(ms) Letztens habe ich endlich den Film Green Book gesehen. Großartig, jeder verliehene Preis ging da auf jeden Fall in die richtigen Hände. Meines Erachtens auch ein eindrucksvoller Beweis, dass Viggo Mortensen einer der vielseitigsten Schauspieler derzeit ist! Neben der Geschichte um Musik, Freundschaft und dem Amerika der 60er Jahre, ist das titelgebende Schriftstück von großer Bedeutung. Das Green Book. Es war eine Art Reiseführer für die afroamerikanischen BürgerInnen. Ach, nee. Das klingt zu euphemistisch. Es ist eine Auflistung von Hotels, Motels etc., in denen Schwarze willkommen waren. Heißt: Meist die allerletzten Ramschbuden, weil man sie sonst nirgends sehen wollte.
Die sechs Musiker hinter dem Projekt Nola Is Calling haben sich ein ähnlich drastisches Schriftstück vorgenommen, das ihren Texten und Sounds zugrunde liegt: der Code Noir. Ein aus dem 17. Jahrhundert stammende Gesetzessammlung aus Frankreich, das die "Rechte" von schwarzen Sklaven in den französischen Kolonien regelte. Lest mal nach, was da Abscheuliches drin steht.
Aus der Geschichte von ethnischer Diskriminierung Kunst machen. Das ist ein äußerst ehrenwerter Ansatz. Und Projekt ist hier genau der richtige Begriff: Drei Musiker aus New Orleans trafen für das Album Sewing Mashine Effects (VÖ: letzten Freitag) mit drei anderen Musikern aus Paris, Marseille und Coutonoe, Benin, zusammen. Ein Clash of Cultures, der in jedem der 13 Lieder des Albums zu hören sind. Viele Genres, Vorlieben und Hintergründe von HaSizzle, Bonaventure Didolanvi, Big Chief Jermaine, Olivier Kounduno, David Walters und Big Chief Romeo.
Es scheint ein wirr zusammengewürfelter Haufen zu sein. Doch das stimmt nicht. Antreiber ist das Label Jarring Effects aus Frankreich, die schon vorher zeitlich begrenzt agierende Bands zusammengestellt hat. Nach Kaptsadt und Detroit soll nun also der Sound von New Orleans, die wohl afroamerikanischste Stadt der USA, eingefangen werden. Daher auch der Name: Nola besteht aus den Initialen von New Orleans und seinem Bundesstaat Lousiana. In den 13 Tracks stecken Rap, R'nB, elektronische Elemente, kreolische Gesänge, westafrikanische Percussion und Jazz.
Jetzt kommen wir zu dem schwierigen Part an diesem Release: Der inhaltlichen Bewertung. Diese ist ja immer abhängig vom persönlichen Geschmack und dessen Vorlieben. Ich kann wohl sagen, dass ich die Kunst dahinter sehe und schätze. Aber zum großen Teil ist es einfach nicht mein Ding. Und ja, es liegt daran, dass der Klang mir nicht gewohnt ist. Mal sind in einem Lied die Brüche zu stark, der Gesang nicht so rund (in meinen Ohren) und es catcht nicht so sehr (Take The Crown). In Nola Is Calling wird (wahrscheinlich) Hang gespielt, wie Manu Delago es auch so gern und gut tut. Doch auch hier kommt kein runder Hörgenuss zustande. Tracks wie Ljo Ya haben durchaus Groove, aber es zündet nicht so sehr. Die Songs mit Soul- und/oder Rap-Elementen haben jedoch eine Menge Charme, beispielsweise This Is New Orleans.
Doch ich will diese Platte gar nicht so schlecht machen. Hier ist ganz deutlich, dass es reine Geschmackssache ist. Meiner ist es nicht. Doch: Hört mal rein und vielleicht verfallt ihr ja dem teils hypnotischen Klang.
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