Mittwoch, 24. September 2025

Grandbrothers - Elswhere

Foto: Dan Madhurst
(Ms) Ist es notwendig, sich mit dieser immer unmittelbareren Realität auseinanderzusetzen? Ja, auf jeden Fall! Selten war es so wichtig, standhaft zu bleiben und Quatsch entgegen zu wirken. Können wir es uns da überhaupt leisten, für eine gewisse Zeit dieser Realität zu entschwinden? Ich sage: Es ist genauso zwingend nötig. Denn sonst werden wir noch alle verrückt und man kann auch nicht den ganzen Tag nur ernst sein. Kunst verbindet und macht uns Menschen glücklicher. Für einige Zeit gedanklich woanders zu sein - das erfordert auch eine gewisse Art der Magie. Ein Zauber, der seine Kraft entwickelt und uns den Flow schenkt, zum Einen im Hier und Jetzt zu sein und zum Anderen diesem Ort auch radikal zu entfliehen. Wie funktioniert das? Durchs Eintauchen in andere Sphären.

Diese anderen Sphären, diese anderen Welten servieren die Grandbrothers mit ihrem neuen Album Elswhere wie auf dem Silbertablett. Erol Sarp und Lukas Vogel haben erneut Melodien und Rhythmen erschaffen, die es einem ganz leicht machen, tief Luft zu holen und darin zu versinken. Aufgefangen wird man in einem warmen, ummantelnden Licht, das rein, wunderschön und pulsierend ist. Die neuen 10 Tracks bieten eine Dreiviertelstunde Eskapismus.
Dabei bleiben sich die beiden Musiktüftler treu, doch verharren konzeptionell nicht auf der Stelle. Lange Zeit war die Devise der beiden, alle Sounds aus dem Klavier zu holen. Auf der neuen Platte wird dieser Raum zum ersten Mal erweitert. Sie nutzen Drum-Samples, analoge Sythies und tieffrequente Bässe. Ja, es ist durchaus zu hören, dass die neuen Stücke ein wenig mehr Tiefe haben, aber es ist eine durch und durch typische Grandbrothers-Platte.

Sanft nehmen Erol Sarp und Lukas Vogel uns Hörende zu Beginn des Albums an die Hand. Famara Dust ist ein leichter, leicht nebulöser, kurzweiliger Einstieg. Auf Fable wird dann klar, woher die Drums kommen. Doch im Mittelpunkt ist und bleibt das Klavier, das auf wundersame Weise immer wieder zarte Töne durchblicken lässt, während ein entspannter Rhythmus das Lied trägt. Nach gut zwei Dritteln taucht der Song in mehr Tiefe ein, doch es scheint, als ob diese Platte behutsam aufgebaut wird und noch nicht alle Körner zu Beginn verschossen werden. Auf We Collide sind Melodien zu hören, die schon vorher im Hintergrund durchschimmerten. Das ist natürlich wahnsinnig raffiniert gemacht und ein sehr großes Kunstverständnis der beiden Musiker. Dieses Album hat einen eindeutigen roten Faden ohne je nach Konzept zu schreien. Where Else ist vielleicht das markanteste Stück des Albums, denn es treibt eindeutig und unverkennbar voran, tiefer in den Sog, die elektronischen Tanzelemente häufen sich. Man mag die Augen schließen und dieses Lied nie verlassen. Klar: Wo auch sonst sollte man beim Blick auf den Titel verweilen?! Doch die beiden machen es ja sehr geschickt. Die Energie bleibt nicht auf der gleichen Welle. Sondern verdichtet sich etwas in einem zarteren Korsett. Liminal nimmt etwas den Schwung raus, ohne einen Deut an Dynamik zu verlieren. Wow, ist das unglaublich gut gemacht! Richtig euphorisch wird es gar auf Cypress. Ja, dieses Album ist nicht dunkel, auch wenn es ein wenig mystisch anmuten mag. Die zehn Lieder haben einen eindeutigen aufbauenden Charakter. Und auch hier finden sich die gleichen Elemente wie zu Beginn der Platte wieder - hach, ich komme aus dem Schwelgen kaum raus! Zum Schluss auf N O W H E R E drosseln die Musiker das Tempo, drehen den Bass auf und lassen uns sanften Fußes wieder im Hier und Jetzt auftreten. Obwohl man eventuell gar nicht will.

31.10.2025 - Botschaft, Osnabrück
01.11.2025 - Stadthalle, Köln
02.11.2025 - Schlachthof, Bremen
05.11.2025 - Gruenspan, Hamburg
06.11.2025 - Huxleys, Berlin
07.11.2025 - UT Connewitz, Leipzig
19.11.2025 - Konzerthaus, Wien
19.11.2025 - Muffathalle, München
01.03.2026 - Theater, Münster


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