Freitag, 6. März 2020

KW 10, 2020: Die luserlounge selektiert

Quelle: pngarts.com
(sb/ms) Wir zwei Schreiber haben natürlich auch unsere Favoriten; in regelmäßigen Abständen nehmen wir die Bands, die uns präsentiert werden und die wir an Euch weiterleiten in diesen Kreis auf.
Voller Vorfreude haben wir in diesem und im letzten Jahr auf die Veröffentlichungen von Fatoni und Turbostaat hingefiebert - das dürfte durchgesickert sein. Letztens haben wir uns kurz darüber ausgetauscht. Erschreckend stellten wir fest, dass beide Alben nur wenig nachhallenden Effekt bei und hinterlassen. Das Fatoni-Album Andorra läuft kaum bei mir; Turbostaats Uthlande auch nur selten; insgesamt sind nur drei, vier Tracks nachhaltig kleben geblieben. Was läuft stattdessen?! Klar, die Musik, die man schon ein (Musikhör-)Leben lang genießt, aber ich erwische mich immer wieder beim Genuss der ganz leisen Töne - Martin Kohlstedt, Hania Rani, Olafur Arnalds, Anges Obel. Es gibt doch genügend Momente, an denen man sich selbst überrascht.

Und wir euch. Freitags. Hier. Wir haben selektiert. Hier ist das aktuelle Ergebnis der Sichtung:

Alicia Edelweiss
(ms) Über das fulminante und höchst unterhaltsame Konzert von Voodoo Jürgens in Bremen haben wir nur ganz kurz auf Facie geschrieben. Es lässt sich festhalten: Ein Besuch dieser verrückten Kombo ist ein absoluter Genuss und reiner Pflichttermin. Klar, überhaupt nichts verstanden, aber großen Respekt vor der irren Show und dem Bock, den die Künstler in jeder Silbe ausstrahlen.
Begonnen hat der Abend jedoch mit Alicia Edelweiss, die in der Ansa Panier-Band auch Akkordeon spielt und singt. Sie bestreitet auch Solopfade. Und das mit dem doppelten an Durchgeknalltheit wie der Voodoo. Ihr Outfit ist nicht mal Teil des ganzen. Wie kann man das Akkordeon nur so herrlich spielen und gleichzeitig malträtieren?! Stark! Zwischendurch erzählte sie ein paar Anekdoten aus ihrem Musikerinnendasein. Eine Episode ereignete sich in Portugal: Wie arbeitete gegen Kost und Logis in einem Hostel und kam in der Mitarbeiterabstellkammer unter. Dort war sie nicht allein. Sie wusste nach und nach, sich mit den Kakerlaken vor Ort anzufreunden. Darüber hat sie nicht nur einen herrlichen Song geschrieben, sondern es gibt zudem ein wunderbares Video dazu. Voilà: The Cockroaches And Me!



Noel Gallagher's High Flying Circus
(sb) Zu Oasis-Zeiten war ich ja der festen Überzeugung, dass Noel das absolute Brain bei den Britopop-Göttern ist, dass er nicht nur der bessere Songwriter, sondern auch der bessere Sänger sei. Irgendwie hat sich das in den letzten Jahren aber - zumindest in meiner Wahrnehmung - etwas gewandelt. Vergleicht man die Solo-Releases der beiden Gallagher-Brüder, so ist Liam schon ziemlich bald vorbeigezogen. Mit Blue Moon Rising veröffentlicht Noel Gallagher's High Flying Circus heute die dritte EP innerhalb von neun Monaten und der Titeltrack hat mich erstmal abgeschreckt. Wie kann ein Mann, der solche Weltklasse-Songs wie Champagne Supernova, Stand By Me, Live Forever oder Don't Look Back In Anger geschrieben hat, selber mit so einem Track zufrieden sein? Sieht er darin wirklich eine Weiterentwicklung? Vielleicht schwelge ich als großer Oasis-Fan zu sehr in Nostalgie oder wünsche mir zu sehr, dass es eines Tages doch nochmal zur Reunion kommt, aber Blue Moon Rising kann ich wirklich sehr wenig abgewinnen. Deutlich besser, ja fast schon großartig, ist hingegen das balladeske Wandering Star und auch der dritte neue Song namens Come On Outside übertrumpft den Titeltrack, der noch in zwei weiteren Versionen auf der EP vertreten ist, deutlich. Für Fans und Sammler natürlich unverzichtbar, keine Frage.


Body Count
(sb) Das Ding geht los und Du denkst: "Hoppla, das klingt ja wie vor 25-30 Jahren!" Damals war Crossover noch relativ neu, hatte was zu sagen und war, das muss man schon zugeben, sehr sexy. Einer der Hauptakteure damals war Body Count um den großen Ice-T (die Legende ist übrigens 62 - bitte habt das im Hinterkopf, wenn Ihr das Video anschaut!), die Texte waren mitunter extrem provokativ (Cop Killer!) und brachten den Amerikanern in ihrer Heimat (und nicht nur dort) einiges an Ärger ein. Aber heute? Erreicht sowas überhaupt noch jemanden? Ich sags Euch ganz ehrlich: mich nicht! Wahrscheinlich hätte ich nach zwei Liedern abgeschaltet, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es sich um Body Count handelt, hätte dann aber die beiden besten Tracks des Albums Carnivore (VÖ: heute!), nämlich Bum-Rush (siehe Video) und das Motörhead-Cover Ace Of Spades verpasst. Letzteres passt zwar eigentlich so gar nicht zum Rest, bietet aber eine angenehme Abwechslung zum mitunter recht eintönigen Crossover-Geknüppel. Wenn ich solche Musik hören will (und das will ich tatsächlich manchmal und sogar freiwillig!), dann greife ich lieber zu den Suicidal Tendencies und empfehle hiermit offiziell deren Album Suicidal For Life aus dem Jahr 1994. Selten hat der Spruch "früher war alles besser" besser gepasst als hier... Und ja: ich habe mir tatsächlich gewünscht, etwas Positiveres schreiben zu können, aber ich hätte lügen müssen.


Phoebe Bridgers
(ms) Hey Nostalgie, wie geht es dir? Lange nichts voneinander gehört! Es muss so neun Jahre her sein, frisch zu Beginn der 20er! Auf einer wunderbaren Rückfahrt vom nicht mehr existierenden BootBooHook-Festival, lief Angus & Julia Stone im Radio. Wie anachronistisch! Aber toll. Ich mochte die Musik sofort. Sie war aufregend sanft. Und extrem rund. Leider sind sie sehr austauschbar und langweilig geworden.
Diese Lücke schließt nun (endlich) Phoebe Bridgers! Die junge Kalifornierin hat vor drei Jahren ihren Erstling Stranger In The Alps veröffentlicht und legt nun mit einer tollen, neuen Single nach. Enorm, wie die Stimmung des Videos von Garden Song von der musikalischen Stimmung des Tracks abweicht! Im Bewegtbild: Bong, Knutschen, Tanz, Verrücktheit. Im Lied: Sanfte Ruhe, bedachtes Gitarrezupfen. Wie ein riesiger Wattebausch umhüllt einen dieser Track. Und insbesondere bei diesen ungemütlichen Regentagen ist es genau das richtige Mittel, um das Haus gar nicht er zu verlassen. Ein wunderschönes Lied!



Little Dragon
(ms) Was ist Langeweile?! Puh, sehr gute Frage. Darüber wurden - ohne Recherche des Ganzen - mit großer Sicherheit wundervolle Bücher geschrieben, Aufsätze verfasst, Vorlesungen gefüllt, Diskussionen ausgetragen, philosophische Streitgespräche geführt. Mir ist wichtig: Konventionen sind langweilig. Wo sich alle einig sind, was aber dringend zu hinterfragen ist. Auch in der Musik. Insbesondere in der Musik. Konventionen laufen auf den großen Popwellen und machen mich aggressiv, weshalb ich sie nicht höre. Außergewöhnliches, Originelles, Geniales macht mich neugierig. Dazu gehören auch Little Dragon aus Schweden, die am 27. März ihr neues, siebtes Album New Me, Same Us auf dem Markt werfen. Ein Titel, der eben solche Gespräch anstacheln, befeuern kann. Elf Lieder, denen Konventionen, Popkorsette komplett egal sind. Im Wesentlichen eint alle Lieder ein weitestgehend elektronischer Unterbau, worauf wild experimentiert wird. Daraus entsteht ein eindrücklicher Mix aus Pop, Soul, Electro, Easy Listening, R'n'B undundund. Mühselig es auseinander zu dividieren. Lieber wirken lassen. Beginnen kann man am besten mit der aktuellen Single Are You Feeling Sad. Soll das mal einer einordnen...

Gibt's auch live:
12.03.2020 Berlin, Festsaal Kreuzberg (ausverkauft)
16.03.2020 Wien, Flex
18.03.2020 Zürich, Mascotte



The Early Days Vol. II
(sb) In München gab es einst das wunderbare Atomic Café, in dem Trends gesetzt wurden und wo sich stets die neuesten Scheiben aus allen möglichen Musikszenen gedreht haben. Als Bonus wurden immer mal wieder Compilations veröffentlicht (z. B. French Cuts, Atömström, Smart Club), um den Fans der entsprechenden Musikrichtungen ihre Lieblinge in hervorragend zusammengestellten Samplern zu präsentieren. Die deutschlandweit agierende Partyreihe King Kong Kicks zäumt das Pferd nun von hinten auf und haut eine äußerst hörenswerte Reihe namens The Early Days raus, die die besten Tracks der Jahre 1980 - 2010 versammelt und zum Tanz bittet. Bereits 2017 erschien der erste Part, heute folgt endlich Vol. II und dort tummeln sich Größen wie The Cure, Pulp, New Order, Hot Hot Heat oder Belle & Sebastian. Hach, was war das eine schöne Zeit - und mit Compilations wie dieser kommen die Erinnerungen besonders schnell zurück und lassen das Tanzbein zucken.

Natürlich geht der Release auch mit entsprechenden Events einher:

06.03. Berlin, Lido
06.03. Essen, Hotel Shanghai
07.03. Köln, Stereo Wonderland
07.03. Nürnberg, Club Stereo
12.03. München, Cord
21.03. Chemnitz, Nikola Tesla
26.03. Hamburg, UWE
27.03. Düsseldorf, Cube
27.03. Wuppertal, Mauke




Sama Dams
(ms) Beim Überfliegen des Namens musste ich ja zu erst an Paul Maar und das geschlechtslose Taucheranzugwesen mit den blauen Wunschpunkten im Gesicht denken. Morgen ist übrigens Samstag. Und ein Wunsch kann auch ohne Sams in Erfüllung gehen: Der nach außergewöhnlich guter Musik. Diese stammt mit Sama Dams aus den USA. Das Trio hat ihre nigelnagelneue EP Not Gonna Lie im Gepäck und kommt auf ausgedehnte Tour im deutschsprachigen Raum. Bei der Sichtung der Livetermine ist schon überraschend, wo es die drei alles hin verschlägt. Da kann keiner sagen, dass man keine Möglichkeit eines Besuchs hatte. Die neue EP umfasst nur drei Lieder, doch die sind so aussagekräftig wie ein ganzes Album. Man erkennt den roten, musikalischen Faden, doch ebenso wunderbar abwechslungsreich sind die Tracks. Die titelgebende Single ist ein eindrücklicher Alternativesong, gefolgt von dem balladenähnlichen Principle Of Loving, abgeschlossen vom getragenen, leicht elektronischen A Vacant Room. Die Vielseitigkeit ist nicht nur im ausgefeilten Sound zu erspüren, sondern auch in den abwechselnden Gesangsstimmen. Tolle Sache das. Man darf super gespannt sein, wie es auf der Bühne umgesetzt wird!

26.3. Fürstenfeld, Die Akte
27.3. Scharnstein, Die Moserei
28.3. Klagenfurt, Lendhafen Cafe
30.3. Winterthur, Monomontag
01.3. Mainz, Kulturclub Schon Schön
01.4. Hamburg, Warenwirtschaft
02.4. Kiel, Prinz Willy
03.4. Oldenburg, Polyester
04.4. Jesteburg, Cafe Book
06.4. Hamburg, Hebebühne
07.4. Bayreuth, Sübkültür
08.4. Dortmund, Subrosa
09.4. Kaiserslautern, Salon Schmitts
11.4. Immendingen, Gloria
12.4. Freiburg, Klimperstube
14.4. Bochum, Bastion
16.4. Leipzig, Casa Pepe
18.4. Viechtach, Altes Spital
19.4. Haag, Böllerbauer
21.4. Dresden, Societätstheater
23.4. Chemnitz, Aaltra
24.4. Magdeburg, Courage
25.4. Ottersweier, Grüner Baum
27.4. Bamberg, Live Club
29.4. Marburg, Q
30.4. Hamburg, Deichdiele
01.5. Krefeld, Werksbühne
02.5. Offenbach, Hafen 2

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