(ms/sb) Vor ein paar Jahren gab es ja noch das Sommerloch. Nix los. Keine Nachrichten. Nur Wetter, Schwimmbad, Urlaub, Sonnenliege und -brand. Insbesondere in diesem Jahr sollte es aber nicht zu knapp sein an Berichtenswertem. Das mag ich hier gar nicht ausführen, dafür sind andere Seiten eher da. Vor ein paar Wochen wurde dennoch ein Thema wahnsinnig aufgebauscht und nach meinem Urlaub muss ich auch noch meinen Senf dazu geben. Eben habe ich mir mal "Layla" angehört. Ich wüsste nun nicht, woran sich alle stören. Das Lied wurde ja auf einigen öffentlichen Veranstaltungen verboten, weil besagte Dame eine geile, schöne Puffmama sei. Tja. Ist das nun echt der Aufreger? Sexismus im Schlager?! What? Was für eine bescheuerte Diskussion. Wenn es um schlechten Geschmack ginge, wäre ich sofort dabei. Dann kann man die ganze Ballermannkacke, Karneval und Schlagermovesache sofort beenden. Ich würde jede Petition unterschreiben. Aber diese Zeilen muss man aushalten, auch das ist Kunstfreiheit. Wobei hier Kunst natürlich in Anführungszeichen gesetzt werden muss. Ich würde eher das Lied verteidigen, als es aus Sexismusgründen zu verbieten. Denn: der Postillon hat es gut erkannt und meinte, dass das Lied wieder erlaubt sei, nachdem es ins Englische übersetzt worden sei. Bittere Pointe. Und wahr. Wird im sogenannten Gansta-Rap zensiert? Nein. Das ist zwar auch alles gruselig, aber auch Kunst (im weitesten Sinne). Wird Death Metal zensiert, wenn es mal wieder ums Abschlachten geht?! Man kann das so weiterführen. Und was würde Danger Dan dazu sagen?
Sommerloch. So ein Quatsch. Wir machen einfach weiter. Die luserlounge selektiert.
Molden Strauss Pixner Petrova Randi
(sb) Eins vorweg: Wenn man nicht aus Österreich oder Süddeutschland kommt, dürfte man Probleme bekommen, die Texte von Ernst Molden & Co zu verstehen. Aber selbst wenn das so sein sollte, kann man die Musik, die Morbidität und das Eintauchen in Sagen und Mythen genießen. Seine volle Pracht entfaltet Oame Söö (Arme Seele, VÖ: heute!) aber natürlich durch die gewählten Worte und deren Interpretation. Ich mag Wien, seine Menschen und seine Sprache ja sowieso, aber Molden und seine Kolleginnen und Kollegen zelebrieren das alles so wunderbar, dass mich fast schon das Fernweh packt. In Moldens Melodien verlieren die Sagen ihre Örtlichkeit, vor allem aber auch ihre belehrende Sprache, in der sie einst aufgeschrieben wurden. So entstehen völlig neue Werke, neue Blickwinkel und Perspektiven. Ganz, ganz großartig!
Livetermine in Deutschland sind bisher nicht bestätigt, aber vielleicht schaffts der ein oder andere von Euch ja ins Nachbarland.
(sb) Nicht 20, nicht 30 - nein, fucking 40 Jahre Bandjubiläum feierten LustfingeR im Jahr 2021! Wobei: Von Feiern aufgrund der Pandemie keine Spur, denn Konzerte wurden abgesagt und auch der Release ihres neuen, selbstbetitelten Albums LustfingeR (VÖ: heute!) verschob sich. Jetzt ist es aber endlich so weit und die Münchner Punk- und Rockinstitution tut das, was sie am besten kann. Sie gibt augenzwinkernd Gas, wird aber auch gerne mal deutlich (Lügengarantie) und bleibt dabei stets unverschämt charmant. Auf einen Song über den heißgeliebten TSV 1860 muss man zwar diesmal verzichten, aber dafür kam mit Ich werd' Dich niemals vergessen ja letztes Jahr erst eine Single raus, die am vergangenen Samstag sogar in der ARD zu sehen war. Sachen gibts! Leider gibts zum jetzigen Zeitpunkt nur ein bestätigtes Live-Date, aber das verspricht auch viel Spaß:
01.10. Augsburg, Ballonfabrik
Slipknot
(ms) Die Liste an Bands, die ich mal live sehen möchte, ist nicht mehr so lang. Die letzten großen Wünsche gingen in den letzten Jahren mit Voodoo Jürgens oder Placebo in Erfüllung. Es gab da eigentlich nie eine Größenordnung. Doch es gibt noch drei Große, die ich mir mal antun will. Und im Grunde genommen geht es mir bei allen dreien nur um die Show: Rammstein, Korn, Slipknot. Insbesondere Letztere trumpfen durch ihre Maskierung und im Klang ja schon schön krank auf. Das kann sicherlich eine Menge Spaß machen, sich das mal live reinzuziehen. Wild, laut, vollkommen bescheuert. Laut Wikipedia soll die Band momentan neun Mitglieder haben. In Livevideos sieht man das auch, die meisten trommeln irgendwo drauf rum, herrlicher Quatsch. Müsste ja auch ins Theater sowas. Nun kommt am 30. September ein neues Album raus, The End, So Far. Klar, das gibt herrlich Material zur Überinterpretation, da halte ich mich mal raus. Die erste Single, romantisch benannt in The Dying Song (Time To sing), kann man sich schon reinknüppeln. In meinen Ohren klingen sie wie immer, auch das ist eine Art der Beständigkeit.
Death Cab For Cutie
(ms) Lange ist das her. Bei den ersten ernsthaften Liebeskummerabenden. Oder der generellen Orientierungslosigkeit am Ende der Schulzeit. Oder beim Aufbrechen in ein neues Kapitel in jungen Jahren. Zu dieser Zeit gab es viel schwermütigen Indiepop. Die Musik, zu der viel Alkohol floss und das Herz wehtat. Für mich ist diese Zeit vorbei, irgendwie auch zum Glück. Dieses 'Hach'-Gefühl in der Musik brauche ich so nicht mehr. Mit dieser Zeit ist aus meiner Sicht Death Cab For Cutie assoziiert. Eine Gruppe, die ich nie wirklich aufmerksam gehört habe, aber ein paar Lieder der Band schienen schon immer da gewesen zu sein. Nun bringen sie am 16. September ein neues Album raus, Asphalt Meadows. Wahrscheinlich werde ich sie mir nun auch nicht anhören, aber irgendwie ist es schön zu wissen, dass sie immer noch da sind. Zu Here To Forever gibt es seit Kurzem auch ein schönes Video. Neben dem herrlichen Klamauk gibt es auch einen kleinen Einblick in ein Vinylpresswerk - eine ziemlich gute Idee, die von dem eher belanglosen Lied ablenkt.
The Joy Formidable
(ms) Letztes Jahr erst habe ich die Band The Joy Formidable für mich entdeckt. Was für ein irres Trio. Die wissen echt, was es bedeutet, Dynamik und Dichte mit Gitarre, Schlagzeug und Bass zu erzeugen. Ganz, ganz stark. Die aus Wales stammende Band singt auf Englisch, vielleicht, weil es dann für ein breiteres Publikum zu verstehen ist. Doch ab und an mogelte sich immer ein walisisches Lied dazu. Diese keltische Sprache wird von knapp einer dreiviertel Millionen Menschen gesprochen. Das sind auch nicht viele. Umso schöner, dass sie in die Musik der Band Einzug erhält. Mit Yr Aifft (keine Ahnung, wie das korrekt ausgesprochen wird) hat die Gruppe kürzlich erst ein solch neues Stück veröffentlicht, das seit einer Woche auf einer EP erschien. Nicht nur die Sprache ist dabei auffällig, sondern auch, dass das Lied ein sehr zartes Gewand hat, ganz im Gegensatz zu dem Großteil ihrer Lieder. Variabilität gleich auf zwei Ebenen. Kann ich nur gut finden!
Oehl (ms) Der Tod ist eine seltsame Sache. Oft wird er in Kunst behandelt. Häufig ist zu lesen, dass wir nicht vor dem Tod Angst haben sollten - viel mehr vor dem Sterben. Eine feiner Unterscheidung. Beides macht mir jedoch ein unschönes Bauchgefühl. Dafür lebe ich doch viel zu gerne. Doch irgendwann wird er unmittelbarer. Eltern von Freunden haben beispielsweise den Kampf gegen den beschissenen Krebs verloren. Das war schon hart als Jugendlicher, bei anderen diesen Verlust zu spüren. Bald werden die eigenen Eltern schwächer, sind auf mehr Hilfe angewiesen, können nicht mehr so wie sie wollen. Ich weiß jetzt schon, dass das furchtbar sein wird für mich. Wie also dem ganzen begegnen? Der wunderbare und von mir enorm geschätzter Poet Ariel Oehl hat vielleicht genau die passende Antwort dazu. Die Haltung, die halten kann. Wenn Ruh einkehrt, wird der Schmerz vielleicht nicht mehr so stark sein. Es ist die fünfte Single, die vor dem Album Keine Blumen (26. August!) erschienen ist. Diese Veröffentlichungsstrategie ist mir rätselhaft, aber nun gut. Ein sanftes, eindrückliches, ja, beinahe hoffnungsvolles Lied über den Tod, wie nur Österreicher es texten und singen können. Selten habe ich mich in den letzten Jahren so auf eine Platte gefreut wie auf diese!
Turbostaat
(ms) Machen wir es kurz: Die Flensburger Gruppe Turbostaat hat ihre kommenden Auftritte abgesagt. Krankheit ist der Grund. Was es auch sei, und wen es auch getroffen hat: Wir wünschen gute Genesung und für die kommenden Tage und Wochen, viel Kraft und Stärke. Aufdass die alte Form zurückkehrt und uns diese wahnsinnige Band wieder live begeistern wird!
(sb) Woche 1 nach dem grandiosen Nada Surf-Konzert in Dornbirn und irgendwie fällt es mir derzeit schwer, etwas anderes anzuhören als die Herren Caw, Lorca, Gillard und Elliot. Ich bin immer noch absolut bezaubert und lasse die Alben auf Heavy Rotation laufen. Etwas anderes dard derzeit nur zu meinen Ohren durchdringen, weil wir Euch ja auch diese Woche wieder eine Selektion präsentieren wollen. Das Problem: So wirklich erbaulich ist das alles nicht, das Meiste sogar so, dass ich Euch da nicht mal eine Kurzrezension zumuten möchte.
Ein Blick in die nahe Zukunft ist deutlich erfreulicher. Mit No Fun At All und Jose Gonzalez stehen in den kommenden Wochen zwei Konzerte auf der Agenda, auf die ich mich sehr freue. NFAA habe ich tatsächlich vor 26 Jahren das letzte Mal live gesehen, damals als Vorband von Bad Religion im Circus Krone in München. Gonzalez verfolge ich zwar seit vielen, vielen Jahren, auf der Bühne durfte ich den Künstler bisher jedoch leider noch nie erleben. Trotz horrender Inzidenzwerte finden Touren nun jedoch wieder statt und so dürfte der Erfüllung dieses Traums nichts im Wege stehen.
Jetzt aber erstmal Musik aus dem Studio. Es ist Freitag. Die luserlounge selektiert.
Beach Bunny
(sb) 2015 gründete Lili Trifilio Beach Bunny als Soloprojekt, inzwischen hat sie drei Mitstreiter um sich geschart. So richtig steil ging die Band 2018, als ihr Track Prom Queen bei TikTok eine enorme Popularität errreichte. Auch spätere Veröffentlichungen erhielten im Rolling Stones und der New York Times hervorragende Kritiken. Heute erscheint nun Emotional Creature, das neue Album der Band aus Chicago. Darauf geht es um die Höhen und Tiefen neuer Beziehungen, die Freuden und Schwächen, wenn man jemanden in sein Herz lässt, die beängstigende Realität, das Verlassen von toxischen Beziehungen und die Selbstwahrnehmung durch die Augen desjenigen, den man die man liebt. Auf dem gesamten Album werden diese komplexen Gefühle gekonnt mit ultrapoppigen Melodien, hymnischen
Refrains und einer leichten Punk-Schlagseite. Manchmal driftet das gute Stück ein bisschen in Richtung Avril Lavigne ab, aber so wirklich falsch macht man damit nichts. Wird aber leider trotzdem als Karteileiche auf meiner externen Festplatte enden... Live gibts das Ganze hier zu sehen:
01.11. Berlin, Hole44
02.11. Hamburg, Logo
04.11. Köln, Gebäude 9
Kitty Solaris
(sb) Ich weiß nicht, woher ich Kitty Solaris kenne, aber ich kenne sie schon relativ lange. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich mangels Begeisterung nie wirklich weiterführend mit ihrer Musik auseinandergesetzt habe. Leider wird sich das auch mit ihrer neuen Single Mystery Girl nicht ändern, die zwar als Hintergrundmusik prächtig funktioniert, dann aber doch, je mehr man sich konzentriert damit befasst, an Bedeutung verliert. Wie so oft: Tut nicht weh, ginge aber auch ohne. Schade eigentlich.
The Sadies
(sb) Alternative Country - was es nicht alles gibt... Genau in diesem Genre bewegen sich jedoch The Sadies aus Toronto, die heute ihr Album Colder Streams veröffentlichen. Eigentlich war der Release bereits für früher im Jahr geplant, der Tod von Sänger und Gründungsmitglied Dallas Good im Februar sorgte jedoch für die nachvollziehbare Verschiebung. Auf ihrem elften Album verbinden die Kanadier Bluegrass, Country und Blues mit Garage, Psychedelic Rock und Surf-Instrumentals. Mir persönlich ist das Ganze ein bisschen zu wenig stringent, aber ich kann schon verstehen, dass man das gut finden kann. Produziert wurde die Scheibe von Richard Reed Perry (Arcade Fire), was ja durchaus auch für Qualität spricht.
The Brother Brothers
(sb) Schon wieder Bluegrass, dazu Folk und auch countryeske Anwandlungen - The Brother Brothers covern sich quer durch die Musiklandschaft und präsentieren ihre Lieblingskünstler in einer vielseitigen Hommage. Cover To Cover heißt (VÖ: 26.08.) heißt das Album folgerichtig und ist erstaunlich unterhaltsam, gleichwohl meine musikalischen Vorlieben zu weiten Teilen überhaupt nicht getroffen werden. Das ist dann wohl das Los eines Musikjournalisten, oder? Aber wie geschrieben: Die Gebrüder Moss verstehen ihr Handwerk und verstehen es, bekannte Lieder in neue Gewänder zu hüllen und damit zu gefallen. Wer sich das live geben möchte, der kann das demnächst hier tun:
(ms/sb) Wie bekommt man nur all die Mäuler gestopft? Und das ist hier nun keine Frage der Großfamilienplanung. Dies soll hier auch keine Corona- oder Inflationsfrage sein. Viel mehr geht es um eine Partyfrage. Bei entsprechendem Anlass stellt sich genau diese Frage. Sei es ein großer Geburtstag, ein Firmenjubiläum, eine Weihnachtsfeier oder eine Hochzeit oder der Aufstieg. Kommen viele Menschen zusammen und ich bin der Gastgeber, soll niemand mit knurrendem Magen durch den Tag schlendern. Welche Option wähle ich dann? Lasse ich was für ein Buffet mitbringen, bereite ich selbst alles vor oder mache ich es mir ein wenig leichter, aber kostenintensiver, und bestelle einen Cateringservice?! Manchmal kommen die sogar mit eigenem Personal, sodass ich mich selbst um gar nichts mehr kümmern muss. Super Sache. Einmal alles planen und dann sorglos den Abend genießen. Klar ist, dass das kostet. Deren Vorbereitung, Einkauf, Personalkosten, Fahrtwege. Das führt mich zu folgendem, kuriosem Schild, das ich letztens am Straßenrand sah: „Partyservice ab 6,99€“. Hm. Ja. Geil. Das Schild, etwas älter, das Grün des Hintergrunds schon leicht verblichen, die Ränder rollten sich leicht, steht immer dort, es war keine einmalige Sichtung. 6,99€ Also. Erster Gedanke: Uhi, preiswert! Zweiter Gedanke: Tja, was bekomme ich denn wohl dafür an Leistung. Mit Anfahrt, Vorbereitung, deren Einkauf und so. Vielleicht besteht meine Party dann aus kulinarischer Sicht aus einer Scheibe jungem Gouda. Oder eine Cola Light für alle. Ohne Strohhalm. Ich glaube, beim nächsten Mal frage ich einfach nach. So aus Neugier. Und dann gibt’s ein rauschendes Fest. Versprochen!
Von kulinarischen Tiefen in musikalischen Höhen. Deine luserlounge hat selektiert! Voilà!
Melin Melyn (ms) Wichtig und vorweg: Auf der Suche nach neuer, guter Musik, sollte man sich immer an die Menschen vom Hamburger Onlineradio Byte FM wenden. Die haben einen erstklassigen Geschmack! Große Empfehlung! Die entdecken Musik aus scheinbar fernen Sphären. Und diese Musik passt einfach hervorragend in den Sommer, denn sie bringt mehrere Vorteile mit sich. Der Sommer soll eine unbeschwerte, leichte, entspannte Zeit sein. Ich möchte lockere Musik hören, die mich beschwingt und bei der ich nicht viel nachdenken muss. Mir kann auch echt der Text egal sein. Wie gut, dass ich eh kein Walisisch spreche. Das ist die Sprache von Melin Melyn, die extrem gut zugänglichen (ohne allzu eingängig zu sein), leicht psychedelischen Gitarrenpop machen und optisch einer Kreuzung aus Bonaparte und Heilung entsprechen. Tolle Kostüme lassen sich im Video zu Nefoedd Yr Adar sehen. Alles ein bisschen märchenhaft und mystisch und dazu dieser supergute Sound. Das gefällt sehr schnell. Danke, Byte FM!
Lyschko
(ms) Vor einigen Jahren las ich in einer Promo-Mail mal den Begriff „Witch Pop“. Damals habe ich mich schon gewundert. Was soll das sein?! Hm. Ich kam nicht drauf. Vielleicht trifft dieser Begriff aber sehr gut auf Fremd zu, der neuen Single von Lyschko. Dunkel und ein wenig unheimlich ist der Text dieses Liedes, wenn im Dunklen in unbekanntem Terrain seltsame Wesen die Nacht schier unendlich erscheinen lassen. Für dieses Lied holt sich das Trio die Unterstützung von Drangsal hinzu, der diese Art von Musik seit Langem gewohnt ist. Zusammen machen sie Dark Wave auf Deutsch in modernem Gewand, der tanzbar ist und Spaß macht. Ein kurzweiliger Song samt sehenswertem Video ist das Ergebnis dieser Kollaboration. Passenderweise gehen sie zusammen auf Tour. Sicher spielen sie Fremd dann gemeinsam! Gänsehautgarantie nicht ganz unwahrscheinlich.
31.07. Nürnberg, Hirsch 06.08. Berlin, Huxleys Neue Welt 27.08. Karlsruhe, Substage
oldseed (sb) incredible strides (VÖ: 26.08.) ist die neunte Studioaufnahme von oldseed
und wurde während einer dunklen Zeit in den meisten unserer Leben geschrieben.
Die elf Tracks sind sardonische Meditationen über unser kollektives Gefühl der
Niederlage. Gefühle der Angst und Besorgnis, während wir unsere düstere Zukunft
gemeinsam umarmen. Wie können wir uns selbst als Menschheit bewundern, wenn die
Realität viel mehr wie inoperabler Krebs aussieht? Musikalisch durchläuft das Album die ganze Bandbreite an Roots-Pop-Einflüssen. Country, Rock, Elektronik und Jazz werden sparsam eingesetzt, um das charakteristische, herzzerreißende Songwriting von Craig Bjerring auszuschmücken. Wie üblich ist der Kanadier, der seit einiger Zeit in Deutschland lebt, nicht nur unerschrocken, sondern enthusiastisch, wenn es darum geht, diese tiefen, existenziellen Abgründe der menschlichen Erfahrung zu ergründen. Wieder einmal hält Bjerring der Welt einen Spiegel vor, indem er - was noch wichtiger ist - sich selbst einen Spiegel vorhält.
Katrin Achinger
(Ms) Wie gut zugänglich muss Musik eigentlich sein? Und kann man das überhaupt verallgemeinernd festhalten? Sicherlich nicht. Wenn man sich jedoch das Line-Up verschiedener Festivals und das Programm einiger Clubs anschaut, sind viele KünstlerInnen schon so ausgerichtet, dass man irgendwie leicht mitschwingen kann. Darunter hat Katrin Achinger sicherlich keinen leichten Stand, denn ihre Musik sticht schon hervor, ist etwas sperriger, außergewöhnlicher, ungewohnter. Cello und Percussion dominieren das musikalische Geschehen, werden durch Kontrabass untermauert. Über dieses Konstrukt setzt sich Achingers Stimme, die seit 40 Jahren solo oder bei den Kastrierten Philosophen zu hören war/ist. Klar, das funktioniert eher vor kleinerem Publikum und speziellen Läden, dann entfacht ihre Musik aber mit Sicherheit eine große Wirkung. Sie ist irgendwie ein wenig bedrückend und einengend, aber genau dadurch auch unvorhersehbar und stark. Hier lohnt es ganz stark, unvoreingenommen hinzuhören und nicht zu unterbrechen, wenn sie Promise Of Love singt! Bitte:
Ásgeir (ms) Ach, die Isländerinnen und Isländer. Die leben in einer Gegend, die mystisch ist. Faszinierend. Wunderschön. Dass dort außergewöhnliche Musik entsteht, wundert mich nicht mehr, seitdem ich vor einigen Jahren dort gewesen bin. Ásgeir (‚Ausgier‘ ausgesprochen) gehört zu den größeren Namen, die international spielen. Seit vielen Jahren höre ich sehr gerne seine Musik und sah ihn zwei Mal live, beide Male war ich sehr beeindruckt. Er steht für zarte, sanfte, beinahe zerbrechliche Musik, die live jedoch an ungeheurer Wucht zunimmt. Diese Diskrepanz gefällt mir sehr. Nun gibt es Neues und Überraschendes. Denn einen phasenweise düster-poppigen Electrotrack habe ich nicht zwingend von ihm erwartet. Es gilt der alte Grundsatz: Möchte ich immer wieder das Gleiche von KünstlerIn XY hören oder bin ich für Neues aufgeschlossen? Ich finde es gut, dass Snowblind so klingt, wie es klingt. Zudem kann ich mir vorstellen, dass das live performt für eine satte Tanznummer ausgebaut wird. Am 28. Oktober erscheint sein neues Album Time On My Hands und ich bin extrem gespannt, ob die ganze Platte in diese Richtung geht, oder ob sich der alte, zarte, verwunschene Klang dort auch wiederfindet. Im Herbst sind wir schlauer. Bis dahin heißt es: Diesen kleinen Kurzfilm sehen, die isländische Natur bestaunen und mitwippen!
Tom Chaplin
(ms) Musik ist Kunst. Und Kunst entfacht seine Wirkung auf recht unterschiedliche Art und Weise. Klar, man mag davon ausgehen, dass Musik ihre Faszination durch den Klang und die Atmosphäre ausbreitet. Doch, aus meiner Warte betrachtet, gibt es ab und an noch andere Dimensionen, die ein Lied besser wirken lassen. Ja, ich muss gestehen, dass ich ohne dieses Video Midpoint von Tom Chaplin sicher kein zweites Mal gehört hätte, da ich das Lied ein wenig belanglos fand. Doch mit dieser Geschichte zwischen Mutter und Tochter entwickelt das Stück eine Soundtrack-ähnliche Kraft, die das durchaus komplizierte Verhältnis zwischen den beiden untermauert. Das ist schon toll gemacht. Melancholie, du bist und warst und bleibst ein wichtiger Faktor für kreative Kraft in der Kunst. Ich denke nicht, dass ich mir das gleichnamige Album des Keane-Sängers am 2. September kaufen werde, aber dieses Lied in Verbindung mit dem Bewegtbild ist unglaublich gut in Szene gesetzt!
(sb) Vor 26 (!) Jahren habe ich mir im WOM in München die Single Popular von einer aufstrebenden amerikanischen Indie-Band namens Nada Surf gekauft. Seitdem habe ich Matthew Caws und seine Kollegen zwar auf dem Schirm, höre ihre Musik immer wieder gerne und leidenschaftlich - und doch dauerte es bis gestern, dass ich die Band zum ersten Mal live sehen durfte. Und welch besseren Rahmen als das bezaubernde Conrad Sohm in Dornbirn hätte es dafür geben können?
Brett Newski mit seiner Band
Eröffnet wurde der Abend jedoch von Brett Newski und seiner Band. Ich habe mittlerweile ja wirklich hunderte Konzerte gesehen, aber was der Amerikaner da auf die Bühne gezaubert hat, schafft es aus dem Stand in die Top 5 Support Acts, die ich bislang erleben durfte. Wunderbarer Alternative Rock, intelligente und äußerst pointierte Texte, dazu ein überaus sympathisches Auftreten - keine Frage: Der Kerl sollte berühmt sein! Dass er musikalisch zudem wie die Faust aufs Auge zu Nada Surf passt, animierte doch schon recht viele Leute, dem Konzert beizuwohnen und ihre Begeisterung kundzutun. Newski hat gestern sicher einige Fans und Follower dazugewonnen und das nicht nur, weil er während seines eigenen Konzerts durch die Reihen ging, um mit jedem einzelnen Zuschauer abzuklatschen.
Um 21 Uhr war es dann so weit: Nada Surf enterten die Bühne und die Magie nahm ihren Lauf. Ich gebe zu, dass ich nicht jedes der gespielten Lieder kannte, aber geschenkt. Diese Stimme, diese Emotionen, diese Melodien. Wie schön kann Musik eigentlich sein?
So Much Love, Beautiful Beat, Always Love, das Pixies-Cover Where Is My Mind, Lá Pour Ça - Nada Surf lieferten eine abwechslungsreiche Show ab und das Publikum liebte sie dafür. Für mich persönlich stellte natürlich besagtes Popular einen ebenso emotionalen wie nostalgischen Höhepunkt dar, meine Lieblingslieder Inside Of Love und See These Bones durften aber ebenso nicht fehlen.
Nada Surf im Conrad Sohm
Zum neuen Song Mathilda erklärte Caws, dass es für ihn stets eine Hilfe gewesen sei, sich auf seinen Vater verlassen zu können. Dieser habe ihm stets den Rücken gestärkt, auch wenn er als Kind und Jugendlicher von anderen wegen seiner weichen Art gehänselt wurde. Es folgte ein hinreißender Appell an alle Väter, seine Söhne so zu akzeptieren und respektieren, wie sie sind und sie gut zu behandeln. Sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ließ mich beim Gedanken an meinen 5-jährigen Filius aber trotzdem schlucken. Weise Worte eines Mannes, der es damals sicher nicht leicht hatte, sich in dieser ach so männlich dominierten Welt zu behaupten. Einen entsprechend frenetischen Applaus erhielt Caws auch für sein Bekenntnis.
Mit Blonde On Blonde und Blankest Year wurde das Set abgeschlossen, ehe Blizzard Of '77 im Akustikgewand nochmal zu Tränen rührte. I miss you more than I knew. Bin ich froh, dass ich das gestern erleben durfte... Danke für diesen wundervollen Konzertabend!
Quelle: facebook.com/pascowband , Andreas Langfeld
(ms) Faszination. Das ist ein treibender Motor beim Musikhören. Das Schöne ist, dass sie so schwer zu beschreiben ist. Besser: Man muss sie gar nicht beschreiben. Sie ist einfach da und reißt einen in den Bann. Wir müssen das gar nicht verstehen, es passiert einfach. Irgendwas zwischen Hirn und Herz wird angezündet und brennt dann. Ab dem Zeitpunkt findet man Dinge einfach gut. Oder brillant. Oder man steht mit im besten Sinne verständnisloser Mimik vor einer Bühne und ist völlig paralysiert. Was da genau zwischen den Musikern und dann wiederum zwischen Band und Publikum entfesselt wird, ist unklar. Aber es ist stark, beeindruckend, wichtig, faszinierend.
Vor drei Jahren habe ich Pascow für mich entdeckt. Was für eine irre Band. Im Grunde genommen kenne ich auch nur die Alben Jade und Diene Der Party. Ich werde nicht satt, diese beiden Platten zu hören. Langsam muss ich mich mal an die älteren Werke der Saarländer tasten. Da ruhen noch Schätze, deren Wirkung ich nur erahnen kann. Noch nie zuvor habe ich diese Art von aggressiver, treibender, unbändiger Energie gehört, erlebt.
Vor drei Jahren sah ich sie dann in Osnabrück zum ersten Mal und war schon völlig perplex, was an diesem Abend passiert ist. Da herrscht ein Band zwischen der Band und dem Publikum, das ich so noch nicht erlebt habe. Als ob man sich seit Jahren kennt, zusammen zur Schule und durch Dick und Dünn gegangen ist. Eine verschworene Gemeinde. Und ich bin mehr als froh, dass ich da reinschauen durfte. Da braucht das Publikum nur ein Stichwort und alle singen auswendig alles aus voller Kehle mit. Wenn Leidenschaft noch steigerbar ist, dann ist man abends auf einem Konzert von Pascow.
Am vergangenen Freitag waren sie in Kiel. Seit zweieinhalb Jahren habe ich eine Karte für dieses Konzert. Es wurde zigfach wegen Corona verschoben. Erst wegen der allgemeinen Bestimmungen, dann gab es im April einen Fall in der Band… nicht endende Scheiße. Also direkt nach der Arbeit los. Mit dem Zug am Freitagnachmittag über Hamburg zu 9€-Zeiten. Es war okayer als befürchtet. By The way: Ich bin großer Freund der Jugendherbergen. Auch die in Kiel ist großartig! By The way 2: Wenn man in Kiel einen Kiosk eröffnen sollte, ist dies eine Goldgrube. Gibts anscheinend in der Innenstadt nicht. Dafür Kreuzfahrttouristen und Shoppingmalls. Na gut.
Mitten in der Stadt dann Die Pumpe. Ein toller Laden! Industriekultur in einer etwas faden Stadt. Ich bin Fan. Und wenn ein halber Liter Helles 3,80 und die gleiche Menge Beck‘s 5,20 kostet, weiß man eh, dass es gut ist. Mit einem blauen Shirt war ich beinahe schon ein Paradiesvogel an dem Abend. Es wurde fast einheitlich schwarz getragen. Fein. Den Abend eröffnete Angora Club. Was für ein Brett! Die Band hat einfach zwei Bassisten! Das habe ich auf über 300 Konzerten noch nie gesehen. Irre. Zum Teil sangen sie auch zu zweit. Logisch, dass das ein heißer Ritt war. Eine Band, die man unbedingt auf dem Schirm haben sollte, wenn man satten, kompromisslosen Gitarrenrock mag.
Um 22 Uhr dann Pascow. Sie haben nur gut 80 Minuten gespielt, aber mehr hätte ich sicher auch nicht ausgehalten. Was für ein dichter, enormer, energiegeladener Auftritt. Dafür fehlen mir echt die Worte. Was die vier Typen da auf der Bühne abreißen, ist nur noch wild. Die Härte, das Tempo und die Kompromisslosigkeit der Gitarren sagen mir mehr als zu. Es ist und bleibt Faszination. Besser kann ich das nicht ausdrücken. Ab dem ersten Ton wurden die Instrumente bearbeitet und die Menschen drehen durch. Sehr rücksichtsvoll, sehr fulminant. Der Hauptteil der Lieder des Abends lag (für mich zum Glück) auch auf den letzten beiden Platten, doch auch der Rest hat alle mitgerissen. Ich muss gestehen, das ich oft nicht ganz so viel von dem verstehe, was Alex da ins Mikro brüllt, schade, aber auch ein bisschen egal, denn… es bleibt Faszination bei einem Abend, wenn Pascow live spielen. Ich bin nun süchtig.
(sb/ms) Das sollte hier ein ganz beschwingter Beginn werden. Ein paar lockere, sorgenlose Zeilen, um den Platz zu füllen. Damit die Konzentration sich auf das Wesentliche, die Musik, bündeln kann. Doch leider geht das nicht. Nach dem ersten Mal in dieser Woche dachte ich, dass es ja nicht so wild sei. Also in dem Moment war ich super aggressiv, aber später dachte ich mir: Okay, kann passieren. Dann ist mir das Gleiche aber zwei Tage später nochmal passiert. Das Ergebnis ist, dass ich das Vertrauen in fremde Menschen im Straßenverkehr vorerst verloren habe. Und ich war beide Male wirklich entsetzt und habe die Verursacher (keine Genderanpassung notwendig) lautstark angeschrien. Das ist mir so noch nie vorgekommen, dass ich fremde Menschen wirklich und ernst gemeint und überzeugt angebrüllt habe. Denn zwei Mal in dieser Woche wurde ich auf dem Rad beinahe von Autos angefahren. Es handelte sich wirklich um Centimeter. Zwei oder drei. Beide Situationen waren offensichtlich und ich im Recht. Ist so. Am Dienstag war ich nachmittags mit dem Rennrad unterwegs. Das war dann der Moment, den ich noch irgendwie verstanden hätte, da ich schon zügig war. Aber er hätte einfach nur da anhalten müssen, wo es für Autos vorgesehen war. Das zweite Mal am Donnerstag war super stumpf. Ich auf dem Radweg, er wollte rechts abbiegen und war langsam unterwegs und wollte mich wohl in Slowmotion wegkegeln, ich hatte deutlich grün. Argh! Diese sorglosen Menschen im Straßenverkehr. Ich traue ihnen nicht mehr. Traurige Durchsage: Ende.
Mush (ms) Zu einer wichtigen Zeit befand ich mich offensichtlich in einem musikgeographischen Loch. Viele Bands, die zum Britpop gezählt werden und die, die später in einer ähnlichen Gangart Musik gemacht haben und dies immer noch tun, habe ich nie gehört. Vieles hat mich einfach null angefixt, obwohl ich bei einer gut sortierten Indieparty leidenschaftlich skandierend dazu tanze. Nun kommen Mush aus Leeds daher, die heute ihr Album Down Tools veröffentlicht haben. Schnodderiger Gitarrenrock, der mal nach vorne geht und dann wieder ziemlich fein zurückgelehnt ist. Warum es mir so gut gefällt, kann ich auch sagen. Denn es ist oft auf sympathische Art schief und krumm. Zudem erinnern sie mich extrem stark an Art Brut, die einzige britische Gitarrenband, die ich je intensiv gehört habe. Hier ist also eine starke Platte zwischen Nostalgie, Egal und gemütlich trinkend auf der Tanzfläche schwoofen.
Hansesong Festival (ms) Schon Pläne für den Herbst? Nein, ich auch nicht. Der 5. November ist ja auch noch etwas hin. Obwohl das Wetter dieser Tage hier im Norden einen kleinen Vorgeschmack auf eben jenen Tag bieten könnte. Anfang November pilgern wir dann alle nach Stade, okay? Ja, es gibt nicht viele überzeugende Gründe, warum man das tun sollte. Vielleicht das Müssen Alle Mit-Festival Ende August. Ansonsten sehen wir uns dann ja alle gemeinsam beim Hansesong Festival. Das wird verteilt in der ganzen Stadt ausgetragen und könnte ein phantastisches Ereignis werden so zur Spekulatiuszeit. Denn ganz viele tolle Bands werden dann in die Kleinstadt reisen, um uns zu beschallen. Beispielsweise Maeckes, Fortuna Ehrenfeld, Sophia Kennedy, Jochen Distenmeyer oder Der Nino Aus Wien. Popkonzerte in Museen und Kirchen, das den ganzen Tag über. Ein Ereignis, das wir uns alle fett im Kalender markieren sollten. Also: Dicken Pulli schon mal rauslegen und die Winterjacke nochmal in die Wäsche. Wir sehen uns!
Karin Park (ms) Was soll man sich denn nur als erstes anhören, wenn man eine neue Band entdeckt? Insbesondere wenn es um Musikerinnen oder Musiker geht, die schon ein wenig länger dabei sind. Welches Album taugt, welches sind die wirklich starken Lieder abseits der Singles? Tja, das weiß man am Anfang halt nicht. Zum Glück veröffentlichen viele Bands irgendwann ein Best-Of, ohne das es das Ende der Karriere besiegelt. So auch Karin Park aus Schweden. Die Musikerin kannte ich vorher nicht, aber nun ist ein Album in der Pipeline, das ihr Schaffen auf persönliche Art und Weise zusammenfassen wird. Am 7. Oktober (okay, es dauert noch ein bisschen) erscheint Private Collection und passender könnte der Name für diese Platte gar nicht sein. Denn auf diesem Album versammelt die Musikerin Lieder aus ihrer Schaffenszeit und arrangiert sie auf reduzierte Art neu. Wie klingt Karin Park denn nun? Puh, das ist schwer zu sagen. Sie nutzt ihre einprägsame, markante Stimme, allerhand Synthies und Orgeln und immer wieder wuchtige Rhythmusinstrumente. Sie hat eine alte Kirche als Tonstudio umfunktioniert, um so noch besser den Klag ihrer charakteristischen Musik einzufangen. Akustik ist alles. Mit diesem Werk lässt sich eine extrem vielseitige Musikerin sehr, sehr gut entdecken, falls das noch nicht geschehen ist.
Summer Tales (ms) Okay, die folgende Aussage mag aufgrund der Namensgebung dieses Blogs ein bisschen seltsam klingen, aber: Loungemusik ist ja das Allerletzte. Dieses furchtbar langweilige Geplärre, was beim Einkaufen - oder noch viel schlimmer - in irgendwelchen Frühstückscafés nach gewisser Zeit tierisch auf die Nerven geht. Das ist hier ganz wichtig: Summer Tales, eine Kompiliation vom vielseitigen Label Deutsche Grammophon, ist eindeutig keine Loungemusik. Hinter dem sehr entspannten bis tanzbaren Sampler steckt viel mehr als astreine Musik. Es steckt ein Wille dahinter. Der Wille, Klassiker in den modernen Sommer zu holen. Und das gelingt auf diesen zehn Stücken doch ganz herausragend. Wenn der Schwanensee als poppige Nummer von Someone daher kommt, da will ich nicht zum Buffet laufen, sondern mich im Träumen verlieren. Der Karneval Der Tiere wird plötzlich eine saubere Electronummer von David Douglas und Einkaufen will ich dazu wirklich nicht, sondern die Nächte durchtanzen. So ist das nun mal, wenn ein derart geschmackssicheres Label ein Projekt umsetzt. Dann ist das alles schon sehr stimmig und das Ergebnis macht sehr viel Spaß! Das hier ist keine Loungemusik, sondern Kunst, Baby!
(Ms) Irgendwas heckt das Grand Hotel van Cleef für den 25. August aus. Es wird sicher irgendeine spezielle Ankündigung zum 20-jährigen Geburtstag geben, irgendein Ereignis wird folgen. Die Frage ist nur: Welches?! Ein Openair in diesem Sommer halte ich für sehr unwahrscheinlich, zwei andere Dinge jedoch im Rahmen des Machbaren. Das erste könnte eine gemeinsame Tour von Kettcar und Thees Uhlmann sein. Nur so ins Blaue hineingedacht. Für noch ein bisschen wahrscheinlicher halte ich, dass das Fest van Cleef wiederbelebt wird. Auch das ist nur reine Spekulation. Die luserlounge verfügt nicht über spezielles Sonderwissen. Das Fest van Cleef war eine Art Mini-Tour mit einem Riesentross. An vier, fünf Tagen im Winter sind sie schon mal mit sieben, acht Bands durchs Land getingelt. Ich fände es phantastisch, wenn sie das wieder auf die Beine stellen würden. Und natürlich sofort dabei. Bis dahin haben Kettcar am vergangenen Wochenende offiziell ihre letzten beid en Konzerte für dieses Jahr gespielt. Und da lasse ich mich ja nicht lumpen…. Da muss ich hin!
Freitag, 1. Juli, Hamburg, Molotow
Wenn ein bedeutender Club Geburtstag feiert, müssen gute Gäste her. Das Molotow hat sein 30-jähriges Bestehen gefeiert und Kettcar haben schnell zugesagt. Nun müssten an dieser Stelle selbstredend lobende, anerkennende Worte zum Geburtstagskind fallen. Nun muss ich mich aber outen und muss feststellen, dass ich mich mit dem Molotow als eher unregelmäßiger Hamburgbesucher nicht ausreichend auskenne, um hier Derartiges zu schreiben. Ja, erst Esso-Häuser, jetzt neuer Standort. Sonst weiß ich nichts. Nur, dass das Molotow mit einigen wenigen anderen Läden wie dem Knust (an dessen Geburtstag Kettcar übrigens auch mal gespielt haben) und dem Übel & Gefährlich die Fahne in Hamburg noch hoch halten. Das Docks und die Große Freiheit haben ja das Lager gewechselt. Nun gut. Also am Freitag ab zum Molotow. Und was war das für ein wilder Spaziergang aus Richtung Hauptbahnhof. Denn am Wochenende fand wohl einer der absoluten Vernichtungsveranstaltungen für das kulturelle Leben statt: der Schlagermove. Hilfe. Das reine Grauen. Also in den dortigen Innenhof geflohen, wo es Bier aus Salzhausen und viele entspannte Menschen gab. Den Abend eröffnete Shitney Beers, die mit hoch-melancholischen Liedern unter anderem übers Furzen in der Beziehung das Publikum bekehrte. Ein sehr sympathischer Auftritt bleib haften. Wie der Auftritt von Kettcar danach einzuordnen ist, weiß ich gar nicht so sehr. Klar, an Sympathie mangelt es nicht, ich habe sie mir da ja nicht umsonst zum 31. Mal angesehen. Aber ich hatte den Eindruck, dass es ein wenig verkrampft war. War die Bühne zu klein oder der Druck so groß? Irgendwas war auf jeden Fall los. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht so befreit aufspielen konnten. Ansonsten war das natürlich ein super Konzert von Balu bis Benzin Und Kartoffelchips. Hamburg, 8 Grad, Regen scheinen sie für diese Konzertsaison mit ins Programm aufgenommen zu haben und Reimer hat mal wieder Schoten ohne Ende erzählt. Traumhaft, sehr schön. Aber bis morgens um acht haben sie sicher nicht auf der anschließenden 80er-Jahre-Party getanzt, denn…
Samstag, 2. Juli, Wehye, Aufmucken Gegen Rechts
… sie waren laut eigener Aussage tags drauf ab 11 Uhr in Wehye bei Bremen, um beim Aufmucken Gegen Rechts zu spielen. Das ist ein Openair, das schon seit vielen Jahren dort stattfindet. Schade, dass es immer noch stattfinden muss, aber in der Gemeinde gab es erst kurz vorher faschistische Schmierereien. Ekelhaft. Und gegen Nazis und Faschos und Idioten kann man nie laut genug sein. Da wir jedoch den Mittag noch an der Elbe verplempert haben, waren wir erst am frühen Abend da und haben leider ein paar Bands verpasst. 100 Kilo Herz hörten wir beim Betreten des Geländes. Sauberer Ska-Punk der alten Schule, mit dem man nie was falsch macht. Das erste ganze Konzert für uns war dann Grillmaster Flash. Ja, sein aktuelles Album fand ich nicht so berauschend, doch seine Entertainerqualitäten sind enorm! Er pflegt einen eigenen, etwas schrägen Humor, auf den man sich einlassen muss, aber dann kommt der Spaß von ganz allein. Bei brutzeligen Temperaturen gab es Geschichten aus Sottrum und Bremen-Nord oder ein Tauben-Mantra (ja, echt!). Zudem fiel kurz vorher sein Schlagzeuger aus und jemand aus dem Ort sprang kurzfristig ein. Wie geil ist das denn?! Diesem Typen gebührt alle Ehre, er hat einen astreinen Job gemacht. Zwischendurch hat Kettcars Fieten auch noch ausgeholfen. Alle fühlten sich sichtlich wohl! Sehr schön! Das kann man auch vom Publikum behaupten, es ging überall extrem entspannt zu. Und die meisten Menschen haben auch recht geduldig an den Getränkewagen gewartet. Das Team dort war leider heillos unterbesetzt und die Leute waren durstig. Ja, einige ein bisschen zu durstig in meinen Augen. Es war super warm und einige Herren zwischen 30 und 50 konnten ihren Bierkonsum anscheinend nicht mehr so gut kalkulieren, sodass sie zu späterer Stunde extrem voll und auch sehr rücksichtslos gewesen sind, was das Tanzen im Publikum anbelangte. Kleine, aber wichtige Randnotiz. Um halb acht ungefähr spielten dann Neonschwarz. Die habe ich auch schon häufig gesehen. Und trotz, dass ich das neue Album so gut wie gar nicht kenne, wusste ich im Vorhinein, dass das eine super Party wird. Denn die Schwizzys wissen halt, wie das geht. Und das haben sie dann auch gezeigt, wie Rap zwischen Jogginghosenleben und Antifa funktioniert. Großartig. Den Vieren auf der Bühne ist stark anzusehen, wie sehr sie hinter ihrer Musik stehen, wie viel Lust sie dazu haben und was für eine eingespielte Gruppe sie auch sind. Nach anfänglichen Tonproblemen haben sie die Wiese in eine wilde Tanzfläche verwandelt. Das hat einfach nur Spaß gemacht. An dieser Stelle muss auch ein Lob an die Veranstaltenden raus. Dass sie es mehr oder weniger im Nirgendwo schaffen, ein Ein-Tages-Festival mit ziemlich gutem Line-Up ehrenamtlich auf die Beine zu stellen, zeugt von viel, viel Leidenschaft und Engagement. Super! Weiter so! Um neun Uhr dann also Kettcar. Nummer 32 für mich. Und vielleicht eines der Top 5-Auftritte, die ich gesehen habe. Es herrschte eine gänzlich andere Leichtigkeit auf der Bühne als noch 24 Stunden vorher in Hamburg. Was hatten die fünf Typen Bock! Das war einfach nur schön zu sehen! Sie strahlten alle um die Wette und legten sich ordentlich ins Zeug. Reimer hat mal wieder Kamellen zum Besten gegeben und posierte später sogar in Donots-Manier, laut Marcus. Da standen fünf Kerle auf der Bühne, denen der Spielspaß bei den älteren, den politischen und auch bei den Liebesliedern ins Gesicht geschrieben stand. Und das haben sie auch geäußert, sie fühlten sich vor Ort offensichtlich sauwohl! Wie schön, dass das auch im Publikum zu spüren war. Von Deiche bis Den Revolver Entsichern war das ein supergutes Konzert. Im Rücken der Besucher ging die Sonne unter, überall strahlend gut gelaunte Menschen, die vereint, dass immer aufgestanden werden muss, wenn von rechten Spacken stumpfe Parolen ertönen.
(Sb/ms) Einmal zurück gespult in die Studienzeit: Oh, man. Was war ich informiert. Was habe ich an Zeitungen und Magazinen gelesen. Wie viel Zeit war da. Ja, die ZEIT habe ich - wenn es gut lief - in weiten Teilen durchgelesen. Ich habe mir wirklich eine Meinung gebildet, abgewogen, es gab gute, brennende Diskussionen. Mit und ohne Bier. Die meisten jedoch nicht an der Uni, weil die Menschen in meinem Studiengang erstaunlich unpolitisch waren. Was habe ich auf die drängenden Fragen der Zeit gepocht. Was hatte ich für Erwartungen an eine Veranstaltung wie den G7-Treff in Elmau dieser Tage. Ehrlich wissbegierig habe ich Dinge nachgelesen, weil es mir wichtig erschien. Und nun?! Momentan sind wilde Tage im Job, da bin ich froh, wenn ich etwas Zeit habe, um aufmerksam Musik zu hören. Die dünne Berichterstattung hier ist der Beweis. Doch dann. Dann fiel es mir ein. Eine Sache ist mir aus dem aktuell zu Ende gegangenen Gipfel an den Alpen doch im Gedächtnis geblieben. Und ich finde es gar nicht mal so unwichtig. Dennoch mag es profan klingen: Es ist das Logo der Veranstaltung. Das finde ich genial! Es ist auf der einen Seite extrem schlicht und sehr, sehr elegant. Auf der anderen Seite finde ich es zudem ausdrucksstark. Das in sich verschmelzende G und die 7, wobei das G dann zusätzlich für das Gastgeberland steht. Richtig pfiffig. Sehr gut gemacht. Da gäbe es sicher auch einen Kommentar in der ZEIT zu.
Wie gesagt: Wenig Zeit ergibt wenig neue Musik. Aber immerhin. So startet ihr noch schneller ins Wochenende.
Moonpools
(Ms) Ich komme nicht drauf. Ich komme nicht drauf. Verdammt nochmal, ich komme nicht drauf. Woher kommt mir denn dieser Klang so unfassbar bekannt vor? Ja, vertraut beinahe? Ich komme nicht drauf. Es ist auf jeden Fall ein Rückspiegel in den satten, synthesizergetränkten Poprock der 80er und der Weiterentwicklung seiner heutigen Spielart. Und dann durchfährt mich der Erkenntnisschauer durch Mark und Bein: Da steckt eine ganz schwer zu bemessene Portion Nada Surf drin. Und das ist genau der Punkt, der mich bei Moonpools so sehr packt. Leider kann ich diesen Punkt nicht so gut in Worte fassen. Es ist Dichte, sanfte Dynamik und ich höre ganz viel Aufrichtigkeit dabei heraus. So ungefähr. Das gefällt mir extrem. Da spricht durch den tollen Zusammenklang der Instrumente plus den wunderschönen Gesang von Marcie Nyffeler etwas aus den Boxen, was mich berührt. Etwas, das eine Ecke in mir anspricht, die sofort Feuer und Flamme ist, wenn am 19. August ihre EP Damaged Goods erscheinen wird. Das Quintett aus Basel hat da etwas ganz Großes in der Pipeline. Das ist deutlich zu hören!
Frittenbude
(ms) Nach dem ersten Hören dachte ich: Uff. Nach dem zweiten Hören dachte ich: Puh! Nach dem dritten Hören jedoch dachte ich: Ja, okay, bei 1,8 Promille werde ich definitiv dazu tanzen, keine Frage. Ich werde auch den billigen Refrain mitgrölen und es irgendwie geil finden. Dann sehe ich mich wieder als 18- oder 22-jährigen ZEIT-Leser, der die Wochenenden durchtanzt und dolle intellektuelle Debatten führen kann. Und dann kommt die Erkenntnis: Braucht es das noch? Brauche ich heute einen neuen Soundtrack, um mich in diese Phase meines Lebens zurück zu katapultieren? Und die Antwort ist klar: Auf gar keinen Fall. Eine Band wie Frittenbude brauche ich heute auf keinen Fall mehr. Die Phase war damals schon sehr übersichtlich abgesteckt: ein bisschen Elektropunk und ein bisschen gegen Deutschland sein für die Coolness, aber tja… gibt mir heute gar nichts mehr. Bin ich spießig geworden?! Puh, schwer zu sagen, kann sein. Irgendwie beachtlich jedoch, dass die Gruppe Frittenbude jetzt (wieder) einen Sound kreiert wie zu Das Ist Kunst-Zeiten. Nun gut, alles klar. Schön schön. Aber ohne mich.
Gorillaz
(ms) Ein Projekt jedoch wird nie aufhören, cool zu sein. Dafür würde ich mit meinem guten Namen bürgen. Das kann einfach nicht sein, dass die Gorillaz irgendwann über einen längeren Zeitraum Schrott rausbringen werden. Eine Idee, dir bar jeder Vorstellung ist. Nein, das geht nicht in meinen Kopf rein. Und das aus einem ziemlich simplen, aber sehr guten Grund: Damon Albarn ist ein verdammtes Genie. War er immer schon. Ist er. Wird er sein. Zu einhundert Prozent. Wie kann man nur derart kreativ sein und dann auch noch auf so vielen Ebenen astreine Qualität an den Tag legen?! Schleierhafter Neid. Das aktuelle Ding heißt nun Cracker Island. Und die Einfachheit des Liedes ist seine immense Stärke. Denn eines wusste Albarn immer schon: Es kann nie zu wenig Bass geben. Daher sollte dieses Stück in jedem Fall über eine sehr satte Anlage oder über sehr gute Kopfhörer gehört werden. Und dann schön laut. Und dann wird erneut klar: Wie lässig kann (im weitesten Sinn gefasste) Popmusik eigentlich sein?! Tja, keine Ahnung, Worte habe ich dafür nicht. Aber dafür einen superstarken Track. Wer genau Thundercat ist und was diese Person auf dem Stück beiträgt, weiß ich nicht und ehrlich gesagt ist es mir auch völlig wumpe. Denn. Das. Geht. Ab.
L'Entourloop
(sb) 20 Tracks, 27 Gastmusiker*innen, 75 Minuten Spielzeit - L'Entourloop verfahren auf ihrem neuen Album La Clarté Dans La Confusion nicht gerade nach dem Motto "Geiz ist geil". Dem Hörer wird eine schweisstreibende Hip-Hop-Reggae-Dancehall-Druckwelle in die Gehörgänge geschwemmt, der man nur schwer auskommt. Das gute Stück ist durchsetzt von etlichen Filmsamples, neben der Musik ist also auch für Rätselfreunde einiges geboten. Lebensfreude & Rhythmus - das Album ist eine wahre Liebeserklärung an die Soundsystem-Kultur und drängt sich als Soundtrack für den Sommer auf.
Superorganism
(Ms) Okay, enden wir die heutige Selektion mit einer kleinen musikkulturellen Fragestellung: Warum ist die Popkultur heute eigentlich eine Rapkultur und wo finde ich noch eine geil-abgefahrene Gegenerzählung? Zum ersten: Tja, es scheint einfach cool zu sein. Rap scheint sich insbesondere auf den internetbasierten Plattformen (ich vermeide mal absichtlich den Begriff ‚soziale Medien‘) extrem gut verkaufen zu können. Bildstarke Videos, ein Schönheitsideal, das bei den Jungs und Mädels ebenso gut ankommt, derbe Texte und selbstredend kurze Lieder, damit sie möglichst schnell bei Spotify gezählt werden können, ohne komplett angehört werden zu müssen. Hinzu kommt eine schön perverse Marketingstrategie. Eistee scheint der Shit überhaupt zu sein. Nicht umsonst sind Capital Bra oder Shirin David damit enorm erfolgreich. Zuckerzeug für die Kids. Old but Gold. Kleines Werbe-Einmaleins. Dabei gibt es doch wirklich super groovige, extrem innovative… tja… Pop(?)musik. Passt der Begriff dann noch für die Musik, die eigentlich mal dafür vorgesehen war? Eigentlich nicht, oder? Wie also Superorganism beschreiben? Futuristischer, internationaler Cloudelectro? Meinetwegen. Das Quintett aus dem Internet hat nun sein zweites Album am Start. Am 15. Juli erscheint World Wide Pop und ich wünschte es mir so sehr, dass genau dieser unbeschwerte, leicht bescheuerte, überbordende Sound die Jugend packen würde. Tja, so ist es leider nicht. Dann machen wir das halt.