Dienstag, 30. Oktober 2018

Holygram - Modern Cults

Foto: Yves Christelsohn
(ms) Ein schweres, nebulöses Dröhnen knallt aus den Boxen. Langsam setzt dazu ein Beat ein, es folgen verzerrte Sounds, die aus dem Hintergrund stetig nach vorne drängen und ab und an ist ein Piepen zu vernehmen, das man aus U-Boot-Filmen kennt. Es ist düster, satt im Klang, ohne Gesag und dennoch sehr ausgeklügelt. Der Song heißt Into The Void, geht etwas länger als eine Minute und der vielversprechende Auftakt zum Album Modern Cults der Kölner Band Holygram, das kommenden Freitag (9. November) via Oblivion/Cleopatra Records erscheinen wird.

Die fünfköpfige Band aus der Domstadt liefern auf 50 Minuten ein erstaunlich reifes und durchdachtes Debutalbum ab und fahren die modernen Geschütze auf, die der New Wave und Shoegaze im letzten Jahrhundert schon zu beachtlichem Erfolg und Einfluss gebracht haben: Synthie-Spielzeug ohne Ende, viel satten Bass, energisch nach vorne treibendes Schlagzeug und ein Gesang, der nicht im Mittelpunkt steht. Denn da befindet sich das Gesamthörerlebnis. Wollte man es vergleichen, ist es ein neuartiger, innovativer Mix aus She Wants Revenge, Depeche Mode und New Order. Also ganz weit oben ist hier anzusiedeln.

Der schwere Bass wird schnell zum Charakteristikum von Holygram. Zugleich ist auf dem Titeltrack eine Stimme voller Hall zu vernehmen, beides bleibt bestehen und kennzeichnet einen wuchtigen Beginn: dynamisch und druckvoll. Was zum roten Klangfaden gesellt ist eine positive Monotonie. Nur in Nuancen unterscheiden sich die Songs wirklich voneinander, manchmal gehen sie unerkennbar ineinander über, was ein tolles Hörerlebnis ermöglicht. Doch hält sich das auf kompletter Länge? Jein. Während A Faction schon sehr hitverdächtig in Lauerstellung steht und mit dem wahnsinnig dichten, vielschichtigen Sound viel Spaß macht schwächeln Odd Neighbourhood und She's Like The Sun zum Ende hin ziemlich ab, weil der Klang sich im Kreis dreht.
Unterm Strich bleibt aber ein überzeugender Gesamteindruck hängen. Das hat verschiedene Gründe. Zum Einen bieten sie teilweise den Klang an, den man aktuell bei Drangsal in seiner Reife noch vermisst (Signals) und sie haben keine Angst davor unkonventionell zu sein mit ihren positiv anstrengenden Klanggewittern (Dead Channel Skies). Patrick, Sebastian, Marius, Pilo und Bennett schrecken nicht vor sehr langen Instrumentalparts wie bei Distant Light zurück und machen extrem neugierig darauf, wie das live wohl klingen mag. Es hat oft den Eindruck nach einer extrem düsteren Dystopie. Nicht umsonst bezeichnen sie selbst ihre Musik als music for the lost. Passt!

Hier stehen sie demnächst auf der Bühne:

30.10. - Frankfurt - Batschkapp (mit VNV Nation)
31.10. - Leipzig - Haus Leipzig (mit VNV Nation)
01.11. - Rostock - M.A.U. (mit VNV Nation)
02.11. - Hamburg - Mehr Theater am Großmarkt (mit VNV Nation)
09.11. - Köln - Gebäude 9 (Release Show)



Freitag, 26. Oktober 2018

KW 43, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: mindshare.org.au
(sb/ms) Es gibt Songs und Künstler, die mit ihrem Werk die eigene Welt ganz schön durcheinander bringen können. Das schafft Literatur ja bekanntlich auch ganz gut. Ich lese derzeit das Buch Die Stunde zwischen Frau und Gitarre von Clemens J. Setz. Auf den rund 1000 Seiten wird die eigene Realität massiv auf den Kopf gestellt. Ja, der Titel ist ganz furchtbar, der Inhalt jedoch brisant und hinlänglich verstörend. Es geht um eine junge Frau in Graz, die in einem Wohnheim arbeitet, wo Leute leben, die ihre eigene Existenz nicht hundert prozentig auf die Reihe kriegen. Dabei ist auch ein gewisser Herr Dorm, der durch massives Stalking die Frau von Herrn Hollberg in den Suizid getrieben hat, denn Dorm ist wahnsinnig in Hollberg verliebt und ein unerträglicher Frauenhasser. Letzterer kommt Dorm nun wöchentlich besuchen und erniedrigt ihn, was er aushält und irgendwie toll findet. Noch erschreckender: Dorm sitzt im Rollstuhl und das Buch ist so unglaublich fesselnd geschrieben, dass ich letztens einen Rolli-Fahrer ganz verächtlich angesehen habe. Da musste ich wirklich zusammenzucken. Puh... Dann wurden ganz schnell die Boxen aufgedreht:

Die Sauna
Feiertag in Österreich, Zeit zum Relaxen und einen Ausflug in eine nahegelegene Thermenlandschaft. Überragende Überleitung und da sind wir auch schon mitten im Thema: Die Sauna (allerdings aus dem bayerischen Oberland und nicht aus der nahen Alpenrepublik) veröffentlichen heute ihre Single Das geometrische System. Die ersten paar Bilder des Videos lassen Schlimmes erahnen, doch dann setzt die Musik ein und alles wird gut. Nicht umsonst haben die Mittzwanziger vom Schliersee schon Support-Slots bei Wanda und Tocotronic absolviert und das sollte nur der Anfang gewesen sein. 2019 folgt das Debütalbum und wir freuen uns schon sehr drauf. Wer braucht schon die ganzen ach so coolen und hippen Bands aus Berlin, wenn er vor der Haustüre solchen Perlen hat?


Haley Heynderickx
Schauen wir der Wahrheit ins Gesicht: hätte Bon Iver das Album I Need To Start A Garden aufgenommen, die einschlägige Fachpresse hätte feuchte Höschen bekommen und sich vermutlich mit Lobeshymnen gegenseitig übertrumpft. So aber stammt das gute Stück "nur" von Haley Heynderickx, einer philipino-amerikanischen Sängerin, die hierzulande nahezu unbekannt ist. Es liegt an Euch, das zu ändern und live könnt Ihr die Dame aus Portland auch bald bewundern:

26.11. Haus der Musik | Wien
27.11. Innsbruck | Spielraum
28.11. Freiraum | Übersee
29.11. Rote Sonne | München
30.11. Club Manufaktur | Schorndorf
01.12. Haldern Pop Bar | Haldern
03.12 Privat Club | Berlin
04.12. Franzis | Wetzlar
05.12. Bogen F | Zürich
06.12 L`AMALGAME | Yverdon
07.12. Le Port Franc | Sion
08.12. Kulturhaus Caserne | Friedrichshafen




Ljungblut
Endlich mal wieder was Neues aus Norwegen: Kim Ljung, bekannt als Bassist der Alternative-Rocker Seigmen, veröffentlicht am 02.11. mit seiner ursprünglich als Soloprojekt angelegten Band Ljungblut das mittlerweile sechste Album, das letzte einer Trilogie mit norwegischen Texten.
Heißt: verstehen tut man nix, klingt aber schon sehr interessant und man kann sich umso mehr auf die Melodien und die instrumentale Begleitung konzentrieren. Trotzdem möchte ich Euch auf ein paar textliche Inhalte auf Villa Carlotta 5959 aufmerksam machen: Hasselblad handelt von den 12 Kameras eben dieses Herstellers, die auf der Mondoberfläche zurückgelassen wurden, während Superga sich auf die Anhöhe nahe Turin bezieht, an der 1949 bei einem Flugzeugunglück 31 Menschen ums Leben kamen, darunter das komplette Team des damaligen Serienmeisters  AC Turin. Persönliche Referenzen zieht Ljung in Min Krig und Aldri Helt Stille, in denen er sich musikalisch mit seiner chronischen Migräne auseinandersetzt. Alles in allem ein tolles Album mit einer ausgewogenen Balance aus Tempo und Melancholie, wobei Ljungs charakteristische Stimmung bestens zur Geltung kommt.


Adam Angst
Ende September kam das aktuelle Album von Adam Angst in die Plattenläden und Streamingportale. Erst habe ich das etwas ignoriert und dann schlug es ein wie eine Bombe. Zur Ignoranz auch beigetragen, dass der Titel Neintology echt richtig dämlich ist. Darum wurde eine pseudoreligiöse Struktur gebaut, die das Album überhaupt nicht notwendig hat. Ja, Punk ist nicht zwingend mein Genre, doch Bands wie Turbostaat oder Love A und auf jeden Fall Adam Angst beweisen, wie viel da rauszuholen ist. Die Platte hat so viel Druck, Krach, Macht und Abwechslung zu bieten, dass einem durchaus schwindelig werden kann. Punk, Blase aus Beton oder Kriegsgebiet sind nur drei der insgesamt elf starken Songs. Dabei kann man Felix Schönfuss gratulieren, dass er endlich eine Band gefunden hat, mit der er zwei Alben aufgenommen hat.
Tickets für die anstehende Tour verkaufen sich wie geschnitten Brot. Wir empfehlen den Besuch:

15.11.2018 Wiesbaden, Kesselhaus (Ausverkauft)
16.11.2018 Wien, Arena
17.11.2018 München, Backstage
18.11.2018 Zürich, Dynamo 21
20.11.2018 Köln, Die Kantine (Ausverkauft)
21.11.2018 Hannover, Musikzentrum
22.11.2018 Münster, Sputnikhalle  (Ausverkauft)
23.11.2018 Bremen, Schlachthof
24.11.2018 Hamburg, Uebel & Gefährlich
25.11.2018 Berlin, Festsaal Kreuzberg
22.02.2019 Dresden, Beatpol
23.02.2019 Leipzig, Conne Island
24.02.2019 Frankfurt, Das Bett
01.03.2019 Stuttgart, Im Wizemann
02.03.2019 Osnabrück, Kleine Freiheit
03.03.2019 Dortmund, FZW Club



Demons of Ruby Mae
Zum Schluss hauen wir euch noch ein paar Großstadtbeats um die Ohren: Demons of Ruby Mae. Heute feiert die englische Band die Veröffentlichung ihres ersten Albums, das da den bandeigenen Namen trägt. Jonny Gavin und Adam Rowley zogen von Leicester nach Manchester, um ihrem hypnotischem Sound mehr Raum zu geben. Ob es der Umzug oder die Professionalisierung ist, ist natürlich unklar, aber der Klang hört sich sehr reif an. Die Musik taugt für gepflegtes Schwingen des Tanzbeins oder auch etwas andächtigen Stunden, kommt auf die Lautstärke an. Young Blood ist nicht nur die passende Single, sondern liefert auch ein ansehnliches Video:


Dienstag, 23. Oktober 2018

The Inspector Cluzo - We The People Of The Soil

Foto: Laurentx Etxemendi
(ms) Die Gascogne liegt im Südwesten Frankreichs, an den Pyrenäen und der Grenze zu Spanien. Es ist mitunter eine touristische Gegend, doch geprägt wird sie durch etwas anderes: Landwirtschaft. Nicht umsonst ist auf dem Wappen der Gascogne neben Löwen zwei Bündel Getreide zu sehen. Neben diesem Anbau gibt es dort auch Fischfang und sehr guten Wein.
Diese Gegend ist ein kleines Paradies und ein guter Rückzugsort. Das haben auch Laurent Lacrouts und Mathieu Jourdain erkannt und sich dafür entschieden dort zu leben,gemeinsam zu musizieren und betreiben auch noch einen Bauernhof. Und wenn sie gerade nicht schlachten, füttern, ernten, säen, mähen, melken, gießen oder Unkraut jäten, dann nennen sie sich The Inspector Cluzo und machen zu zweit Musik, klingen aber wie eine ganze Mannschaft. Seit zehn Jahren machen sie das und wir waren vom letzten Album Rockfarmers schon sehr angetan, der Titel fasst auch gut deren Auffassung vom Leben zusammen. Nun zum Jubiläum gibt's natürlich neues Material zu hören: We The People Of The Soil erscheint diesen Freitag (26. Oktober) über ihr eigenes Label Fuckthebassplayer. Herrlich!
In Frankreich erschien das neue Werk bereits im Frühjahr und nun können wir hier auch endlich zuschlagen und wir sagen: Es lohnt sich mal wieder!

Neben der Bauerntätigkeit kann man guten Gewissens behaupten, dass Laurent und Mathieu auch mit ihrer Musik etwas zu sagen haben, oder besser gesagt mit dem Gesamtprogramm. So ist seit einem Jahr eine Biographie über sie zu lesen. Und der Albumtitel beschreibt ja eindrücklich, wo sie ihre Wurzeln sehen. In den Songtexten geht es dann auch mitunter politisch und gesellschaftlich zu.

Mit The Sand Preacher startet das Werk genauso, wie man es gewohnt ist: satter, knarziger Rock strömt aus den Boxen. Es ist kompromisslose Gitarren-Musik, wie sie hierzulande vielleicht noch Kurt Ebelhäuser (Tonstudio45, Blackmail, Scumbucket) liebt und produziert. Mathieu trommelt was das Zeug hält und Laurent brüllt mal gerne ins Mikro, so soll es sein, so braucht man keinen Bassisten. In Cultural Misunderstanding unterstreichen sie durchaus ihren Anspruch als politische Band, wenn sie singen: It's diversity that brings us together. Wohl wahr!
Auf Ideologies ist ihre Herangehensweise ans Musizieren gut zu hören. Ihr Produzent Vance Powell ist bekannt dafür, dass er ausschließlich analog aufnimmt. Das hat er schon mit Jack White, Clutch oder Seasick Steve gehandhabt. Die Aufnahmen haben keine zwei Wochen gedauert und wie schön ist es denn, wenn man die 8-Spur-Bandmaschine hört!
Sie arbeiten jedoch auch an der Veränderung, Stillstand ist ja bekanntlich der Tod. So ist dies nicht nur das erste Album, das sie nicht selbst produziert haben, sondern auch mit Streichern arbeiten (No deal at the crossroads). Auch eine Gastsängerin haben sie mit ins Boot geholt. Das harmoniert nicht nur sehr gut mit ihrem Klang (The Best), sondern gibt einem erneut zu staunen, dass sie diese Wucht und Intensität auf die Bühne bringen können.
Und wer denkt, dass das Album zwischendurch ein wenig an Druck verliert und droht abzuschwächen, der wird bei Pressure on Mada Lands eines besseren belehrt. Sie beweisen ihre hohe Gitarrenkunst und liefern sich einen wahren Wettstreit, wenn Freund und Fan Tyler Bryant auch in die Saiten haut. Das macht richtig Spaß! Classic Rock ist ja ansonsten ein langweiliges Genre, hier blüht es prächtig auf. Bevor mit Brothers in Ideals das Album ruhig ausklingt, zeigen sie mit The Globalisation Blues erneut, was in ihnen steckt: ein sauberer Knallersong, der ein gutes Beispiel dafür ist, dass dies ein schönes, ausgewogenes, intensives, kurzweiliges und abwechslungsreiches Album ist.

Super auch, wie das Album erhältlich sein wird. Natürlich als Download und auch als Vinyl. Doch die CD-Version ist möglicherweise die schönste, denn sie kommt mit einem Buch daher, in dem man die Texte durchblättern kann. Zusätzlich gibt's auf englisch und französisch etwas über die beiden zu lesen. Zu jedem Song hat ihr Freund ABU Zeichnungen angefertigt. Wenn das nicht mal ein gelungenes Gesamtkunstwerk ist...

Hier werden sie bald live zu sehen sein:

Support von Clutch:
02.12.2018 D-Berlin, Astra Kulturhaus
04.12.2018 D-Köln, Live Music Hall
05.12.2018 D-Frankfurt, Batschkapp
08.12.2018 A-Wien, Arena
13.12.2018 D-München, Backstage Werk
14.12.2018 D-Stuttgart, Longhorn

Eigene Tour:
05.02.2019 D-Hamburg, Logo
12.02.2019 D-München, Backstage
13.02.2019 D-Köln, Luxor
15.02.2019 D-Schwerin, Speicher
16.02.2019 D-Berlin, Maschinenhaus



Eine halbstündige Doku über ihr gesamtes Werk, ihr Wesen als Farmer und Musiker:

Sonntag, 21. Oktober 2018

PeterLicht - Wenn wir alle anders sind


Foto: Christian Knieps
(ms) Anders sein, um gut oder sogar super zu sein. Es geht um Wandel, Illusion, Schein und Veränderung als niemals endender Prozess. Es geht gewissermaßen auch um Provokation. Eine Herangehensweise, die der Pop in den letzten Jahren erst wiederentdeckt hat.
Genau das alles personifiziert PeterLicht. Er bleibt definitiv anders, wandelt sich, ändert sich, erfindet sich mitunter neu und findet immer Kanäle, um all sein kreatives Potential zu entfachen. Dazu gehören nicht nur seine Bücher, sondern in den letzten Jahren hauptsächlich diverse Theaterstücke, die er auf die unterschiedlichsten Bühnen gebracht hat. Der letzte Streich war eine Inszenierung eines Klassikers von Molière, umbenannt in "Tartuffe oder Das Schwein der Weisen" in Basel. Dabei nahm er das Original bis zur endgültigen Unkenntlichkeit auseinander und wurde dafür gelobt. Sich selbst nimmt er auch als Musiker und Person der Öffentlichkeit auseinander. Jahrelang wollte er nicht, dass Bilder von ihm gemacht und veröffentlicht werden. Mit Erfolg. Nur logisch das auch zu ändern und eine aalglatte Version von sich selbst zu zeigen: Abgepudert und hochgestylet, Show and Shine.
Nun hat PeterLicht diesen Freitag (19. Oktober) sein neues Album über das sehr geschmackvolle Label tapete records herausgebracht. Sieben Jahre sind vergangen, als es das letzte neue Material gab; zwischendurch ein sehr hörenswertes Live-Album. Wenn wir alle anders sind heißt das neue Werk und in der Tat werden darauf neue Seiten des kreativen Kölners aufgezogen.

Relativ schnell wird klar, dass der Klang reduziert wurde. Experimentell ging es ja immer schon zu in seinen Liedern, doch auf den Alben Melancholie und Gesellschaft und Das Ende der Beschwerde war mehr Band mit vielen Instrumenten zu hören. Das ist jetzt nur noch ab und an der Fall, und er arbeitet auch gerne mal mit Drum-Computern oder anderen Synthie-Spielzeugen.
Von der Art des Songwritings gibt es im Grunde genommen keinerlei Überraschungen, denn es bleibt kaum zu kategorisieren, es bleibt gaga, es bleibt schwer zu fassen. Und das macht den Reiz aus. (Vermeintliche) Indianer-Weisheiten werden ad absurdum geführt und gleichzeitig wird in der Zeit von Fake News und alternativen Wahrheiten die Frage gestellt, was denn nun genau wahr oder falsch sei (Chipslied). Dass Gesellschaft PeterLichts Thema ist, ist auch keine Neuigkeit, aber wie er es angeht immer wieder erstaunlich breit gefächert. In Emotionale / Hört die Signale! wird das gute alte Arbeiterlied zur anderweitigen, umgreifenden Systemkritik. Die Vergrätzten, Verschmierten und Verschlammten werden neben den Kreativen, Emotionalen und psychisch Kranken zum Widerstand animiert. Doch bei Zeilen wie Ihr seid das Holz auf dem Weg auf dem ihr geht bleibt die Frage erlaubt, wie vielversprechend dieser Widerstand ist. 
Neben den teils schwer zu dechiffrierenden Texten kommt die Musik zum Glück nicht zu knapp. Die Nacht ist eines dieser ruhigen und schönen und starken und harmonischen und sehr melodiösen Lieder; minimalistisch mit gezupfter Gitarre und Streicher-Klangteppichen im Hintergrund. Dass PeterLicht es liebt mit Sprache zu spielen ist eine Binsenweisheit. Insbesondere Präfixe scheinen es ihm angetan zu haben. Im Umentscheidungslied wird sich vertippt, vertätowiert, verföhnt, vergessen, verwählt und veroperiert und erinnert dabei herrlich an Marketing, wo er ähnlich vorgegangen ist (zerfetzen, zerhacken, zerkratzen, zerlegen, zermantschen). Intertextualität nennt man solche Querverweise. 
Im Liebeslied von unten / Optionslied behandelt er den Titel des Albums dann nochmal auf ganzer Liedlänge. Mit dieser Art der Betitelung von einzelnen Tracks sind PeterLicht-Hörer schon lange vertraut, irgendwie ist es ja auch ulkig.

Wenn wir alle anders sind ist ein gutes Album. Doch PeterLicht kann es eigentlich auf der gesamten Spielzeit wesentlich besser, Melancholie und Gesellschaft ist der beeindruckende Beweis dafür! Einzelne Lieder bleiben wenig haften (Candy Käsemann, Letzte Tote des großen Krieges trotz Dramatik zum Schluss) und die Auskopplung Menschen klingt irgendwie vom Sound her beliebig und was soll die verzerrte Stimme dabei?!
Nichtsdestotrotz bleibt ein positiver Gesamteindruck.
Und davon kann man sich zum Glück auch bald wieder live überzeugen. Und den Besuch eines PeterLicht-Konzertes sei allen ans Herz gelegt. Zwei Mal war ich dabei, letztes Jahr erst in Salzburg und es ist stets sehr unterhaltsam! Hier tourt er entlang:

20.10.2018 - Frankfurt - Mousonturm
21.10.2018 - München - Feierwerk (AUSVERKAUFT)
22.10.2018 - Köln - GLORIA THEATER
24.10.2018 - Hamburg – Kampnagel - Internationales Zentrum für schönere Künste
24.11.2018 - Essen – Zeche Carl
13.12.2018 - Konstanz – Kula Konstanz
14.12.2018 - Schorndorf – Club Manufaktur
04.04.2019 - Berlin – Festsaal Kreuzberg
30.04.2019 - München – Feierwerk (ZUSATZKONZERT)
01.05.2019 - Wien – Theater Akzent



Freitag, 19. Oktober 2018

KW 42, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: facebook.com/pg/thespace42
(ms/sb) Merkt Euch die Kalenderwoche 42 im Jahre Zweitausendundachtzehn. Da ist nämlich eine Menge passiert. Zum Einen ist Ferris MC bei dem Partyflagschiff Deichkind ausgestiegen. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht mehr genau, dass es die überhaupt noch gibt, hört man ja nichts mehr von. Aber die machen anscheinend neue Musik. Wieso auch nicht?! Dann wurde bekannt, dass zum Ende des Jahres die Spex eingestellt wird. Ach, du scheiße. Erst hat es die Intro erwischt und nun das nächste große Pop-Magazin. Niemand kauft mehr Print. Ich zähle mich im Magazin-Bereich jetzt einfach mal dazu und bin so gesehen auch Schuld dran. Zudem ziehen sich Unternehmen aus dem Printanzeigengewerbe zurück. Dann gab es aber auch noch eine herausragende Nachricht. Denn Dendemann ist wieder da. Nach den raren Festivalauftritten im Sommer, steht nun eine Tour an. Es gibt sie noch, die guten Meldungen!

OK KID
Man muss OK KID für Kaffee Warm dankbar sein: ein Hammer-Track, der einfach immer geht und bei dem man so richtig austicken kann. Was die Herren aber geritten hat, ein Album wie Sensation (VÖ heute) aufzunehmen, bleibt wohl ihr Geheimnis. Zwei der elf Songs sind zugegebenermaßen ziemlich stark (1996 und vor allem der Opener Lügenhits), der Rest hingegen ist sensationell schlecht. Diese Betroffenheit, dieses Anprangern - das klingt so brutal aufgesetzt, dass es wehtut.

  
Holygram
Musikgenrerevival-Bands sind ja im Grunde genommen total langweilig. Außer wenn sie so sehr den Dreh raus haben, dass etwas Vielversprechendes dabei herauskommt. Beispiel: Holygram! Mit A Faction haben sie den Vorboten zu ihrem ersten Album Modern Cults (VÖ: 09.11) veröffentlicht. Es ist eine gelungene Mischung aus den frühen Depeche Mode und Placebo mit eigenem, elektronischen Anstrich. Das weiß hier durchaus zu überzeugen. Starker Song, wir sind sehr gespannt.




Benz
Okay, eine Auto-Anspielung darf bei diesem Namen schon erlaubt sein: Aber wir machen keine Werbung für Vierräder, sondern wollen Euch Musik schmackhaft machen. Mit Benz fällt einem das sehr leicht, so schön sind die Klänge, die die Schwedin, mit bürgerlichem Namen Ebba Salomonsson, produziert. Elektronische Klangteppiche gepaart mit Bläsern, Streichern und einer sanften Stimme. Dazu kommt ein wunderschönes Video, dass diese Töne perfekt in Szene setzt. The Smile ist die Ankündigung des Albums Erazor, das im kommenden Frühjahr erscheinen wird. Voilà:




Das Ding ausm Sumpf
Rap, alte Lady. Du hast so viele schöne Spielarten. Und das, was Das Ding ausm Sumpf macht, gefällt uns extrem. Das Album Raumzeit hat uns schon sehr zugesagt, jetzt wird nachgelegt und mit WWNW (nur weniger) kam diese Woche ein Video raus, das in Marokko gedreht wurde und mit einem saftigen, tiefen Beat zu überzeugen weiß. Die Stimme erinnert ja schon gewaltig an Marteria, aber der Schnurrbart nicht. Drehen Sie die Boxen auf, machen Sie die Augen auf uns dann kommt das hier richtig gut. Gibt's auch bald noch live:

15.12. Kiel - Pumpe
11.01. München - Milla Club
12.01. Augsburg - Grand Hotel




Alice Rose
Es gibt so Scheiben, von denen man sich gar nichts erwartet und bei denen man mangels Zeit dazu tendiert, sie sich gar nicht erst anzuhören. Bei Alice Rose sprang ich Gott sei Dank über meinen Schatten und wurde mit einem bezaubernden Album belohnt: What To Do In The Rain (VÖ: 09.11.) kommt gänzlich unaufgeregt daher, besticht über weite Strecken durch unbeschwertes Songwriting und setzt die Stimme der dänischen Globetrotterin, die sich mittlerweile in Berlin niedergelassen hat, perfekt in Szene. Eine sehr positive Überraschung! Kann man zwar auch bestens neben der Arbeit hören, aber es lohnt sich durchaus, sich etwas näher mit den Texten auseinanderzusetzen und dem Album seine volle Aufmerksamkeit zu schenken.



Razorlight
Was, gibt's die denn noch? Nein, nicht "noch", sondern "wieder"! Der Stern von Razorlight ging vor mittlerweile 14 Jahren auf, doch nach drei Top 5-Alben im UK war es auch schon wieder vorbei mit der Herrlichkeit und seit 2010 trafen sich die Musiker um Sänger Johnny Borrell in neuer Zusammensetzung nur noch sporadisch, um Konzerte zu spielen. Apropos Konzerte: ich persönlich hab ja jedes Recht dazu, grantig auf Razorlight zu sein, denn dreimal hatte ich Tickets für Gigs der Briten und dreimal fiel das Konzert aus: einmal gabs gar keine Begründung, einmal wars aus gesundheitlichen Gründen und einmal wurde der Auftritt kurzfristig abgeblasen, weil die Band ein hochdotiertes Angebot bekommen hatten, um einen Privatgig bei den Reichen und Schönen dieser Welt zu spielen.
So, nun aber zurück zur Gegenwart: Olympus Sleeping heißt das neue Werk, das kommende Woche (26.10) veröffentlicht wird und das einem das Gefühl vermittelt, Razorlight seien nie weg gewesen. Borrell nimmt man seine mittlerweile 38 Lenze eh nicht ab, die Melodien knüpfen nahtlos an alte Zeiten an, in denen Razorlight zusammen mit The Kooks, Hard-Fi und den Kaiser Chiefs die Speerspitze des damaligen Brit-Pops bzw. Indie-Rocks bildeten.
Der Adam Green Skit zum Einstieg ist natürlich sehr originell, danach geht's mehr poppig als rockig zur Sache, die 36 Minuten vergehen wie im Flug. Was bleibt hängen? Es sind schon einige Ohrwürmer am Start, der ganz große potenzielle Hit à la America, der es in England sogar zur Nummer 1 brachte, fehlt allerdings. Anspieltipps: Razorchild, Brighton Pier und Japanrock.




Lazy Lu
Erst denken, dann reden - einfache Regel! In der deutschen Rapszene klappt das Reden bei vielen ganz gut, nur mit dem Denken hapert es oftmals, sei es davor oder danach. Umso schöner, wenn es Künstler gibt, die sich davon abheben und in ihren Texten etwas zu erzählen haben, das über die öde Bitchbumsenblingbling-Scheiße hinausgeht und das Leben in all seinen Facetten beleuchtet. Der Nürnberger Lazy Lu (nicht zu verwechseln mit dem großartigen Juse Ju) ist so ein Exemplar und veröffentlicht am kommenden Freitag (26.10.) sein Debütalbum Laila mit tatkräftiger Unterstützung des Berliner Rappers Lorenz. Reinhören, mögen, kaufen. Manche Dinge sind so einfach.



Donnerstag, 18. Oktober 2018

Live in Köln: Get Well Soon

facebook.com/youwillgetwellsoon
(ms) Okay, die Erwartungen waren riesig, sehr schwer zu erfüllen. Aus einem einfachen Grund: Get Well Soon habe ich erst vor wenigen Wochen auf dem Reeperbahn Festival im Hamburger Michel gesehen. Ein ganz tolles Venue für ein Konzert dieser (Extra-)Klasse und es hat bleibenden Eindruck hinterlassen und noch mehr Vorfreude erzeugt auf den gestrigen Abend in der Philharmonie Köln.

Genau, das ist das Gebäude, auf dessen Außenbereich hinter dem Dom man nicht gehen darf, weil das im Saal zu stark hallt. Das ist auch das Gebäude, unter dessen Bühne in zwei Meter Tiefe die U-Bahn entlang saust. Laut Medienberichten soll auch das zu spüren sein. Gestern war nichts zu erahnen. Trotz dieser kleinen Schönheitsfehler ist festzuhalten, dass die Philharmonie ein chic anzusehender Komplex ist; edel aber nicht zu elitär. Doch: warum ist die Reihe 2, so wie es auf dem Ticket steht, in Wirklichkeit die erste Reihe?! Keine Ahnung, aber immerhin saß ich vollster Überzeugung auf dem falschen Platz, um dann noch nach vorne zu rücken. Why not?!

Die erste Reihe ist bei solch einem Konzert ein ganz besonderer Ort, an dem man den Abend verbringt. Das breite Equipment lässt sich von Nahem begutachten und der Blick auf die vielen GWS-Banner hinter der Bühne oder an den Notenständern waren - auch mit unbewaffnetem Auge - großartige Details.
Schlag 20 Uhr ging das Licht aus und Sam Vance-Law hat mir seiner virtuosen Band das Kommando übernommen. Und wie! Er ist nicht nur ein alter Bekannter von Konstantin Gropper (Dear Reader, Traded Pilots), sondern auch ein erstklassiger Entertainer mit enorm viel Charme. Im Nu hat er das Publikum um den Finger gewickelt und liefert in einer halben Stunde eine feine Auswahl an Songs aus seinem Homotopia-Album: Phantastisch! Musikalisch herausragend, inhaltlich stark und unglaublich sympathisch. Klar, dass man die Platte mit nach Hause genommen hat!

Um 21 Uhr ging dann nochmal das Licht aus und die große Horror-Show hat begonnen. Konstantin Gropper spielt diese Tour nicht nur mit seiner normalen Band, die mit ihm schon zu sechst ist, sondern auch mit einer Big Band, sodass 14 Akteure ihre Instrumente bedienten. Gerne würde ich wissen, wie lange sie üben mussten, um diesen perfekten Klang hinzubekommen, es war ideal abgestimmt. Okay, der Sound in der ersten Reihe ist leider nicht so klar gewesen, aber es war okay. Das extrem aufmerksame Publikum hat das Können mit viel verdientem Applaus honoriert und auch zwischendurch gab es Standing Ovations, womit die Musiker sichtlich nicht gerechnet haben. Neben den ruhigen und mächtigen Liedern des aktuellen Horror-Albums gab es natürlich auch ein paar alte Klassiker zu hören. Die Auswahl der Stücke war sehr harmonisch und mit einigen Details geschmückt, zum Beispiel ältere Lieder in neuem Gewand. Ein sehr cleverer Einfall war zudem, zu Nightjogging einen Jogger auf die Bühne zu holen, der sehr diszipliniert die gesamte Länge des Liedes auf der Stelle gelaufen ist. Gropper kann man nicht mehr vorwerfen, dass er nicht weiß, wie er sonst die Leute unterhalten soll. Vor Jahren hat er mal gesagt, dass er sich ein Witzebuch für die Pausen zulegen sollte. Nein, braucht er nicht. Vor neuneinhalb Jahren habe ich ihn zum ersten Mal gesehen und nun lässt sich gut erahnen, was für eine irre Entwicklung er durchgemacht hat: stets musikalische Perfektion, aber viel mehr aufgetaut auf der Bühne.
Ein wahres Highlight des Abends war, dass sie zum Schluss I Sold My Hands For Food So Please Feed Me gespielt haben. Auf den vergangenen Touren ist dieses Machtwerk öfter aus der Playlist geflogen und nun in diesem wunderbaren Ambiente knallte es den Zuhörern gewaltig um die Ohren.

Was für ein herausragender Abend, es war richtig schön. Toll war es auch von ganz vorne den Musikern direkt ins Gesicht zu schauen, wenn die Lieder an Dynamik gewonnen haben. Intensive, schmerzverzerrte, aber hochzufriedene Mimiken, die schreien, genießen, spielen was das Zeug hält.
Beglückt steigt man dann auch in die Bahn und ist drei Stunden später zu Hause.
Aber okay: Im Michel war es noch ein klitzekleines Stückchen besonderer und besser. Meckern auf hohem Niveau.



Dienstag, 16. Oktober 2018

Live in Münster: Staring Girl

Staring Girl in der Pension Schmidt. Foto: luserlounge
(ms) 15. Oktober in Münster, Westfalen. Streift man abends bei diesen milden, spätsommerlichen Temperaturen durch die Stadt, sieht man Horden an jungen Leuten und erinnert sich plötzlich: Achja, es ist ja Beginn des neuen Semesters und die Erstis erkunden die einschlägigen Lokalitäten der Innenstadt, wo man angenehm oder derbe versacken kann.

Die Pension Schmidt ist eher ein Laden, in dem man tagsüber sehr gut versacken kann, so gemütlich ist es dort. Die alten Sofas und Sessel lassen einen genauso nicht mehr gehen wie die frischen Kuchen, Quiches oder Kaffees.
Für allerhand kulturelle Veranstaltungen zu Abend hat sich die Adresse seit einigen Jahren genauso etabliert. Seien es Pub Quizze, Lesungen oder Konzerte. Eines davon fand gestern Abend statt und die Gruppe mit dem besten deutschsprachigen Album diesen Jahres - bis dato - war der Höhepunkt: Staring Girl. Das Hamburger Quintett um Steffen Nibbe inklusiven ehemaligen Mitmusikern von Gisbert zu Knyphausen wie Frency Suhr am Bass sind auf kleiner Herbsttour und hielten für einen wunderbaren Abend in Westfalen.
Das Konzert wurde von der Münsteraner Band Francois Dillinger eröffnet. Lustigerweise sind dies auch fünf Jungs, die mit entspanntem Indiepop zu unterhalten wussten. Es erinnerte stark an die wunderbaren Herrenmagazin, doch man wurde den Eindruck nicht los, dass es etwas uninspiriert zuging auf der kleinen Bühne. Musikalisch gut, aber der Funke sprang nicht über.

Das änderte sich nach kleiner Umbaupause. Das mag auch damit zu tun haben, dass der Ton nun wesentlich besser abgemischt war, die Klaviertöne waren zu hören, der Gesang wesentlich klarer und das Schlagzeug nicht so scheppernd. Schon nach den ersten Takten lag spürbar in der Luft, dass es in dieser Band ganz hervorragend harmoniert. Es brauchte kaum Absprachen für ein reibungsloses Spiel. Staring Girl entführte die aufmerksamen Zuhörer sofort in eine andere, innere Welt. Die treibenden Horden auf dem Bürgersteig waren kaum mehr wahrnehmbar. Denn Nibbes Texte sind ein Fenster, durch das man klettern kann, um dem Alltag zu entfliehen und komischerweise genau in ihn wieder einzusteigen, nur aus einer anderen Perspektive. Es sind alltägliche Geschichten, es geht um Liebe, Menschen, Diebe, Halunken. Leicht kommt man rein in diese Zeilen und sie tun gut. Sie spielten Lieder von ihren beiden Platten: Cornflakes und Milch, Die guten Gedanken, Jeder geht alleine, Stolpern taumeln und laufenViertel Vor Nichts, Matratzenladenneonröhrenlicht undundund. Zum Glück kommt nie Schwermut, große Melancholie oder Selbstmitleid hindurch in ihren Liedern, ein großer Pluspunkt. Das erlaubt auch gute Ansagen, einen angenehmen Draht zum Publikum inklusive musikalisch untermaltem Werbeblock. Herrlich!
Was doch kurios war - und da schließe ich mich dem Thema der letzten beiden Beiträge an - ist, dass zwischendurch eine etwas ältere Frau auf ihrem Handy laut einen Livemitschnitt eines ihrer Konzerte hat laufen lassen. Wie absurd kann es nur zugehen? Wie respektlos kann man sein? Was soll das? Das kann hoffentlich nur diese Dame erklären.
Sie hat sich zumindest ablenken lassen von wunderbarer, nahegehender Musik. Selbst Schuld.



Montag, 15. Oktober 2018

lit.ruhr in Essen mit Marcus Wiebusch

Quelle: berlin030.de
(ms) Was habe ich mich am Freitag und Samstag noch über das Publikum bei Bukahara aufgeregt. Immer noch zu Recht, wie ich meine. Umso besser, wenn es Veranstaltungen gibt, die auch dem Wirken der Künstler abseits der Bandkonstellation Raum geben. Dazu gehört die lit.ruhr, die in den letzten Tagen auf dem Gelände des Zollvereins in Essen stattgefunden hat. Fünf Tage lang gab es dort zahlreiche Veranstaltungen aus dem Literaturkosmos für Groß und Klein. Einen wahren Höhepunkt lieferte am Sonntagabend ein Interview von Marcus Wiebusch, das von Ingo Neumayer geleitet wurde. Zuerst muss jedoch würdigend hinzugezogen werden, auf welch atemberaubendem Gelände die lit.ruhr stattfand. Der Zollverein in Essen ist ehemalige Kokerei und Steinkohlebergwerg und heute Weltkulturerbe. Wer mal da war, weiß dann auch wieso. Das Areal ist riesig, die Anlagen, Gebäude, Konstruktionen lassen den Besucher staunen. Was dort wohl für ein Lärm, ein Geruch, ein Tempo, ein Gewusel, eine Temperatur vor vielen Jahren geherrscht haben. Unabhängig vom Literaturfestival ist dies einen Ausflug von nah und fern wert!

Marcus Wiebusch also. Er ist in diesem Jahr 50 geworden und erlebt seit letztem Jahr die wohl erfolgreichste Zeit als Musiker. Das Kettcar-Album Ich vs. Wir ist das Beste an deutschsprachiger Gitarrenpopmusik, das in den letzten Jahren das Licht der Welt erblickt hat. Das gibt er selbst auch offen zu, wenn er den klugen Fragen von Ingo Neumayer geantwortet hat. Einige hundert Leute sind gekommen, um diesem Gespräch zu lauschen. Die Halle auf dem Kokerei-Gelände war schön und schnell voll. Dass so eine Menge einen erfahrenen Künstler immer noch nicht kalt lässt, macht Wiebusch so nahbar und extrem menschlich. Nach kurzer Ansage kamen er und Neumayer auf die Bühne und der Sänger war sichtlich aufgeregt, knetete die Hände, suchte an Schuh und Hose nach Halt. Klar, das verflog auch, dafür ist er zu lange im Business.
Kokerei am frühen Abend. Foto: luserlounge
Und genau darum ging es. Es ging nicht nur um Kettcar, um das Grand Hotel van Cleef, um ...But Alive oder sein Solo-Album. Es ging um Marcus Wiebusch als Songwriter, Mensch, Musiker. Dass er dabei auf einer Literaturveranstaltung auftrat, verdankte er hauptsächlich Juli Zeh, die seine Lieder mit guter Literatur verglich, als das letzte Album erschien. Es war ein Abend für Nerds, Fans, Kenner. So ist das halt. Über 90 Minuten lang wurden die Aufmerksamen mit Hintergrundinfos, Geschichten von Kalkül, Krise, Kunst gefüttert. Über die Wichtigkeit eines guten Musikvideos, warum Humor in seinen Songs kaum eine Rolle spielt, über den Moment, als Kettcar kurz vor dem Aus standen und den großen, lohnenden Anstrengungen, sich aufzuraffen. Über das Idol Bruce Springsteen, der Schwäche der deutschsprachigen Popmusik und warum die wenigsten seiner Lieder autobiographischen Anteil haben und immer wieder um den - ja, man kann es sicherlich so sagen - Hit Sommer '89. Und über die wunderbare, vorbildhafte Einstellung eines politischen Menschen, dass Zynismus und Fatalismus nie, nie, nie eine Option sein werden: Sich von den Verbitterten nicht verbittern lassen. Klar, er hat auch ein paar Lieder gespielt: Benzin und Kartoffelchips, Rettung, Balkon Gegenüber mit zweiter Strophe, Was hätten wir denn tun sollen, Ich werde sie Yoko Ono nennen und auch zum gleichzeitigen Erstaunen und der Freude der Anwesenden Balu.
Was mich jedoch noch beschäftigt hat, um den Bogen zu den ersten Zeilen zu spannen, er sprach auch über die großen Gefühle als Musiker. Es seien zwei. Der eine ist der Moment, wenn er auf der Bettkante eine Idee für einen Song hat, bei der er sofort merkt, dass die zündet. Ja, da ist auch Kalkül dabei. Wenn jemand jedoch seit 30 Jahren Musik macht, ist das doch verständlich. Der zweite Schlüsselmoment ist das Stehen auf der Bühne und Spielen der eigenen Lieder, die dann im besten Fall ganz nah an den Menschen gehen. Wenn Band und Publikum Synergieeffekte bilden und verschmelzen. Und das ist bei Kettcar-Konzerten oft zu bemerken: Das Publikum ist enorm aufmerksam, hört zu, lauscht, singt mit, goutiert die Leistung mit Applaus, man kennt sich irgendwie. Solch eine Haltung zwischen Musiker und Publikum finde ich sehr erstrebenswert. Marcus Wiebusch hat eine Menge zu sagen, man sollte ihm noch öfter zuhören. Gelegenheiten wird es ausgiebig geben, denn neue Songs sind bereits in der Mache!

Samstag, 13. Oktober 2018

Live: Bukahara in Münster

Sorgten für Partylaune: Bukahara. Foto: luserlounge
(ms) Liebe Gruppe Bukahara,

Das was jetzt folgt, wird Eurer Musik nicht gerecht. Denn Euer gestriges Konzert im Skaters Palace war wirklich gut, insbesondere ist live die Mischung der verschiedenen musikalischen Einflüsse, die ihr alle mitbringt, genial, kommt sehr gut rüber.
Dennoch habe ich mich relativ weit vorne stehend sehr unwohl gefühlt. Und das lag an einem wahnsinnig rücksichtslosen Publikum.
Bei der wunderbaren Vorband Jamil And The Other Heroes war das noch nicht so zu bemerken. Doch spätestens als Max, Ahmed, Daniel und Soufian ihre Instrumente in die Hand nahmen, passierte etwas Seltsames bei den 1.400 Leuten, die so zahlreich den Laden ausverkauft haben.
Zuhören? Aufmerksam sein? Respekt gegenüber der Musik? Komplette Fehlanzeige! Es wurde sich überall munter unterhalten, als wäre man in einer Kneipe. Dass da vorne eine unfassbar gute Band spielt, die allein durch ihre unterschiedlichen Herkünfte etwas zu sagen haben, politisch und gesellschaftlich, schien völlig belanglos zu sein. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass Bukahara live das Publikum in Ekstase versetzen kann. Heißt: Die Leute kommen, um eine Party zu erleben und nicht ein Konzert zu besuchen, das ist meines Erachtens ein Unterschied bei diesem Genre. Wäre da Deichkind, Scooter oder Kraftklub gewesen: okay. Da erwartet man ja gar nichts anderes.
Es findet eine wahnsinnige Beliebigkeit und Eventisierung von Konzerten statt. Das merkt man schon bei den etwas größeren Festivals, die langsam keinen Spaß mehr machen, weil man das Gefühl hat, am Ballermann zu sein. Nennt mich ruhig einen starrsinnigen Spießer, damit komme ich zurecht. Aber ich will mir eigentlich meine Leidenschaft nicht durch einen Haufen ignoranter Idioten kaputt machen lassen.
Das sind auch solche Leute, die nach einer dreiviertel Stunde noch mit vier, fünf Leuten sich in die zweite Reihe drängeln wollen. Kann man machen, ist halt eine Sauerei. Und wenn man diese Menschen dann anspricht und sagt, dass es vorne voll und jetzt direkt vor mir zu stehen auch scheiße sei, bekommt man selbst noch einen blöden Spruch. Das sind Konzerte, die ich so nicht besuchen will und die ich folglich auch nicht genießen kann.
Ja, es ist gut möglich, dass es daran lag, dass ich selbst vorne stand, ich hätte auch nach hinten gehen können, aber nicht aus dem Grund, den Blasierten das Feld zu überlassen. Nein. Um es mit sookee auf die Spitze zu treiben: Einsame Insel oder Untergrund? Mal schauen...

Freitag, 12. Oktober 2018

KW 41, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: zahlenparty.de
(ms/sb/mb) Am Mittwoch hat sich der Todestag von Nils Koppruch zum sechsten Mal gejährt. Wie schön wären weitere Bilder unter dem Namen SAM oder ein zweites Kid Kopphausen-Album oder ein Solo-Werk? Stattdessen bleibt uns nur die einzige Möglichkeit, seine wundervollen Lieder aus einer langen Schaffenszeit zu hören, genießen, die Texte zu lesen, sich an vergangene Konzerte zu erinnern. Apropos: Bei den Nils Koppruch-Gedenkkonzerten in Hamburg vor wenigen Jahren wurde versprochen, dass das irgendwann regelmäßig stattfinden wird. Doch Kettcar würden darauf antworten, dass irgendwann nur ein anderes Wort für nie ist. Traurig aber wahr? Wir wissen es ja auch nicht so genau.
Die Zukunft liegt vor uns, das wissen wir. Und damit auch Folgendes:

Bosse
Ich mag den Aki Bosse ja: sympathisch, wortgewandt, das Herz auf der Zunge und auf der Bühne ein hervorragender Entertainer. Dazu hat er noch ein außergewöhnliches Gespür für eingängige Melodien und das lässt ihn auch auf seinem neuen Album Alles Ist Jetzt (VÖ: heute!) nicht im Stich. Manche Songs erscheinen zwar etwas zu gewollt (v.a. Pjöngjang), doch das wird durch Perlen wie Hallo Hometown und Robert de Niro mehr als wettgemacht. Der ganz große Kracher à la Schönste Zeit fehlt freilich, als Gesamtwerk funktioniert Alles Ist Jetzt aber spitze und wird die Fanbasis des Braunschweigers sicher weiter vergrößern.



Simon Lewis
Zwar nicht vom Tellerwäscher zum Millionär, aber immerhin vom Straßenmusiker zur Labelhoffnung: Simon Lewis veröffentlicht am 26.10. auf Karmarama sein langersehntes Debütalbum namens Pilot. Die Scheibe klingt deutlich weniger indie, dafür aber sehr viel radiotauglicher als es die Live-Eindrücke (als Support von Olympique) hatten vermuten lassen, das tut der Qualität jedoch keinen Abbruch und ist ein heißer Kandidat für eine positive Chart-Überraschung. Der Österreicher wurde in seiner Heimat sogar schon als bester Songwriter für den Amadeus Award nominiert, es geht also stetig bergauf - und das völlig zurecht!

11.12.18 Wien, WUK  (AT)
29.12.18 Weiz, Kunsthaus (AT)
10.01.19 Götzis, Kulturbühne Ambach (AT)
11.01.19 Salzburg, Rockhouse Bar (AT)
12.01.19  Graz, PPC Bar (AT)
09.02.19 Leoben, Theater (AT)
15.02.19 Bärnbach, Theater (AT)
20.02.19 Köln, Subway (DE)
21.02.19 Hamburg, Nochtwache (DE)
22.02.19 Berlin, Privatclub (DE)
23.02.19 München, Backstage Club (DE)



Tim Neuhaus 
Letztes Jahr hat der von uns sehr geschätzte Tim Neuhaus sein aktuelles Album Pose I + II veröffentlicht. Darauf hat er typische Songs und solche versammelt, auf denen er ein bisschen herumexperimentiert hat. Wie wunderbar, wenn Künstler so viel Freiheit genießen und daraus kreatives Potential schaffen und es sich trauen, daraus eine Platte zu machen. Und sie ist sehr gut geworden! Nun geht er erneut auf Tour. In einigen Städten spielt er als Duo zusammen mit dem kongenialen Kollegen Flo Holoubek, der übrigens letzten Samstag auch bei Theodor Shitstorm in Münster getrommelt hat. Diese Tausendsassa...

06.12. Langenberg, KGB - Kultur.Güter.Bahnhof (Duo)
07.12. Pforzheim, Horch (Duo)
08.12. Köln, Weltempfänger (Duo)
09.12. Wiesbaden, Schlachthof Wiesbaden (Duo)
10.12. Hamburg, Häkken (Band)
11.12. Berlin, Auster Club (Duo)
12.12. Berlin, PRIVATCLUB (Band)
13.12. Leipzig, Bandhaus (Duo)
14.12. Erfurt, Franz Mehlhouse (Band)



Little Dragon
Kurze Frage an all die tollen Musikkenner: Wer veröffentlicht heute denn noch eine EP? Zugegebener Maßen kommt das mitunter sehr selten vor. Gut, wenn das eine große Band vormacht: Little Dragon haben mit Ninja Tune ein neues Label gefunden und werden am 9. November über die neuen Partner eine 3-Track-EP auf den Markt schmeißen. Sie wird auf den Titel Lover Chanting hören und das Titelstück ist nun überall hörbar. Ein bisschen Minimalismus, ein bisschen Groove, ein paar Synthies; Großstadtmusik vom allerfeinsten!




The Nice Nice
Tim & Tom heißt das Duo aus München, dass so MONACO SESSIONS "a fresh new band with a breath of nostalgic sound in their voice, mixed with a futuristic beat which creates an unbelievable atmosphere" machen. Guade Musik aus der nördlichsten Stadt Italiens wollen wir euch nicht vorenthalten, da es zum Einen überragend gut ist, und zum Anderen Sie Freunde der Luserlounge sind. Los geht's: The Nice Nice mit Beached.




Hans Söllner
An Weihnachten feiert Hans Söllner seinen 63. Geburtstag. Bayerische Institution, Legende, Stimme einer Generation und Widerstandskämpfer trotz anhaltendem Gegenwind. Nein, leicht gemacht hat es sich der Hans nie, in Bayern eckt man mit seiner politischen Einstellung und seinen liberalen Umgang mit Marihuana halt (leider) immer noch des Öfteren an. Heute erscheint Söllners vermutlich letztes Album Genug auf Trikont und ist so wie immer, wenn er solo agiert - und das ist alles andere als negativ gemeint: ein Mann, eine Gitarre, deutliche Worte und ein Appell an die Menschlichkeit. Absolute Höhepunkte: Flucht, Untersberg II, A kloans Herz und Im Schatten. Gänsehaut.
Söllners Musik begleitet mich seit mittlerweile 30 Jahren und ich wäre wahnsinnig froh, wenn es mehr Menschen gäbe wie ihn, für die "leben und leben lassen" nicht nur ein Lippenbekenntnis ist.




Christoph & Lollo
Es bleibt politisch und sozialkritisch: Christoph & Lollo durften sich schon als "Kabarettisten" betiteln lassen und so ganz falsch ist das nicht, wenn dabei auch etwas zu kurz kommt, was für tolle Musiker die beiden Wiener eigentlich sind. Bekannt wurden die beiden durch ihre Schispringerlieder (einfach mal "Christoph & Lollo Funaki" googeln), danach öffneten sie sich für globalere Themen und geschadet hat es ihnen nicht. Auch das neue Album Mitten Ins Hirn (VÖ heute) führt dem Hörer die Absurditäten unserer Welt auf sehr unterhaltsame Art und Weise vor Augen und zaubert das ein oder andere Schmunzeln ins Gesicht. Live sind die beiden übrigens auch ganz, ganz stark, wie ich schon mehrmals erleben durfte.

12.10. Wien, Stadtsaal | Album-Release!
19.10. Salzburg, ARGEkultur Salzburg
20.10. St. Pölten, Bühne im Hof
24.10. Hall in Tirol, Kulturlabor Stromboli
25.10. Linz, Posthof - Zeitkultur am Hafen
29.10. D München, Münchner Lach- und Schießgesellschaft
30.10. D München, Münchner Lach- und Schießgesellschaft
08.11. Rohrbach, Arbeiterkammer
09.11. Melk, Tischlerei Melk
10.11. Aschach a.d. Donau, Avz aschach
16.11. Dornbirn, Spielboden Dornbirn
17.11. CH Zürich, Miller's | Schweiz-Premiere
18.11. CH St. Gallen, Kellerbühne St. Gallen
23.11. Wien, Kabarett Niedermair
24.11. Graz, Orpheum Graz
30.11. D Nürnberg, Gostner Hoftheater Nürnberg
07.12. Fischamend, Stand Up Club
14.12. Mistelbach, Altes Depot
15.12. Wien, Kabarett Niedermair
18.12. Wien, Chelsea
01.01. Wien, Kabarett Niedermair
03.01. Innsbruck, p.m.k hosted by Vakuum
17.01. Wien, Orpheum Wien
18.01. Ansfelden, ABC Ansfelden
25.01. I Brixen, Dekadenz
26.01. I Brixen, Dekadenz
01.02. Grein, Stadtkino Grein
02.02. Gaspoltshofen, Kulturinitiative Spielraum
07.02. Hard, Kammgarn Hard - A
08.02. Feldkirch, Theater am Saumarkt
13.02. Linz, Arbeiterkammer Oberösterreich
16.02. Baden, Grand Casino Baden
22.02. Wien, Stadtsaal
23.02. Wolkersdorf, Babü Wolkersdorf



 
 

Donnerstag, 11. Oktober 2018

Neonschwarz - Clash

Foto: Malte Schmidt
(ms) Neonschwarz sind wieder da. Das sind Spion Y, Marie Curry, Captain Gips und Johnny Mauser. Mit Clash veröffentlichen sie morgen (12. Oktober) über unsere Labellieblinge Audioltih ihr drittes Album, wenn man Unter'm Asphalt der Strand nicht mitzählt.

Nachdem man sich als Combo ein wenig im HipHop-Business etabliert hat, in größeren Clubs spielt, Shows ausverkauft sind, bei mittelgroßen Festivals durchaus Headliner oder sehr gute Slots bekommt und das letzte Album auf Platz 81 der Verkaufscharts landete, sind die Erwartungen berechtigterweise groß.
Auf dem Vorgänger Metropolis tummelte sich schon eine sehr reife Band, breit im Klang, tief im Text. Dabei muss man auch anmerken, dass es schon etwas glatter war als Fliegende Fische. Auf dem Erstling auf Albumlänge klangen sie noch freier, mutiger, unberechenbarer.
Dem kommt etwas erschwerend hinzu, dass Captain Gips und Johnny Mauser letztes Jahr zur gleichen Zeit Soloalben veröffentlicht haben. Die waren beide so enttäuschend, dass die Hoffnung groß ist, sie verwandeln ihr Potential in Höchstform auf dem neuen Release.
Und ja, diese Hoffnung wird erfüllt, wenn auch nicht auf ganzer Länge. 14 Songs sind auf Clash zusammengekommen und sie haben eine Menge im Angebot. Mit einem introartigen N.E.O.N. startet die Platte, liefert fette, satte Bläserbeats und dem charakteristischen Mix aus Gesang und Rap von Marie Curry. Es ist ein kleines, sympathisches Palaver über sich selbst voller Understatement, denn sie standen nie im Fokus, doch haben tausende Fans. Frech und wahr. Doch es braucht ein bisschen, bis Clash so richtig Fahrt aufnimmt. Maradona zeigt zwar einen lockeren Großstadtbeat und unterstreicht die Hängematteneinstellung der Neonschwarzen, doch ist auch etwas öde. Die Autotune-Stimme von Marie Curry auf Fieber nervt dann brutal. Was soll das eigentlich? Man muss nicht jedem blöden Trend hinterherlaufen, das war schon von Fatoni keine gute Idee, obwohl wir ihn verehren.



Doch dann hagelt es einige Bretter! Ananasland hat nicht nur eine bestechend gute Bass-Melodie, sondern beweist, wo das Herz der Rapper schlägt: gesellschaftspolitische Kritik ist fester Bestandteil ihrer musikalischen DNA. Es geht um die coole, hippen, trendigen Leute, die ein Selfie vor der Flora knipsen aber doch ihr Kreuz bei der CDU machen: "Alle lässig, cool, alternativ - du siehst den Dreck nicht in meinem Kiez". So ist es. Der Opi aus dem 2. Stock ist nicht nur eine Referenz an EinsZwo (Was macht Dendemann eigentlich?), sondern ist ein weiteres Beispiel nach Gestern von Morgen wie wichtig es ist, sich von den Augenzeugen aus dem zweiten Weltkrieg ihre Geschichten erzählen zu lassen, auch wenn sie hart sind. Denn für den Protagonisten war Flucht auch ein Thema und es ist eine Schmach, wenn die Urenkel seiner Peiniger im Hof spielen. Ganz wichtig, großartig umgesetzt. Es folgt 5 nach 12. Was der Titel erahnen lässt, tritt auch ein, denn der Partydampfer sinkt hier gewaltig. Es ist eine Bestandsaufnahme der politischen Entwicklung hierzulande, dem Erstarken rechtskonservativer Menschenfischer und der Ignoranz anderer gesellschaftspolitisch Aktiver diesen gegenüber. Gut, dass das Album vor Maaßen, Hambacher Wald und Chemnitz fertig war, die Aggression wäre sonst noch höher. Inhaltlich ist nicht nur von Angst die Rede, sondern auch eine gewisse Verzweiflung schimmert durch die Zeilen. Man kann es verstehen.

Verrückt ist dann so unfassbar lässig und entspannt: Kapitalismuskritik mit Augenzwinkerattitüde. Und neben den anderen starken Beats von Emphis & Simelli, TripleCCC, Nvie Motho, Magnus Wichmann, Riffsn und Ulliversal hört man hier eine "richtige" Band. Echt gut! Neben der Hymne auf den einzigen Stadtteil Hamburgs mit einer ernstzunehmenden Fußballmannschaft St. Pauli, gibt's noch richtig eins aufs Dach. Nach 2014 und 2015 folgt auf Clash logischerweise 2018. Eine bedingungslose Abrechnung mit der AfD und allen anderen nationalistischen Spinnern.
Der Gesamteindruck bleibt gut. Leider gibt es dennoch zwischendurch echt viel Luft nach oben. Bei einigen Songs wie Gleis 13, Klatsche und In Flammen bleibt das Gefühl nach Füllmaterial haften. Die hier angesprochenen anderen Tracks entschädigen dafür jedoch in jedem Fall.

Aufgrund von mehrfacher persönlicher Überzeugung, wie gut die live sind, dass es eine Party mit wahren, wichtigen, politischen Ansagen wird, empfehlen wir Euch den Besuch auf der kommenden Tour:

09.11.2018 Lüneburg, Anna & Arthur
10.11.2018 Husum, Speicher
23.11.2018 Münster, Gleis 22
24.11.2018 Heidelberg, halle02
07.12.2018 Dresden, Tante Ju
08.12.2018 AT-Wien, Flex
24.01.2019 CH-Zürich, Dynamo
25.01.2019 CH-Bern, Dachstock
08.02.2019 Wiesbaden, Schlachthof Wiesbaden
09.02.2019 Düsseldorf, zakk
22.02.2019 Stuttgart, Im Wizemann
23.02.2019 München, Feierwerk
22.03.2019 Nürnberg, Z-Bau
23.03.2019 Hannover, Faust
05.04.2019 Dortmund, FZW
06.04.2019 Bremen, Schlachthof Bremen
13.04.2019 Berlin, Festsaal Kreuzberg
27.04.2019 Hamburg, Große Freiheit 36



Mittwoch, 10. Oktober 2018

Behemoth - I Love You At Your Darkest

Cover der neuen Scheibe
(ms) Der Behemoth ist der Gegenspieler zum Leviathan aus der Bibel. Er bewohnt das Land, sein Kontrahent das Wasser. Beides sind riesige, gewaltige und angsteinflößende Tiere der Mythologie. Vor siebenundzwanzig Jahren hat sich eine polnische Black Metal Band den Namen zugelegt und sind nach einem Stilwechsel heute die größten und wichtigsten Vertreter des Death Metal. Seit 2004 spielen sie in unveränderter Besetzung, eine lange und stabile Zeit. Der Erfolg kam unter anderem mit dem Plattenvertrag bei Nuclear Blast, welches ein riesiges Sammelsurium der ganz großen Vertreter unterschiedlichster Metal- und Hardrock-Strömungen ist. Das deutsche Label hat ein sehr gutes Händchen dafür, was geht und vielversprechend ist. Seit diesem Wechsel landen die Alben der Band um Sänger und kreativem Drehpunkt Nergal in Polen stets auf Platz 1 der Verkaufscharts, doch auch im übrigen europäischen und auf dem amerikanischen Musikmarkt verzeichnen sie aufsehenerregende Verkaufserfolge. Für eine derart harte Band keine Selbstverständlichkeit.

Nach dem bisherigen Höhepunkt der Bandgeschichte, den Veröffentlichungen von Evangelion und The Satanist, erschien letzten Freitag (5. Oktober) das elfte Studioalbum des polnischen Trios. Es ist nicht wirklich verwunderlich, dass der Titel ein direktes Zitat von Jesus ist: I Love You At Your Darkest. Denn Nergal hat einen großen Hang zur Bibel, nutzt sie halt nur auf andere Art und Weise. Er bezeichnet das Buch der Bücher schon als Inspirationsquelle, jedoch zerreißt er gerne auch mal ein Exemplar auf der Bühne. Diese Aktionen ziehen regelmäßig eine Klage mit sich, da Blasphemie in Polen ein Strafbestand ist. Kann man es ihm vorwerfen, dass er sich dann der dunklen Seite der Macht widmet? Nordischen Kulten, Okkultismus, Satanismus?! Nein, ist schon okay.
Er nutzt diese Diskrepanz ja als kreativen Moment, um die Texte für Behemoth zu schreiben. Und auch auf dem neuen Album finden sich massenhaft ketzerische Zeilen. Soweit man sie denn versteht.
Denn eines kann man dem Death Metal durchaus vorwerfen: Man versteht fast nichts. Klar, es ist eine Eigenart des Genres, dass das Growlen dazu gehört. Aber geht so nicht der Text unter, der hier ja essentiell ist?! Schwieriger Punkt.

Foto: Grzegorz Gołębiowski
I Love You At Your Darkest ist ein relativ offenes Album, wenig festgelegt für Behemoths Spielart. Das macht sich schon im Aufbau bemerkbar. Solve, das Intro, ist eine feine Ansage an das, was den Hörer in der folgenden Dreiviertelstunde erwartet. Erstmals arbeiten sie mit Kinderchören und das funktioniert ganz wunderbar, wenn sie singen "Elohim, I shall not forgive / Adonai, I shall not forgive / Living God, I shall not forgive / Jesus Christ, I forgive enough". Dies paart sich mit einer zweiten Premiere, denn für die Aufnahmen zogen sie ein 17-köpfiges Orchester hinzu, das regelmäßig zu hören ist. Dem Metal-Novizen sei hier versichert, es ist kein Symphonic Metal und auch kein raaaw, raaw, schramm, schramm, bumm bumm.

Wolves Ov Siberia beweist durchaus, dass es auf dem Album sehr melodisch zugehen kann. Die Double-Bass, der mächtige Krach und der markant tiefe, aggressive Gesang mögen vielleicht das Gegenteil behaupten, man sollte sich jedoch drauf einlassen. Und ja, es ist viel an Text zu verstehen - nicht immer, aber immer öfter. In God = Dog wird auf die Verse aus dem Intro angeknüpft, ein roter Faden. Auch bei Ecclesia Diabolica Catholica spielen sie mit den bereits erwähnten Kinderchören und der Titel des Liedes sollte dann ein für alle Male manifestieren, wie Nergal, Orion und Inferno zur Kirche stehen.
Bartzabel ist nicht nur ein satanisch-okkultes Ritual, sondern das Lied, das vergleichsweise ruhig mit einem marschartigen Trommelintro beginnt, sehr ausgeklügelt. Das Album wirkt durch diese kleinen Details abwechslungsreich, auch wenn es hier natürlich auch wieder extrem im Klang wird. Als Hörer, der ab und an mal beim Metal reinlauscht, ist dies eine Musikrichtung, die durchaus mal langweilig werden kann, weil es sich kaum unterscheidet in seiner lauten Eingängigkeit. Da kommt ein Flüstern wie in Angels XIII gerade recht und geht durch Mark und Bein. Dass das Album auch mit einem wuchtigen Instrumental schließt, passt hervorragend.
Es ist ein sehr harmonisches, geschlossenes, in sich passendes Album, wenn man das bei allem Hass und der großen Intensität überhaupt so sagen kann.
Kann man, denn Nergal hat nebenbei noch ein Projekt, wo er Country-Musik spielt - Me And That Man. Das sind doch alles nur harmlose, liebe Jungs.
Und sie gehen bald auf Tour mit At The Gates und Wolves In Th Throne Room. Da kann man sich mal das Trommelfell wegblasen lassen:

10.01.2019 Frankfurt, Batschkapp
11.01.2019 München, Tonhalle
13.01.2019 AT-Wien, Arena
15.01.2019 CH-Zürich, Komplex 457
23.01.2019 Oberhausen, Turbinenhalle
24.01.2019 Berlin, Huxleys





Dienstag, 9. Oktober 2018

Das Paradies - Goldene Zukunft

Paradiesisch. Foto: Marco Sensche
(ms) Wir geben hiermit offen und ehrlich zu: Wir sind durchaus anfällig für originelle und neugierig machende Namen und Musikern und Bands. Und ganz unumwunden geben wir auch zu, dass wir von Das Paradies angefixt wurden, weil der Name halt so gut ist. Wer nennt sich schon nach einem Ort, an dem alles Friede, Freude, Eierkuchen ist? Florian Sievers macht das und hat mit Goldene Zukunft ein ganz hervorragendes Indie-Gitarren-Pop-Album veröffentlicht. Dies geschah schon im August über Grönland Records. Da wir Sievers mit Zweimannband zudem in der Zwischenzeit auf dem Reeperbahn Festival sehen konnten, können wir auch bezeugen, dass das live super funktioniert. Dies ist auch nur zum Teil verwunderlich, denn Sievers kommt nicht aus dem Nichts. Er hatte schon eine Band, die Talking To Turtles heißt. Auch ein famoser Name.

Das 11-Lieder-Album mit einer Spielzeit von gut 40 Minuten beginnt super entspannt mit einer wunderschönen, catchy Bass-und-Gitarre-Melodie mit dieser Zeile: "Ich bin das schlimmste, was euch passieren kann." Ach, Quatsch. Das stimmt doch gar nicht. Und es schimmert schon durch, dass hier eine gute Mischung aus beispielsweise ClickClickDecker und Niels Frevert musiziert. Nur halt mir mehr guter Laune und Optimismus.
Denn es hagelt gute Nachrichten wie folgende: "Ich attestiere uns blind, dass die Zeiten rosing sind. Ich sehe eine goldene Zukunft und nicht viel mehr" (Goldene Zukunft) Wow! Eine Hymne auf das nicht-unterkriegen-lassen und bewusst kritisiert er den kleinen Kitsch, der sich darin zeigt, doch lässt er sich davon keineswegs beeindrucken frei nach dem Motto: Mögen die Höhepunkte der Vergangenheit die Tiefpunkte der Zukunft sein. Kopf hoch - immer!



Es gab so viel, was zu tun war ist ein Namenssammellied, das als eine Kreuzung vom Trennungslied (PeterLicht) und Teesatz (Spaceman Spiff) daher kommt. Ach, wieviele Menschen sind uns allen schon über den Weg gelaufen, man war kurz so etwas wie befreundet, sieht sich später irgendwann wieder und fragt sich, woher man sich kennt.
In bestechender Manier bringt Sievers mit Discoscooter uns das allerseits bekannte Großstadtlebensgefühl rüber, das schön aber auch gewissermaßen beängstigend ist. Dazu kommt eine super Melodie und die positive Eingängigkeit der Synthie-Keyboard-Linie lädt durchaus zum Kopfnicken ein. "Gebt ihm was zu tun" fordert er auf Die Giraffe streckt sich! Es ist die kleine Raupe Nimmersatt, die aus ihm spricht. Denn dieses eigentlich-ist-alles-okay-aber-kann-mir-mal-bitte-jemand-in-den-Arsch-treten-Gefühl kennen sicherlich die meisten Studenten, der Autor zählt sich (noch) dazu: Nichts tun und alles haben wollen. Erstaunlich leise und mit schönen Bildern werden hier große Themen aufgegriffen und behandelt.



Liebe Leser, lasst uns nun bitte Hinter deiner schönen Stirn zu einem Hit machen: "Wir haben uns entschieden, dass wir euch lieben." Wie groß ist das denn?! Es ist gut zu beobachten, dass hier die langjährige Melancholie, Schwerfälligkeit und das Trübsalblasen aus der Indie-Musik zu verschwinden scheint. Sievers macht das mit seinem ersten deutschsprachigen Album, zugegebenermaßen waren Talking To Turtles auch ein bisschen dramatischer, weniger optimistisch. Gisbert zu Knyphausen hat länger für diesen Dreh gebraucht, das Ergebnis ist dennoch top. Dem Genre und allen Protagonisten wird dieses Album sehr gut tun; warum nicht öfter mal die rosarote Brille aufsetzen?
Dennoch muss hier zu Protokoll gebracht werden, dass er auch tiefsinnig sein kann und nach innen blickt. Das schöne Unentschieden ist nur ein Beispiel. Kein Wunder, dass er unter anderem schon für Kettcar als Support gespielt hat, es passt halt gut.
Diese Verbindung ist auch aus einem anderen Augenwinkel nicht überraschend. Denn die Goldene Zukunft hat er zum Teil im eigenen Studio in Leipzig aufgenommen, doch den Feinschliff gab es in Berlin mit der Hilfe von Simon Frontzek, der durchaus bekannt ist. Er hat mal bei Tomte mitgespielt, solo als Sir Simon Battle musiziert und produziert für And The Golden Choir, Madsen, Torpus & The Art Directors und war im Hamburg auch an den Tasten auf der Bühne aktiv!

Goldene Zukunft ist klug, leicht, witzig, tiefgehend, kurzweilig, schön.
Das Paradies war schon auf Tour, doch wiederholt das in den kommenden Wochen. Geht da hin!

27.10. - Magdeburg - Moritzhof
28.10. - Regensburg- Alte Mälzerei
30.10. - Leipzig - ILSES ERIKA
01.12. - Rostock - Peter-Weiss-Haus
02.12. - Bremen - Lagerhaus
03.12. - Berlin - Lido
04.12. - Hamburg - Molotow
05.12. - Wiesbaden - Schlachthof
06.12. - Stuttgart - Merlin Kulturzentrum
07.12. - München - Milla
08.12. - Erfurt - Franz Mehlhouse

Freitag, 5. Oktober 2018

KW 40, 2018: Die luserlounge selektiert

Quelle: facebook.com/push40fitness/
(ms/sb) Es gibt tatsächlich noch richtig gute Nachrichten. Und diese stammt von jetzt gerade, aus diesem Moment am späten Freitagmorgen. Das Oberlandesgericht Münster hat vorerst die Rodungen im Hambacher Wald gestoppt. Das ist gut. Letztens habe ich gelesen, dass bei diesem Konflikt der Unterschied zwischen Forst und Wald essentiell ist. Wusste ich auch nicht. Ein Forst darf wirtschaftlich genutzt, also abgeholzt werden. Bei einem Wald ist das so einfach nicht möglich. Zudem wohnen da mindestens drei geschützte Tierarten. Doch der größte Witz ist ja, wie die Landesregierung unter Herrn Laschet dem Großkonzern einfach alle seine Wünsche erfüllt. Lachhaft. Daher: Gute Nachrichten für ein schönes Wochenende mit toller Musik:

Kodaline
Bereits letzten Freitag (28.09.) veröffentlichte die irische Band Kodaline ihr Album Politics Of Living und ich würde wahnsinnig gerne was Positives darüber schreiben, weil ich deren deutsche PR-Agentur so liebgewonnen habe. Aber ich möchte ja bei der Wahrheit bleiben und die lautet: ich musste mich quälen, um das Album zumindest einmal ganz durchzuhören und somit meine ehrliche Meinung dazu abgeben zu können. Der Einstieg ist ja noch recht smooth, aber von Track zu Track wird das Ganze nerviger. Mir erscheinen Kodaline wie eine Boygroup für die Art Mädels, die einen auf Rocker machen wollen und meins ist das leider so überhaupt nicht. Head Held High ist noch einer der besseren Songs - wohl auch, weil die Pseudo-Rock-Attitüde da abgelegt und auf Pop gesetzt wird.


Samm Hanshaw
Ha, wie genial! Man ist ja oft auf einen begrenzten Umfang an Genres fokussiert. Doch Aufgeschlossenheit lohnt sich stets. Deshalb höre ich ich beharrlich einen großen Popsender im Radio, wo viel Schrott aber auch ein paar Perlen und Klassiker laufen. Das Gleiche kann auch mit Musikvideos passieren. Samm Hanshaw hat nun eins veröffentlicht, das sich gewaschen hat: Doubt. Das ist so wahnsinnig cool und gut gemacht, es gleicht einem Kurzfilm, wenn ein Taco mit seinen Freunden die Küche sauber macht. Und: Habt ihr das Stück Seife mit Bikini gesehen? Ja? Dazu gleitet ein extrem entspannter Soul aus den Boxen; es ist unwiderstehlich:



Connan Mockasin
Selten sowas Abgefahrenes gehört wie Jassbusters (VÖ: 12.10.), das neue Album von Connan Mockasin. Der Neuseeländer singt in höchsten Tönen und der "Explicit Lyrics"-Sticker auf der CD-Hülle hat wohl durchaus seine Berechtigung. Der Künstler empfiehlt, sich das Album direkt im Anschluss an seinen Film "Bostyn 'N Dobsyn" anzuhören; ich kenne den Film nicht, aber vielleicht wird danach einiges klarer. So aber lässt mich die Musik irgendwie ratlos, aber doch überaus fasziniert zurück. Zum Einen gefallen mir einzelne Tracks wirklich gut, zum Anderen habe ich aber nicht den blassesten Schimmer, in welcher Situation oder Stimmung ich sein müsste, um mir das Album nochmal zu Gemüte zu führen. Hörts Euch am Besten selber mal an.


Woods of Birnam
Disco, Disco, Disco! Es ist ja schon Wahnsinn. Die Mode aus der Zeit, als ich zur Grundschule gegangen bin, ist nun wieder da. Das ist gefühlt ja gar nicht so lange her. Aber natürlich nicht die Kindermode, sondern die für Erwachsene. Und das ist ganz schlimm.
Doch es gibt auch gute Revivals. Zum Beispiel bei 80er Discomusik. Bands wie Roosevelt haben das schon vorgemacht. Und Woods of Birnam sind auch auf diesem Zug unterwegs. Heute erscheint ihr drittes Album Grace und damit ein neues Musikvideo. Es ist tanzbar, macht gute Laune und die Streicher-Phasen sind wunderschön. Die könnten mal was mit den famosen Parcels zusammen machen. Und gehen hier auf Tour:

04.01.2019 Erfurt, Kalif Storch
05.01.2019 München, Milla
06.01.2019 Stuttgart, Keller Klub
10.01.2019 Berlin, Lido
11.01.2019 Magdeburg, Moritzhof
12.01.2019 Hannover, Lux
13.01.2019 Dresden, Beatpol
16.01.2019 Düsseldorf, Zakk
20.03.2019 Hamburg, Elbphilharmonie



Art Brut
Es gibt lebende Klassiker. Für den schrammeligen Indierockbereich würde ich auf jeden Fall die wunderbare Band um Eddie Argos, Art Brut, dazu zählen. Ab und an bin ich hier in Münster auf einer sehr guten Indieparty (Take Me Out) und da steht immer ein Typ mit einem Backenbart rum. Immer. Ich glaube er kommt alleine. Ausschließlich zu Art Brut - so rede ich es mir zumindest ein - entert er die Tanzfläche und dreht komplett ab. Finde ich stark. Nun, nach sieben Jahren, und das in neuer Besetzung bringen Art Brut endlich ein neues Album heraus (VÖ: 23. November). Es hört auf den wunderbaren Titel: Wham! Bang! Pow! Let's Rock Out! Na, wenn das nicht mal eine Ansage ist. Für den Titeltrack gab es schon ein Video, nun ist ein neues zu sehen. Es geht um tanzende Eier im Krankenhaus. Irre gut, ich freue mich total auf die Platte!