Donnerstag, 21. Mai 2015

Captain Capa - "Death of a Hydra" EP

Quelle: Audiolith / Martin Ludewig
(ms) Aus Hannes und Maik wurden Hannes, Mario und Marco. Sie hießen vorher Captain Capa und heißen es immer noch! Aber Moment, die kenne ich doch, oder? Captain Future, Captain America, Captain Gips, Captain Beefheart, Captain Planet, Captain Jack, Captain Scarlet und die Rache der Mysterons, Captain Harlock. Man verliert schnell den Überblick bei den ganzen Captains. Die Hälfte davon sind Musiker, die anderen Superhelden und der Rest Titel von irgendwelchen Sience Fiction-Filmen, die wohl nie irgendwer gesehen hat. Verwechseln sollte man sie auf keinen Fall mit Captain Gips und Captain Planet, die wir beide auch sehr mögen!
Capa haben also nun eine neue EP am Start, die am 22. Mai via Audiolith das Licht der Welt erblicken soll. Sie soll die Erweiterung zum Trio musikalisch mit einem Release begründen. Aber nicht nur das, der Sound insgesamt ist auch völlig neu. Bislang war es eine Mischung aus Electro, Techno, Pop gepaart mit englischen Texten. Jetzt ist alles ein bisschen fetter, basslastiger, größer, tanzbarer, aber auch unübersichtlicher. Wie, das geht geht bei nur drei Songs?
Ja, das geht sogar ziemlich gut, wenn man sich "Death of a Hydra" mehrfach hintereinander anhört. Der erste Eindruck ist: Das ist nie und nimmer die gleiche Band, die diese drei Tracks gemacht haben, das geht doch gar nicht. Doch, das geht. Und man kann durchaus gespalten sein, was man damit anfangen soll.


3 Songs. 3 Stilrichtungen. 3 mal aufmerksam hinhören. 3 mal sich überraschen lassen.
"Haruka" ist ein Techno-Electro-Song, der am ehesten an die bisherigen Veröffentlichungen anknüpft. Insgesamt ist der Sound aber aggressiver, klingt mehr nach Großstadt und Strobo-Licht. Durchaus ein Hit, der demnächst in deinem Lieblingsclub zu späterer Stunde laufen kann.
"Vipera" hingegen ist eine leichtere Pop-Nummer, die auch tagsüber durchaus auf 1Live laufen kann. Am ehesten massentauglich entpuppt es sich nach dem vierten, fünften Hören als Schwachpunkt der EP. Ein Song, der leicht ins Ohr geht, aber auch nicht dort bleibt.
"42 Summers" überrascht dann doch auf einmal richtig stark. Wo kommen die Gitarren und das Schlagzeug her? Wo sind die Synthies hin verschwunden? Okay, nach dem stürmischen Beginn, sind sie wieder da. Es könnte der Soundtrack für den Sommer, einen Teenie-College-Film oder für einen berauschenden Abend sein. Erst gewöhnungsbedürftig, dann geht's in Mark und Bein über.

Was also halten von einer 3-Track-EP, die in sich unterschiedlicher kaum sein kann?
Eine gute Frage. Und nach langem Grübeln kann man eigentlich nur sagen, dass es ein kreatives und facettenreiches Ergebnis einer neuen Arbeit an der Musik ist. Die Selbstneuerfindung als Trio hat bestens funktioniert. Auf "Death of a Hydra" haben sie sich ausprobiert. Auf einem Album müssen sie sich dann finden, etwas konstanter sein, aber genauso ideenreich.
Die tote Hydra, deren drei neue Köpfe wachsen. Hier sind sie. Aber keine Angst, sie beißen nicht.

Hier spielen die drei in den nächsten Tagen live:

21.05. - Erfurt, ETC (Centrum)
22.05. - Berlin, Badehaus
28.05. - Leipzig, Täubchenthal
29.05. - Hamburg, Molotow
30.05. - Flensburg, Volksbad
04.06. - Frankfurt, Elfer
05.06. - Prag, Kokpit Kafé
06.06. - Annaberg-Buchholz, Alte Brauerei
13.06. - Karlsruhe, Mashody Open Air

Mittwoch, 13. Mai 2015

Live: Rangleklods im FZW, Dortmund

(ms) Ich muss vorab etwas gestehen. Rein elektronische Musik ist nicht unbedingt mein Faible. Und lange Zeit hatte ich gewissermaßen das Vorurteil, dass es keine Besonderheit sei, "live" ein paar Knöpfe zu drehen oder Buttons zu drücken. Das schien mir immer ein wenig plump. Das ganze hat doch wenig mit einem richtigen Konzert mit Instrumenten, Bandbesetzung und Stimmen der Gitarrensaiten zu tun. So richtig verspielen kann man sich am Synthesizer doch gar nicht, den muss man zwischendurch auch nicht stimmen. Es ist zu sehen, ich bin da reichlich eingefahren, ja beinahe Konzert-konservativ. Nun wurde ich aber am Montag Abend in Dortmund eines besseren belehrt. die dänischen Electro-Pioniere Rangleklods waren im FZW Club, im Vorprogramm eine Band namens Xul Zolar.

Copyright: luserlounge
Gegen kurz nach Acht kamen drei junge Herren auf die Bühne. Im Publikum befanden sich etwa 150 Leute. Die drei nahmen sich Gitarre, Synthie und der dritte setzte sich ans opulent erweiterte Schlagzeug. Wie soll man das jetzt genau beschreiben?! Naja, dann ging es ziemlich ab! Der gute Kerl am Schlagwerk hat sicher nicht nur mich von Beginn an mit seinem virtuosen Spiel in den Bann gezogen. Da hat alles gesessen. Begleitet wurde er von elektronischen Klangteppichen und enorm verzerrter Gitarre, dazu Gesang. Basslastig, rhythmusorientiert, tanzbar. Xul Zolar aus Köln. Die Namensgebung hat etwas mit einem portugiesischen Schriftsteller zu tun, wie wir danach erfahren haben. Ein spannender, energiegeladener Mix aus Beat, Beat, Beat, Alt-J und I Heart Sharks. Die bringen bald eine EP raus. Wir werden Euch auf dem Laufenden halten. In der Band steckt eine große Zukunft und enorm Potential!


Nach kurzer Umbaupause - es mussten ja keine Kabelkilometer verlegt werden - betraten Esben Andersen und Pernille Smith-Sivertsen aka Rangleklods die Bühne. Es wurde nicht lange um den heißen Brei rumgetüftelt, sondern mit "Cough" gestartet. Einem der Hits ihres Debuts. Esben hatte einen etwa zwei Meter breiten Tisch mit allerhand Synthie-Kram neben sich stehen, Pernille eine Rhythmus-Konsole und ein Keyboard. Beide natürlich auch mit dem obligatorisch zugeklebten Apple-Endgerät ausgestattet. Beide gaben sich sofort extrem sympathisch und zeigten sich sichtlich froh, dass an einem Montagabend doch einige Menschen gekommen sind, um ihre Musik zu lauschen. Der Sound war zum teil zart und seicht. Doch das hielt meist nie lange und er bracht total aus, wurde laut, aggressiv, durchdringend. Es ging im Mark und Bein über. Hauptsächlich in letzteres. Schnell entstand eine tanzende Meute, die sich dem Sog der Musik über- und schnell einfach treiben ließ. Stark! Insbesondere Tracks wie der härtere "Order" kamen da voll zur Geltung. Alle älteren Stücke wurden etwas umarrangiert, bekamen etwas mehr Pepp und Bass. Apropos. Die Band selbst war völlig baff, dass die Bühne so beben würde vor lauter Bass. Das Publikum sicher auch. Aber so sollte es sein. Im Laufe des Abends dachte ich einmal: So muss die Apokalypse klingen, aber eben in geil, tanzbar aber böse. Dabei haben in eineinhalb Stunden nicht nur alte Songs wie "Clouds", "Empty", "Riverbed", "Home" oder "On Top" zu überzeugen gewusst. Nein. Nächste Woche erscheint der Zweitling, "Straitjacket". Die beiden mit Videos versehenen Auskopplungen "Lost U" und "Schoolgirls" durften da natürlich nicht fehlen. Die tanzenden Zuhörer haben sie mit entsprechend viel Applaus belohnt und zum Teil einer außerordentlich spannungsgeladenen Stille: großartiges Publikum! Und zum Schluss keine Zugabe-Rufe, sondern Applaus. Vorbildlich.
Natürlich musste dann als letztes noch "Young & Dumb" gespielt werden. Der Überhit.
Völlig paralysiert, erschöpft und baff ging man aus dem Konzert. Große Live-Darbietung. Und das alles nur mit Knöpfen, Drehdingern und Synthie-Kram. Ich wurde überzeugt!



PS: Das FZW ist wirklich ein toller Club. Selten woanders gewesen, wo ein so guter Sound herrscht. Aber bitte legt euch mal eine gescheite Lüftung zu! Und gescheite Bierpreise!

Dienstag, 12. Mai 2015

Konzert: Friska Viljor in Köln



(cg) Letzten Freitag gab es ein Akustikkonzert von Friska Viljor im Luxor in Köln, vorweg: es war ein großartiger Abend! Zwei Mitglieder der Band, Joakim Sveningsson (Gesang, Mandoline, Ukulele, Gitarre) und Daniel Johansson (Gesang, Gitarre, Melodica) sind zur Zeit auf Clubtour, um einige neue Songs und auch gute alte Klassiker der Band im kleinen Kreise zu präsentieren. Die Luserounge ist nach Köln gereist, um sich davon zu überzeugen, dass die Liebe zur Musik und die Leidenschaft für den Moment und das Livespiel ein Konzert unvergesslich und überragend gestalten können.


Ein sonniger Freitag Abend, das ein oder andere Kölsch am Kiosk in mitten der Kölner Innenstadt. Um das Luxor herum weht ein lauer Wind und viele Menschen haben sich eingefunden, um den Klängen schwedischer Musik zu lauschen. Es herrscht eine angenehme Stimmung, sobald man sich dem Club nähert und beim Passieren des Haupteingangs wird einem ganz wohlig innen drin. Gleich geht es los, die Freude auf die Musik erfüllt den Körper und viele viele Menschen erfüllen das Luxor. Hier muss der einzige negative Aspekt des Abends benannt werden: Das Luxor war furchtbar voll und gibt von seiner baulichen Substanz nicht wirklich das her, was man für einen Ort an dem Konzerte stattfinden braucht. Viel zu klein und zu eng, überall Stufen und wieso ist die Toilette direkt neben der Bühne?? Es ist fast unmöglich sich nach vorne durchzudrängeln und so nehmen wir, was wir kriegen können und stehen auf halber Strecke zur Bühne direkt neben der Bar auf irgendwelchen Stufen. Der Blick ist ziemlich schlecht aber wir hören nur wenige Sekunden nach unserem Eintreffen das Laute Kreischen und den Applaus: Die sympathischen Schweden Joakim und Daniel betreten die Bühne. Aaaaah!

Als erstes spielen sie zwei Balladen, Useless und Hibiskus Park. Dem Publikum verraten sie, dass sie es selber ganz schön mutig finden auf einem Akustikkonzert direkt so sanft einzusteigen, aber sie wollten Eier beweisen und sind dennoch 'scared as shit'. Sympathisch! Überhaupt besteht unglaublich viel Kontakt zwischen den Beiden und ihrem Publikum, sie fragen zwischendurch ob eigentlich jemand schwedisch kann, erzählen Anekdoten von der Tour, aus alten Zeiten mit Friska Viljor, Joakim verspielt sich auf die herzallerliebste Weise (Daniel: 'Alter, den Song musst du mit Capo im 5. Bund spielen und dann E, A, h.....'). Daniel beweist sich als Multiinstrumentalist indem er zwischen Piano, Schlagzeug, Gitarre, Melodica, Gesang und Ukulele wechselt. Joakim erzählt uns zwischendurch, dass er von den Scheinwerfern so geblendet ist, dass er niemanden im Publikum sehen kann, er könnte auch mit Daniel komplett alleine sein, und würde es nicht merken, doch das wird von lautem Lachen, Applaus und begeisterten Zurufen aus dem Publikum widerlegt.
Weiter ging es mit den Songs 'Rain' (offensichtlich vom neuen Album), 'Manwhore', 'Dreams' (auch neu), 'Sitting on my dream' (neu), 'Mind the Gap' und 'My Boys' (neu).

Ein bisher sehr ruhiges Set, es herrscht fast schon andächtige Stimmung, es fühlt sich an wie das Treffen einer sehr sehr großen Familie, man möchte seinen fremden Nebenmann fast schon bei der Hand nehmen und sich in den Armen Liegend selig zur wunderschönen Musik schunkeln. Das schönste dabei ist, dass diese Stimmung eindeutig von Joakim und Daniel ausgeht, zwei so sympathische Menschen habe ich selten auf der Bühne gesehen. Die große Freude, die die Beiden offensichtlich an diesem Abend haben verteilt sich unweigerlich im ganzen Raum und springt auf alle  Menschen darin über. Alle singen die Texte mit, ganz vorne springen sogar Leute (auf einem Akustikkonzert!) ein Gänsehautschauer nach dem Anderen.


Ab jetzt wird das Tempo schneller. 'In my Sofa I'm safe', 'If I die', natürlich die großartige 'Wohlwill' Straße, 'Tell me'. Dann stehen die beiden tatsächlich auf, verneigen sich und verlassen die Bühne. Kann jawohl nicht wahr sein. Tosender Applaus und nach wenigen Sekunden stehen die beiden mit einem sehr breiten Grinsen wieder vor uns und leiten den Teil des Abends ein, auf den sich die meisten wohl am meisten gefreut haben. Die Zugabe besteht aus 'Gold', 'Oh Oh', 'On and On', (hier hat das Publikum so Laut mitgesungen, die Band ist kurz verstummt um zu zu hören, ich meine ich hab da wen ein Tränchen verdrücken sehen) und natürlich Arpeggio! Bravo Friska Viljor!

Überraschenderweise folgte danach noch eine zweite Zugabe! 'Shotgun Sister' war ein würdiger Abschluss für einen wunderbaren Abend. Alles was Friska Viljor musikalisch nicht perfekt beherrschen machen sie durch eine unglaubliche Ladung Sympathie und gute Laune wieder gut. So gut, dass ich sie nach 7 Jahren immer noch gerne live sehe und mich jedes Mal wie ein kleines Kind darauf freue. Nochmal, Bravo Friska Viljor!


Wir konnten sogar noch einen Blick auf die Setlist werfen ;) 



Montag, 11. Mai 2015

Lord Huron. Der einsame Wolf geht um auf seinen "strange trails".


(mb) Endlich gibt es wieder einen Wolf im Wald. Einen, der einsam jault inmitten einer sternenklaren, kalten Aprilnacht. Einen, der melancholisch verträumt, nicht vom Hunger sondern von seinen Träumen getrieben umherirrt, von Kieferbaum zu Kieferbaum, planlos, in Gedanken versunken. Kleine Schäfchen erschrecken sich beinahe zu Tode ob der zufälligen Begegnung. Doch der Wolf torkelt einfach vorbei, sehnsüchtig der nächsten erhabenen Erscheinung nachhängend.

Lord Huron ist eine amerikanische Band aus Minnesota, die für das gerade geschilderte Szenario  den Soundtrack liefern könnten. Die Schablone an animalischen Texten, die weniger evolutionär als traumwandlerisch und existenziell verstanden werden kann, ist sehr großflächig angelegt. Deshalb folgt dem Inhalt auch die Betitelung des Albums stringent: "Strange Trails". Wie man  in den Wald hineinruft, so schallt es eben nicht immer heraus.

Wie schon Bon Iver, S.Carey oder Edward Sharpe jault der einsame Koyote Ben Schneider, seines Zeichens Mastermind und Sänger hinter dem Quintett mit wechselnder Besetzung, gehörig in den Wald hinein und bedient damit einige nordamerikanische, romantisch verklärende Klischees. Mytische Gruselgeschichten reihen sich im Bluegrass/Americana Mantel gehüllt an dem wahren amerikanischen Traum auf: Sink or swim. Wenn du nicht kämpfst, hast du schon verloren. Es kann nicht jeder schaffen. Darum entfliehe wo du nur kannst. Oder lauf einfach weiter. Immer weiter, einsamer Gefährte.

Abgesehen von mancher Banalität und allzu vielen Halleffekten ist das Album, welches bereits Anfang April erschienen ist, vor allem den bärtigen Hipstern zu empfehlen, die sich nach außen hart geben und in Wahrheit gar nicht so happy damit sind ständig sinnlose Projekte zu pitchen. So gern würden sie mit ihren Fixie Bikes in den Wald fahren und rasiert und nackt (natürlich seelisch) vor einer Blockhütte frühmorgens stehen und in den frischen Tau zu blicken, während sie viel zu scharfen Filterkaffee  trinken. Aber selbst der Otto-Normal Folk-Fan kann bedenkenlos zugreifen, denn man verliert sich schnell in diesen unwegsamen Gelände an Genuschel, Getuschel und Gitarrengezupfe.Vor lauter Bäumen sieht man den Wald kaum noch.

Highlights des Albums sind "Fool for Love", "Cursed" und "The night we met". Hierzulande sind sie leider dieses Jahr voraussichtlich nicht zu bestaunen. Das stört den einsamen Wolf nicht.

Dem sei eines noch hinzuzufügen:
Füchse sind doch gar keine Rudeltiere.
Wölfe aber eigentlich schon.


Dienstag, 5. Mai 2015

Moriarty - "Epitaph"

Quelle: Promo
(ms) Zwei Moriartys sind richtig berühmt geworden. Ein dritter feiert zumindest in Europa ansehnliche Erfolge. Erster Moriarty: Der kongeniale Ganove und Antagonist von Sherlock Holmes, er auch zum Teil außerhalb von den Detektivgeschichten aufgetaucht ist. In der sehenswerten Fernsehserie überragend fies gespielt von Andrew Scott. Zweiter Moriarty: Wer kennt ihn nicht, immerhin ist das Buch, in dem er die Hauptrolle spielt, eines der bedeutendsten der Beatgeneration und hat wie kaum ein anderes Einfluss auf viele Musiker (Sportfreunde Stiller, BAP, The Go Betweens...). Gemeint ist selbstverständlich Dean Moriarty, der Lebemann aus "Unterwegs" von Jack Kerouac. Dritter Moriarty: Der Zweite hat hier seine Spuren hinterlassen und zur Namensfindung der gleichnamigen Band aus Frankreich beigetragen, die an diesem Freitag ihr siebtes Album in mittlerweile zwanzig Jahren Bandgeschichte herausbringen. Schon seit Gründung der Band ist ihr Stil äußerst schwer zu beschreiben und sie entziehen sich auch jeglicher Einteilung in eine Genreschublade, denn die Instrumentalisierung ist ebenso breit angelegt wie die textlichen Inhalte und musikalischen Beschreibungen: Folk, Country, Blues, Franko-Pop. Aber keines der Begriffe trifft so richtig zu.


"Epitaph" heißt das neue Album, das via Air Rytmo erscheinen wird und wir legen Euch ans Herz, es zu Eurer ohnehin schon großen Plattensammlung aufzunehmen.
Wenn man jetzt einen Vergleich haben möchte, weil man die Band nicht so genau kennt, wird es schwer etwas zutreffendes zu finden. Ein etwas schräger Mix zwischen Annenmaykantereit und Tom Waits gepaart mit der markanten, schönen, voluminösen weiblichen Stimme von Rosemary Standley. Es ist etwas knarzig, rau, wüst, dabei allerdings instrumental vielseitig und zugleich reduziert. Selten hört man ein richtiges draufgängerisches Schlagzeug, höchstens verschiedene Percussion. Dagegen dominieren Bass, Gitarre, Geige, Xylophon und eben der prägende Gesang.
Das klingt dann nach einem Abend in einer verrauchten, sympathischen Kneipe, wo eben diese Band auf der dunklen Bühne steht und den Soundtrack für den nächsten Whiskey spielt. Natürlich ohne Eis!
14 Tracks sind auf dem neuen Silberling. Dabei bestechen viele Songs schon beim ersten Hören. Zum Beispiel der flotte Einstieg mit "When I ride". "Ginger Joe" ist wahnsinnig stark und inspiriert von einem verwahrlosten Mann auf den Straßen Kyotos. Es erinnert an Lagerfeuerlieder über Heldengeschichten, hier einen gefallenen. "G.I. Jesus" gab es in Bruchstücken schon einmal und wurde hier richtig ausgebaut mit dem neuen Trendinstrument Mundharmonika im Vordergrund.

"Epitaph" lohnt sich aufmerksam zu hören. Trotz der Komplexität gehen die Songs gut ins Ohr und bleiben auch da. Anfang des Jahres hat die Band die Berliner Volksbühne ausverkauft und sind bald erneut auf Tour. Wenn ihr mal etwas anderes, etwas geheimnisvolles hören wollt, legen wir euch Moriartys neues Album ans Herz!

10.06.2015  D-Köln, Kulturkirche
11.06.2015  D-Hamburg, Fabrik
13.06.2015  D-Leipzig, UT Connewitz
14.06.2015  D-Frankfurt, Brotfabrik
15.06.2015  D-München, Kranhalle
16.06.2015  D-Karlsruhe, Tollhaus


PS: Ein Epitaph ist übrigens eine Grabinschrift. Wieder was dazugelernt. 


Freitag, 1. Mai 2015

St. Gallen. Grabenhalle. Wanda. Amore.

(sf) "Das zweite Album, das im Oktober rauskommt, wird nicht ganz so brillant wie das erste, aber es wird sich besser verkaufen." Dass "Amore" nur schwer zu toppen sein dürfte, ist ohnehin klar, aber dennoch überraschen diese deutlichen, aber natürlich mit ein wenig Ironie und Schmäh vorgetragenen Worte von Marco Michael Wanda ein wenig, denn normalerweise lassen die Wiener ja so keinen Zweifel aufkommen, dass sie sich (selbstverstänlich nicht ganz zu Unrecht) für die Geilsten halten.

Das sehen scheinbar auch immer mehr Schweizer so, denn waren es vor ein paar Monaten in Rorschach nur ca. 120 Besucher, so war die Grabenhalle in St. Gallen bereits mehrere Wochen vor dem Konzert restlos ausverkauft. Im Heimatland Österreich ist das Debütalbum sieben Monate nach Veröffentlichung auf Platz 2 der Charts angelangt, in Deutschland waren Wanda zuletzt als Support von Kraftklub unterwegs und nun soll also auch die Schweiz endlich mit Amore überschüttet werden.

Eröffnet wurde die Show von Weekend Phantom aus dem schönen Luzern, von denen ich vorher leider noch gar nichts gehört hatte, die ihre Sache aber wirklich gut machten und zu überzeugen wussten. Die werde ich mir sicher demnächst mal auf Spotify oder Youtube zu Gemüte führen, denn da hab ich schon deutlich uninspirierte Vorbands gesehen. Dass der FC Luzern an diesem Abend den FC St. Gallen parallel in der Super League mit 6:2 abschlachtete, sorgte zudem für beste Stimmung auf der Bühne.

Dann wars aber so weit: Wanda enterten die Stage, verteilten erstmal generös Appenzeller Quöllfrisch in den vorderen Reihen und legten mit "Luzia" gewohnt schwungvoll und rockig los. Gelungener Einstieg und das Publikum sofort für sich gewonnen. Nach und nach wurde das ganze Album runtergespielt, aber auch drei neue Nummern eingebaut, die sich nahtlos in den Reigen der bekannten Hits einfügten. Laut wars, heiß wars und man merkte der Band an, dass sie auch richtig viel Spaß daran hatte, Amore mit dem Publikum auszutauschen. Marco ließ es sich auch nicht nehmen, sich von den Zuschauern tragen zu lassen, um einem Fan in den hinteren Reihen höchstpersönlich einen Tschik zu überreichen. Das wird der Servicegedanke noch groß geschrieben!

Höhepunkt war natürlich der Überhit "Bologna", bei dem die Meute dann endgültig ausrastete und keiner mehr still stehen bleiben konnte. Kurz vor Mitternacht war dann Schluss, als Zu-Zugabe wurde noch einmal "Luzia" intoniert und das Publikum übelst verschwitzt aber glücklich in die regnerische Nacht entlassen.

Einziger Kritikpunkt: es gibt nach wie vor keine T-Shirts, um seine Verbundenheit zu Wanda mit der Welt teilen zu können. Dabei wäre es so einfach: Wanda. Amore. Mehr brauchts nicht...