem sauberen Gesamtklangbild kommen soll, sollte schon einiges an Know-How dabei sein, wie dieses Ding denn zu bedienen ist. Dabei geht es mir noch nicht mal um Können oder verschiedene Modelle. Klar, all das spielt eine große Rolle. Ganz viel Wissen und Theorie gehört dazu. Aber sicherlich auch eine gehörige Portion Intuition. Nicht nur, welche Akkorde zusammen harmonieren, sondern auch wann die Lautstärke in einem Track aufgedreht werden soll. Welcher krasse Bruch bringt das Lied nach vorne? Welcher kleine akustische Part steigert die Stimmung? Und vor allem: Welcher Verzerrer knallt mir richtig schön um die Ohren?! Welchen Knopf muss ich drücken, damit die Boxen richtig geil scheppern und aus dem Zusammenspiel eine irre Ekstase wird?! Was können vier Gitarren - Bass inklusive - gemeinsam an perverser Power entwickeln? Wie hyperaktiv können sie werden? Wie weit kann ich das alles aufdrehen, dass es doll, aber immer noch fett wird?!

Die Antwort ist sehr einfach. Sie lautet: Psychedelic Porn Crumpets und kommt aus Australien.
Bereits letztes Jahr kam ein Album des Quintetts aus Perth raus und Night Gnomes war schon ein irres Brett. Nun erscheint am 10. November schon die nächste Platte und heißt Fronzoli. Soll ungefähr sowas bedeutet: Etwas Nutzloses, das als Deko noch hinzugefügt wurde. Nun gut. Weder diese Scheibe noch all die Gitarren darauf sind Fronzoli. Ganz im Gegenteil. Hier scheppert es herrlich an allen Ecken und Enden und genau das macht über gut eine halbe Stunde unsagbar viel Spaß!

Frech, wie dieses Album startet! Die Akkorde ballern auf Nootmare (K-I-L-L-I-N-G) Meow! nur so hintereinander. Die Rhythmen überschlagen sich. Eine klare Ankündigung, dass hier ein wilder Ritt beginnt! Die Boxen scheppern direkt, sodass alles wackelt. Und das direkt am Anfang - so lasse ich es mir gefallen! Ja, es ist schon unverschämt, solch einen heftigen Track direkt zu Beginn aufzufahren!  Kaum kann man durchatmen hier. Sollen wir wahrscheinlich auch gar nicht. Viele Tracks wie (I’m A Kadaver) Alkazam drehen sofort auf, wenn sie starten. Die Energie, die durch die Takte und Rhythmen ballern, ist so ansteckend - irre! Zwischen verspielt und gewaltig liegen oft nur Millisekunden. Leider - das muss ich ja echt einräumen - ist mir völlig egal, was diese Band singt, die Texte könnten auch Vertonungen von Bedienungsanleitungen sein. Mir geht es hier einzig darum, wann und wie doll es knallt! Und das immer wieder aufs Neue, auch auf der starken Single Dilemma Us From Evil! Nein, das wird mir nicht langweilig, weil jedes Stück natürlich ein Unikat ist. Fast ungewohnt entspannt geht dann auf Cpt. Gravity Mouse Welcome hier zu. Ein richtig melodiöser Start zeichnet dieses Stück aus. Da stellt sich natürlich die Frage: Trügt der Schein oder ist hier tatsächlich mal ein etwas entspannterer Track dabei? Nicht, dass dieses Album stressig sei, ganz und gar nicht. Aber es ist schon sehr…lebhaft! Und siehe da: Der Schein trügt nicht!
Besondere Stärke entfachen die Australier immer, wenn die Gesangsmelodien mit den Gitarrenriffs einher gehen wie oft auf All Aboard The S.S.Sinker. Das verlangt natürlich auch Fingerfertigkeit, davon scheint reichlich vorhanden zu sein. Dann kommt Hot! Heat! Wow! Hot! Na klar, hier ist der Name Programm. Keine Pause, die Gitarre schrammelt nach vorne, es wird ins Mikro gebrüllt, es ist ein komplett wilder Ritt auf den Synapsen! Hierfür braucht es keine Drogen oder andere Rauschmittel, um den vollkommenen Kick zu erleben. Das macht die Musik durch ihre ungeheure Kraft schon von ganz allein! Ja, ganz am Ende atmet dieses Album mit Mr & Mrs Misantrope ein wenig durch, fast ein sanfter, versöhnlicher Abschluss . Der Track steigert sich ganz angenehm, wird auch laut, aber nicht mehr ganz so wild.

Hach, das macht unglaublich viel Spaß, pausenlose Energie, Dichte, Dynamik, aufgedrehte Gitarren in allen Farben und Formen. Fronzoli ist keineswegs Nippes, sondern glänzt im Regal!

02.03. Köln, Luxor
03.03. Hamburg, Übel & Gefährlich
05.03. München, Strom
07.03. Zürich, Bogen F



Sonntag, 5. November 2023

Live in Bremen: Erobique & Florence Adooni

Quelle: luserlounge
(Ms) Die Devise des Freitagabends lautete: Einfach mal auf Konzerte gehen, bei denen nicht ganz klar ist, was passieren wird.

Erobique sollte vielen ein Name sein, sein Überhit Urlaub In Italien ziert nicht nur einen meiner Pullover, sondern versetzt zurecht viele Menschen in Tanzekstase! Doch Carsten Meyer hat nicht nur ein gutes Gespür für den Dancefloor, sondern ist auch richtig neugierig! Das heißt, er sucht sich immer wieder andere KünstlerInnen, mit denen er zusammen spielen kann. Eine davon ist Florence Adooni. Ihr Name sagte mir nichts und mir war auch nicht klar, was Frafra Gospel ist. Nun bin ich ein kleines bisschen schlauer. Adooni kommt aus Ghana und zählt zum Volk der Frafra und ihre Musik ist das, was die Leute dort, und spätestens seit Freitag, auch die Menschen in Bremen, tanzen lässt.

Beide sind auf einer kleinen Tour und haben Halt gemacht im Kleinen Haus des Bremer Theaters. Die dortige Club-Reihe holt, nach zuverlässigen Berichten von Bekannten, sehr gute MusikerInnen aus dem internationalen Sound. Jazz, Blues, Folklore oder halt Frafra Gospel. Zusammen haben Erobique und Adooni schon Musik aufgenommen, nun sind sie live am Start! Und wie!
Das Kleine Haus war ausverkauft, die Discokugel drehte sich und leuchtete und als um halb zehn Erobique, Florence Adooni und ihre siebenköpfige Band die Bühne betraten, bleib keine Hüfte mehr starr. Geprägt ist der Frafra-Klang durch nimmermüde Rhythmen. Der Bass und das Schlagzeug waren die treibenden Kräfte des Abends! Es war sehr dicht und melodiös und wenn Erobique dann an seinen Tasten und Knöpfen spielte, bekam der ganze Sound noch mehr Energie und es gab keine andere Möglichkeit mehr, als zu tanzen. Zum Großteil wurden Adoonis Lieder mit Meyers Wumms dargeboten, doch auch eine gemeinsame Adaption von Easy Mobisi und Urlaub In Italien (hier natürlich Urlaub In Kumasi) gaben dem Abend den letzten Kick!

Ja, das hat richtig viel Spaß gemacht, das Kleine Theater ist ein toller Ort und die Leute, die es betreiben haben einen guten Riecher für das, was es lohnt, anzuhören und nicht immer läuft. Kurzweilig war der Abend, eskapistisch das Tanzen, neu und elektrisierend die Melodien und nicht neu aber wieder aktualisiert die Einsicht, dass es immer ein Gewinn ist, sich auf Unbekanntes einzulassen.

Freitag, 3. November 2023

KW 44, 2023: Die luserlounge selektiert

Bundesautobahn 44
Quelle: de.Wikipedia.org

(ms/sb) Im Frühjahr ist ein Vogel an die Scheibe geflogen und kurze Zeit später an dieser Verletzung verstorben, ich schrieb an dieser Stelle drüber. Am Montag hat es wieder am Fenster geknallt und ein kleines Rotkehlchen lag völlig benommen im Beet. Das arme, kleine Ding. So ein schöner, kleiner Vogel lag dort. Mit weit aufgerissenen Augen und einem schnell pochenden Herzen. Zuerst dachte ich, dass das kleine Vöglein bald einem ähnlichen Schicksal wie beim letzten Mal ausgeliefert sein wird. Aber es hielt sich tapfer, parallel wurden Infos rausgesucht, wie man diesen Tieren wohl helfen kann. Mit einem kleinen Stock habe ich es einfach mal angestupst - es lag auf dem Rücken. Dann hielt es sich überraschenderweise auf den Beinen, aber noch völlig apathisch. Wenige Minuten später hüpfte es ein bisschen umher. Ich ließ es lieber in Ruhe und sah später nichts mehr vom kleinen Rotkehlchen. Ein Glück!

Dino Paris & Der Chor der Finsternis
(ms) Diese Seite gibt es seit einigen Jahren. Als es irgendwann begann, dass uns PR Agenturen, KünstlerInnen und Labels anschrieben, fand ich das toll - und das ist es bis heute! Es ist die Chance, ganz viel großartige Musik zu entdecken, die ich sonst nicht auf dem Schirm hätte. Aber es kommt mindestens genauso viel Quatsch an. Zum Beispiel letztens auch eine Mail von einem Typen, der so Motivationsseminare gibt, die Bücher und Hörbücher gibts obendrein. Wir sollten drüber schreiben, da blieb mir aber nur ein Lachen im Halse stecken. So ein Oberschrott. Meist handelt es sich bei solchen Gestalten doch um geschickte Marketingmenschen, die damit eine Menge Geld verdienen und selbst hochmotiviert sind. Sicher haben sie ein Positives Mindset, ob die Zuschauer und -hörer und Leser das auch haben mit leerem Portemonnaie, bleibt abzuwarten. Dino Paris scheint davon auch Wind bekommen zu haben und hat sich in einem herrlichen zweiminütigen Track darüber lustig gemacht. Einfach positiv bleiben, dann trauert man auch all dem versenkten Geld vielleicht gar nicht mehr so doll hinterher…


Glen Hansard
(sb) Live bescherte mir Glen Hansard einst eins meiner Top 5-Konzerterlebnisse und auch seine Studioaufnahmen berühren mich immer wieder. So auch sein neues Album All That Was East Is West Of Me Now überzeugt auf ganzer Linie. Kaum jemand gelingt es, so viel Herz, so viele Emotionen zu transportieren und seinen Gefühlen durch seine Stimme so viel Nachdruck zu verleihen. So muss Folk klingen und diesmal wird es phasenweise sogar richtig laut und rockig - auch das steht dem Iren, der für den Soundtrack zu Once sogar einen Oscar eingeheimst hatte, sehr gut und verleiht ihm eine neue Facette. Wieder mal herausragend gut!

Auf der Bühne hier zu bestaunen:
05.11. Köln, E-Werk
06.11. Frankfurt, Jahrhunderthalle
08.11. München, Circus Krone
17.11. Berlin, Verti Music Hall
 


Sofia Portanet
(ms) Folgende These: Jeder Mensch, dem Musik etwas bedeutet und entsprechend viele unterschiedliche Gruppen und KünstlerInnen hört, hat die ein oder andere Band, die gar nicht so oft läuft, aber wenn sie etwas neues ankündigen, ist die Freude sehr groß und da ist eine Welle, auf der man schwebt. Bei mir gehört Sofia Portanet dazu! Seit ihrem Debut im Sommer 2020 verfolge ich ihr Schaffen und das sogar sehr gerne, denn ich mag den Mix, den sie macht. Viel 80er-Beats und -Melodien, aber mit sehr viel Power und Klarheit versehen. Dazu eine unverwechselbare, charismatische Stimme, die mir sehr gefällt! Dieser Tage gibt es eine neue Single, sie heißt Ballon und überraschenderweise singt sie wieder auf Deutsch! Auch das ein klares Markenzeichen. Hui, das klingt zwar alles ein wenig kitschig, aber der Drive der Musik packt mich dennoch. Und noch mehr gute Nachrichten: Am 8. März erscheint ihr zweites Album Chasing Dreams, wo auch tolle Tracks wie Real Face oder Mi Amor drauf enthalten sind! Juhu!
 

Pano
(sb) Nichts erwartet, viel bekommen. Eher zufällig landete das selbstbetitelte Debütalbum von Pano auf meinem USB-Stick, den ich mir auf längeren Fahrten im Auto anhöre und nach Glen Hansard (siehe oben) und der Live-Scheibe von Feine Sahne Fischfilet (Rezension demnächst) verzauberte mich dann die Stimme der in Berlin lebenden Künstlerin. Auf der eigenen Homepage wirde von "Indie" geschrieben, für mich ist es eher "Pop" - aber wie dem auch sei: Pano öffnet mit ihrer Musik Herzen und ihr sollten schon bald viele Türen offen stehen. Warme Klänge für kälter werdende Tage.

Live:
23.11. Bremen, Modernes
24.11. Münster, Skaters Palace
26.11. Köln, Carlswerk Victoria
27.11. Oberhausen, Ebertbad
28.11. Hannover, Capitol
29.11. Hamburg, Große Freiheit
01.12. Erlangen, E-Werk
02.12. Leipzig, Felsenkeller
13.12. Berlin, Pfefferberg Theater
17.12. Potsdam, Waschhaus
18.12. Duisburg, Gebläsehalle
19.12. Köln, Gloria
20.12. Hamburg, Markthalle
 

 
King Gizzard & The Lizard Wizard
(Ms) Wie werden die nun ausgesprochen? Was soll das alles eigentlich? 25 Alben seit Bandgründung 2010? What?! Das klingt alles nach ganz schön viel und doll und krass und huihuihui! Trotzdem habe ich nie bei King Gizzard & The Lizard Wizard reingehört bis dieser Tage. Meine erste Begegnung war dann ein Mitschnitt vom sehr guten Radiosender KEXP, deren Konzertmitschnitte allesamt sehr zu empfehlen sind. Was war dann zu hören?! Starke Gitarrenpower, viel Energie und gekonntes Durcheinander, das mich an die frühen Portugal. The Man erinnert! Also: Richtig geil! Verrückte Kombo auf jeden Fall, die da aus Australien kommt und gar keinen Halt vor jeglichen Genres macht. Jazz, Metal, psychedelischer Rock? King Gizzard machen alles! Und hauen alles raus! Vollkommen unberechenbar. Letzte Woche hat die Gruppe mal wieder eine neue Platte veröffentlicht, The Silver Cord heißt sie. Ehrlich gesagt ist mir das alles viel zu elektronisch und zu doll, das packt mich null. Aber zum Glück haben sie ja noch ein paar hundert Songs mehr, die mich mitreißen können. Dies ist also eine dringende Empfehlung, sich mit dieser vollkommen verrückten Band auseinanderzusetzen. Klar, hier ist für jeden was dabei!