(ms) Ja, die frühe Dunkelheit nervt. Aber was soll man machen? Ich verabscheue Fitnessstudios, bin auch viel zu unsportlich dazu. Aber Bewegung muss sein. Auch wenn es dunkel ist. Also werden häufig am Tagesende als kleiner Ausgleich zur vielen Kopfarbeit die dicken Schuhe geschnürt, der warme Schal um den Hals gewickelt und die abkapselnden Kopfhörer übergestülpt. Dann: Raus!
Häufig nutze ich diese Zeit, um neue Musik zu hören, die dann hier aufploppt oder eben nicht. Vor einigen Wochen kam dann eine Platte hereingeschneit, auf die ich mich sehr gefreut habe, ohne eine konkrete Erwartungshaltung zu haben.
Nun: Durch die dunklen Straßen, die kleinen Wege, hinaus auf die schwach beleuchteten Felder, wo man eventuell mal ein Pferd wiehern hört, andere Passanten mit oder Hund sieht. Ansonsten ist es vollkommen still draußen. Dieses Album jedoch ließ mich nicht von der heimeligen Atmosphäre umhüllen, sondern über eine knappe dreiviertel Stunde erschaudern. Nein, Angst ist das falsche Wort, aber die Kombination aus dieser Musik und der Dunkelheit und Kälte war schon milde furchteinflößend. Das liegt zu einen am Sound: Breite elektronische Klangflächen ziehen sich durch die acht Lieder. Das Muster ist meist: Bass als Grundlage und darüber als Rhythmus verschiedene Synthie-Sounds, andere dienen dann als melodieähnliche Gestaltung. Das große Charakteristikum ist jedoch die Stimme. Insbesondere mit Kopfhörern sticht sie extrem eindringlich durch Mark und Bein. Das atmosphärische Topping: Die Texte, die der mitunter einengenden Stimmung den Rest geben!
Diese meine Stimmung ist in diesem Video zum Track Why We Live gut festgehalten (offizielles Video zum Song: HIER). Wie kommt diese Frau an diesen Ort? Wo ist das überhaupt? Was machen die leuchtenden Punkte im Hintergrund? Ist sie freiwillig da? Wurde sie ausgesetzt? Was für eine Flüssigkeit befindet sich in der Flasche auf ihrem Rücken? Warum greift sie am Ende zu dieser Waffe?
Die Hilflosigkeit aber auch die pure Entschlossenheit dieser Frau ist in fast jeder Sekunde des Videos zu spüren und durch die Musik eröffnen sich weitere Deutungsebenen.
Wie im Titel schon klar ist: Es geht um das Album Alien Subspace von Edward Ka-Spel und Motion Kapture. Da hat sich das Elektronik-Duo genau die richtige Person herausgesucht, um zu experimentieren und eine beklemmende Stimmung zu schaffen. Denn Ka-Spel hat eine extrem markante Stimme. Tief, aber nicht Tom Waits. Klar, aber nicht Tom Smith von den Editors. Und immer sehr deutlich! Worum es geht: Um die großen Fragen, um Dystopie und insbesondere auf A Happy Grey Circle einer beinahe grauenhaften Geschichte. Einem Rachefeldzug in Zeiten sozialer Netzwerke, aufgebrochene Wunden, längst vergessene Gräueltaten.
Die Texte hat das Mastermind von The Legendary Pink Dots selbst geschrieben und er ist einfach ein grandioser Sprecher, beherrscht es nicht nur lautmalerische Worte an den richtigen Stellen zu nutzen - crack, giggling - sondern bringt das Wesen dieser Worte mit seiner unverwechselbaren Stimme genau so rüber, wie es sein muss!
Insgesamt sind es acht Tracks, sechs davon mit Stimme. Auch die beiden instrumentalen Stücke sind äußerst hörenswert, weil sie so greifbar atmosphärisch sind.
Alien Subspace erscheint diese Woche. Es ist der krasse Gegenentwurf zur heimeligen Wohlfühlmusik in der Vorweihnachtszeit. Gut so!
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