Quelle: universal.de |
Mit regelmäßiger Verlässlichkeit betonte die Band bereits in den Monaten vor Releasedate, man habe sich verändert und probiere Neues aus, schließlich haben dies alle großen Bands die man bewundere, es so getan. So gesehen stellte die Band sich selbst auf eine Stufe mit den „ganz großen Bands“. Freilich grenzt das an Blasphemie. Denn The Gaslight Anthem wollte sich schon mit Album Nummer drei „American Slang“ auf die Stadionbühnen hieven. Es ist seither nicht gelungen. Die Luft im Rockhimmel ist dünn und es gilt sich zu unterscheiden, denn auch ein Engel im Himmel fällt niemanden auf. Es ist wie bei jungen Talenten im Fußball, die als der nächste Superstars angepriesen werden und dann als ewiges Talente jedes Jahr zu einer neuen mittelklassigen Mannschaft verliehen werden und schließlich mehr für Ihre Ekszesse als für Leistungen in den Medien gehuldigt werden. Die Band um Brian Fallon will Springsteen und Pearl Jam zugleich sein, etwas rockiger, poppiger, 80ies lastiger. Dabei verliert man die eigene Identität ein wenig, kann sich schlussendlich dann aber doch nicht entrinnen. Die Gefahr an erzwungener Veränderung ist die, dass man blind für sein bevorstehendes Unheil ist. Zu gewollt ist eben noch lange nicht gekonnt.
quelle: universal.de |
Ich sage nicht, dass es wieder und wieder ein „59 sound“ werden soll, dass wäre musikalisch ohne jeden Zweifel vermessen. Man merkt, dass die Band sich verkopft hat. Das neue Album wirkt steif, fast kühl. Einfach spielen, rausgehen, Spaß haben hätte man sollen. Frei nach Kaiser Franz. Die neuen Eindrücke werden zwar mit simpler Rhetorik eingängig verpackt, melodisch verzettelt man sich allerdings in allzu vielen, nicht passenden Neuerungen. So passiert es, dass „Stay vicous“ ein zu sehr gewolltes Rockbrett geworden ist. Die schrammenden Gitarren animieren eben nicht zum Luftgitarre spielen, sondern der Audiotune Gesang – ganz ehrlich WTF! – wirkt abschreckend. SKIP. „1000 Years“ dümpelt im 80ies Kostüm vor sich hin, textlich süß, zündet aber einfach nicht. „Get hurt“ vermag durchaus zu überzeugen, bevor in weiterer Folge sich ein belangloser Song an den nächsten reiht. Hätte man The Gaslight Anthem so nicht zugetraut. Vor allem „Underneath the ground“ grenzt an Fremdscham und ist unaussprechlich schlecht geraten. Doch das Glück des Albums liegt in Ihren späten Tracks und liefert in der zweiten Hälfte die langersehnten Perlen. „Rollin and Tumblin“ ließ ohnehin schon vorab hoffen, „Selected Poems“ ist zwar ohne Zweifel ein wenig platt dennoch umreißt es ganz geschickt die mittlerweile zehnjährige Bandgeschichte. Ein absoluter Kracher ist dann schon die Ballade „Break your heart“. Geht unter die Haut, sehr emotional und fesselnd. Manchmal ist Liebe eben auch, diese zu verweigern, da man nur so glücklich sein kann. Nobel, wahr, selten akzeptiert. „Dark Places“ hat dann diese typische Hymnenhaftigkeit, die an melancholische Vorgänger ala „Backseat“ erinnern. Verstärkt werden diese Mutmacher durch die drei Bonustracks, die dank der glatten Songstruktur zeigen, dass gerade hier nicht so viel versucht wurde sondern einfach der Spaß am Musizieren im Vordergrund stand: Gefällt!
Dennoch, die Band bleibt meine Lieblingsband. Ich habe zu den Songs geweint, gefeiert, gelacht, gesungen – alles immer höchst emotional. Das neue Album schafft es größenteils nicht mich mitzureißen. Trotzalledem werde ich weiterhin die Konzerte besuchen und versuchen die Band zu supporten. Unberechtigterweise löste auf Facebook die Werbemaßnahme der Band einen Shitstorm aus, als diese ihre Lieblingssongs als Soundtrack einspielten und dann Track by Track den Fans mit Video und anschließenden Downloadlink für das Audio bereitstellten – kostenpflichtig. Der Fehler: Man hätte es als Promotionstool nützen sollen, also kostenfrei. Dass die Reaktionen dann so negativ ausfielen und die Band es gesamthaft wieder offline nehmen mussten ist wohl vielmehr als Kritik am neuen Album als die Abneigung gegen den Mainstream und die Musikindustrie im Allgemeinen zu verstehen. Ein fader Beigeschmack bleibt, vor allem von sogenannten "Fans".
Eine Sakralisierung von Künstlern ist pubertär. Sie sind auch nur Menschen und keine gehaltvolle Lebenssinn Projektionsfläche, sondern müssen auch ihre Miete zahlen. Dass diese dann auch musikalisch etwas versuchen, damit sich scheinbar (weiter)entwickeln aber dennoch scheitern ist nur allzu menschlich. Die Toleranzgrenze bei den Fans ist eben nicht so hoch, denn there are plenty much more fish in the sea in the music industry Haifischbecken. In diesem Sinne wäre eine Rückbesinnung zu den Wurzeln, und nicht die Adaption der musikalischen Idole, vielleicht das Beste: sink or swim.