Foto: Sebastian Igel |
Wann das war, weiß ich nicht mehr so genau. Irgendwann saß ich in meinem Kinder-/Jugendzimmer und las das Booklet zu Buchstaben Über Der Stadt. Der Text hat mich wahnsinnig ergriffen, berührt. Gern wollte ich dir damals schon schreiben, was mir deine Musik, aber insbesondere diese Zeilen in der CD-Hülle bedeuten.
Ich habe es nie gemacht, schade eigentlich. Denn als Fan und Musikfreak denke ich schon seit einiger Zeit darüber nach, was denn neben Konzertbesuchen, Plattenkäufen und Volllaberei anderer Ohren ein Beitrag sein könnte, um der eigenen Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Nun habe ich vielleicht eine passende Geste gefunden: Ich danke dir! Und zwar nicht für die Angst. Sondern für dein Talent. Das mag ja anbiedernd klingen, doch es ist ganz ehrlich gemeint.
Zur ganzen Aufrichtigkeit gehört auch, dass ich die letzte Platte gar nicht mehr so aufmerksam gehört habe. Aber das passiert ja irgendwie, oder? Vielleicht ist die Passion ja ein wenig kleiner geworden. Warum, ist mir unerklärlich. Denn in diesen Tagen ist etwas Wundervolles passiert: Auf dem Weg von A nach B habe ich deine Live-Platte gehört, hören dürfen, die nun am Freitag erscheint. 100.000 Songs Live. Genialer Name! Und schon nach den ersten Liedern, die ich gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte, dachte ich: Wow, was ist das einfach für ein irrer Texter! Es scheint mir fast unerklärlich zu sein. In deinen Texten, lieber Thees Uhlmann, steckt oft etwas drin, das etwas mit mir macht, es ergreift mich, bringt mein Atem kurz zum Stocken. Was das genau ist, weiß ich nicht. Da ist etwas in deinen Worten, das für mich den Kern des Menschlichen sehr nah greifbar macht. Etwas, das weit weg von Pathos und Kitsch ist. Wenn eine Geschichte über Zugvögel oder HipHop-Video-Darstellerinnen-Fahrende mir eine Gänsehaut bereiten, dann passiert doch etwas, oder? Was ist das denn? Ich glaube, es ist deine erfahrbare Gabe, Geschichten zu erzählen, die du irgendwo aufschnappst, vielleicht ist es nur ein kleiner Blick gen Himmel oder das Ende eines Gedankenspiels. Und diese Geschichten sind so ehrlich, so klar, so unglaublich wunderschön, dass es mir leicht fällt, ihren Bedeutungsrahmen zu verstehen. Die Worte in Strophe, Refrain, Bridge sind so gut ausgewählt, sicherlich zig Male hin und her gewälzt. Passt der Reim so? Ist damit gesagt, was ich sagen wollte? Holpert das mit den Silben oder stehe ich darüber? Kriege ich das echt so gesungen im Studio und auf der Bühne? Und kriege ich von Wiebusch dafür vielleicht eine geknallt? Dann, in diesem ganzen Prozess, eigne ich mir deine Geschichte, deine Texte an und ich verbinde mit ihnen meine ganz eigenen Geschichten. Gut, oder?
Das erste Mal sah ich dich mit Tomte live in Bielefeld im November 2008. Das ist nun vierzehn Jahre her. Da war ich achtzehn, Oberstufe, wilde Zeit. Nun bin ich 32, berufstätig, ganz andere Dinge stehen da jeden Tag an. Deine Lieder sind immer noch da. Oder, wenn sie wie bei der letzten Platte vielleicht eine kleine Pause gemacht haben, mit Unterbrechungen da. Die Frequenz ist egal. Die Verbindung, die Leidenschaft ist die gleiche.
Und ganz ehrlich, wenn du regelmäßig ein paar Töne live nicht triffst, ist mir das wumpe. Darum geht es mir gar nicht, wenn ich die Live-Platte höre. Ich höre dir als Rampensau gerne zu und bin immer wieder begeistert, wie unglaublich viel Aufrichtigkeit und Ergebenheit in deiner Stimme, in deinem Auftreten liegt. Es ist hörbar. In den Ansagen, im Timbre, in der Dankbarkeit für all die Menschen, die das schon so lange mit dir machen. Ja, so ein Live-Album ist immer auch ein Best-Of, da geht fast kein Weg dran vorbei. Insbesondere wenn es die erste Platte dieser Art ist. Und das gefällt mir sehr. Habe ich nun dieses Album auf den Ohren, ploppen da wirklich viele Geschichten, Momente, Bilder aus mindestens vierzehn Jahren auf. Sie machen mich froh, denn sie gehören ja zu mir dazu. Und deshalb freue ich mich schon irre drauf, beim nächsten Konzert dabei zu sein.
Danke.