von Michi Bär
Island erlebt gerade ein Sömmermärchen.
"Never wake me up from this dream, please never wake me up", japst die Stimme der entfesselnten Begeisterung, Gummi Ben, der isländische Kommentator nach dem Sie bei der UEFA Euro gegen England im Achtelfinale. Mit schnörkelosem Passspiel, geradlinigem Abschluss und unbändigen Kampfgeist und Einsatzwillen schlägt das gerade mal knapp über 320.000 Einwohner zählenden Land gerade die Großen Europas.
So entstehen Heldengeschichten. Der Trainer, der seine Brötchen als
Zahnarzt verdient. Der Torwart, eigentlich Filmregisseur im wahren Leben.
99,8% der Bevölkerung haben das Spiel gegen England gesehen, man kennt sich.
Circa 10.000 Isländer kommen in die Stadien und malen die Ränge
blau. "Es ist, als wenn deine Familie hier wäre. Die Hälfte der Leute
kenne ich wahrscheinlich", sagte Abwehrspieler Kari Arnason.
Ob auch jemand aus der Mannschaft einen der vier Bandmitglieder der aufstrebenden Band KALEO persönlich kennt? Es wäre eine Überraschung wenn dem nicht so sei. Sind die vier um Bandleader und Sänger JJ Julius Son nämlich nun auch in die Gehörgänge vieler Menschen weltweit vorgedrungen.
Das liegt vor allem an dem bereits 2014 erschienenen zartsüßen "All the pretty girls". Ein absolut eingängiger und fesselnder Song, der das letzte Jahr musikalisch bereits maßgeblich mitbestimmte in Kennerkreisen.
Nun kommt das Debütalbum "A/B". Es ist insofern bemerkenswert, da es auch als A und B Seite verstanden werden kann.
Die Lieder 1-5 sind allesamt bluesy and folky, Schrammelbretter an denen man sich stößt und dennoch irgendwie in den Mainstream ein wenig hineinpassen. Die sperrigen Riffs machen richtig Lust das Ganze live zu erleben. Highlights sind "Hot Blood" und "No Good".
Die zweite Seite wird vom lebensverändernden "All the pretty girls" angeführt, dass so klingt, als würde man den ganzen Sommer durch den Sonnenuntergang mit schönen Menschen fahren und das vorbeiwehende Getreide träumend durch seine Finger gleiten lassen. Auch "Automobile" als Bluegrass - Country Nummer geht zackig in die Ohren und wohl auch ins Radio / Charts. In "Save Yourself" entfaltet sich die Schönheit in dem zarten Kontrast zur ersten Hälfte, ganz sicher Stammspieler in jeder Acoustic Playlist 2016.
Was bleibt ist eine Berg- und Talfahrt an Stimmungen, so wie das Leben. Das Album zeichnet sich durch abwechslungsreiches und großartige Arrangements aus, dass mit der Unterstützung von Produzent Mike Crossey (u.a. Arctic Monkeys) nun der Rückenwind wohl nicht mehr zu nehmen ist.
Ach, wer will diesen Sommer nicht Isländer sein?
Jeder kennt jeden, zumindest fast. Man hält zusammen und sorgt für irrsinnige Begeisterung.
Mehrfach. Weltweit.
Don´t wake my up from this sweet islandic summer 2016.
Wer noch nicht genug Island hat, gönnt sich auch seinen isländischen Namen hier:
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