Mittwoch, 8. April 2020
Blackmail - Best Of & Rare Tracks
(ms) Zwei Geschichten zur Band:
Sie sind laut. Irre laut.
Vor 14 Jahren (meine Eltern mussten mich fahren) habe ich sie zum ersten Mal live gesehen. Zusammen mit den Bolzplatz Heores, wer sich erinnert... Im Rahmen der legendären Visions Partys. Haben 6€ Eintritt gezahlt! Glücklich und mit einem irren Tinnitus ging es heim. Gleiches vier Jahre später im Haus 73, Hamburg. Herrlich kleiner Laden; bis zum Bersten wurden die Boxen strapaziert. Ein Jahr später im alten, tollen Amp in Münster auch. Was für eine Wucht. Was für eine Energie. Was für eine Demonstration an Lautstärke und Wumms. Was für ein Bild: Aydo wie versunken am Mikro, Kurt und Carlo Riesen an Bass und Gitarre und Mario wie ein wild Gewordener an den Drums! Was für eine Band! Blackmail!
Und: Sie sind unglaublich sympathisch. Dass man die Donots im westfälischen Münster mal trifft, ist eigentlich nichts Besonderes. Ibbenbüren ist ums Eck. Lange Zeit habe ich in Münster gekellnert, dort sind sie auch mal vorbei gekommen. Eines Abends saßen sie bei uns im Biergarten, waren eh super nett, haben große Biere und große Salate bestellt. Doch sie waren nicht alleine. Kurt Ebelhäuser saß auch mit am Tisch. Ein Hüne von Mensch mit einer imposanten Erscheinung und einem ganz friedlich wirkenden Wesen. Der musikalische Kopf von Blackmail, Scumbucket und Leiter des eigenen Tonstudios 45 war doch erstaunt, als ich mit Nerdwissen auftrumpfen konnte (Studio in Koblenz). Eine herrliche, flüchtige Begegnung. Ursympathisch. Nur bei Aydo... da haben sich schon immer die Geister geschieden.
Was schlussendlich auch der Anfang vom Ende gewesen ist. Nichts gegen Mathias Reetz: Doch die beiden letzten Alben Anima Now! und II kamen soundtechnisch und auch gesanglich nicht an die vorherigen, zurecht extrem in die Höhe gelobten Vorgänger heran.
Und das ist es, was die am 24. April (Also: Ostergeld sparen und in zwei Wochen ausgeben!) erscheinenden Veröffentlichungen so sinnvoll machen (gehen wir mal davon aus, dass es nicht darum geht, sich mit Rereleases die Taschen voll zu machen). Zum Einen sind es Bliss Please und Friend Or Foe?, die neu remastered veröffentlicht werden. Seit Jahren sind beide Platten als Vinyl komplett vergriffen. Also nicht nur was für Nostalgiker, sondern auch für Sammler - na gut, so oft unterscheiden sich diese beiden Gruppen nicht voneinander.
Für mich persönlich ist Friend Or Foe? das Schlüsselalbum zur Band, obwohl ich selbst erst mit Aerial View eingestiegen bin. Der Vorgänger ist viel definierter, größer, härter, unermüdlicher, kompromissloser. Und was ist Friend bitte auch für ein unglaublicher Track?! Neun Minuten pure Energie, die sich keinen Stillstand erlaubt. Das sind Lieder, die auch nur mit voll aufgedrehter Anlage erst funktionieren. Sicher war es auch die Zeit, in der Mario Matthias, Kurt und Carlo Ebenlhäuser sowie Aydo Abay am besten harmoniert haben, ihre größten Reputationen einholten und das erzeugten, was einen jetzt so wehmütig klingen lässt.
Es war die Zeit, auf die man heute blickt und sagt: Eine ganz wichtige Band für die deutsche Musiklandschaft!
Es war aber auch die Zeit, in der Bands vor Veröffentlichung einer neuen Platte mp3's verschenkt haben! Einfach so. Zum Runterladen der Datei mit Rechtsklick öffnen. Solche Links wurden unter anderem beim Tonspion gesammelt, man konnte sich einfach so bedienen. Damit kommen wir zur dritten Veröffentlichung von Blackmail am 24. April: Neben einem Best-Of ihrer gesamten Karriere erscheint eine Platte mit zehn seltenen Liedern. Vermeintlich. Denn Mad World, Dare Defender, Love Like Blood, The Day The Earth Stood Still oder das als Bonustrack von Aerial View erschienene Today stammen aus der Zeit, als mp3's verschenkt wurden. Doch gesammelt auf einer separaten CD und auch für Nicht-Nerds ist das eine tolle Sammlung an Nischentracks!
Klar, manch Fan schwelgt bei der Ankündigung und dem darin mündenden Musikgenuss in Erinnerungen und Sehnsucht. Doch diese muss getrübt werden. Vor sieben Jahren erschien mit II ihr letztes Album. Eine offizielle Beerdigung der Band hat nie stattgefunden, über Facebook verlinken sie unregelmäßig ältere Songs oder verweisen auf Kurts Arbeit im Tonstudio 45. Doch meines Erachtens ist jedes gut nachvollziehbare Verlangen, dass diese Band nochmal neues Material zur Welt bringt oder gemeinsam auf einer Bühne steht, illusorisch.
Vielleicht sind die Wiederveröffentlichungen und die Rückschau auf ihr Wirken der Schlusspunkt, das ist nur Spekulation. Irgendwas in mir meint, dass Neues von Scumbucket wahrscheinlicher ist als von Blackmail.
Also: Drehen wir die Anlagen richtig auf. Lassen ihre brachiale Musik laut ertönen und freuen uns, dass es sie gibt!
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