Freitag, 27. Januar 2017

Straightline - Vanishing Values

(sf) "Melodic Punkrock" und "Thrash-Metal" - so bezeichnen die Münchner Straightline die Genres ihrer Musik und treffen damit den Nagel auch recht zielgenau auf den Kopf. Bereits seit Ende der 90er Jahre sind die vier Herren am Start, haben bis dato drei EPs und zwei Alben veröffentlicht und nun steht am 10.02. der nächste Release bevor. Wir haben schonmal in "Vanishing Values" reingehört und schildern Euch unsere Eindrücke.

Kennt Ihr die großartigen Satanic Surfers? Straightline waren mit den Schweden nicht nur auf Tour quer durch Lateinamerika, sondern klingen auch wie die Punk-Legenden aus Lund. Das ist durchaus als Kompliment zu verstehen, aber mit einer Einschränkung: solange die Münchner Punkrock fabrizieren, ist das absolut hörenswert, macht Laune, bietet geile Melodien und bleibt im Ohr. Wenn dann allerdings die Metal-Schiene befahren wird, hat der Spaß ein Loch und man wünscht sich schnellstmöglich den nächsten Stilwechsel. Klar, ist auch Geschmackssache, aber ich empfinde das halt so und bin froh, dass der Großteil des neuen Albums eher punklastig ist.

Der Einsteiger "Generation Lost" lässt indes Schlimmes befürchten, doch die Sorge ist unbegründet, denn schon der nächste Track "Pleonaxia" lässt erahnen, in welche Richtung das Album sich bewegen wird - und das ist gut so. Mein persönliches Highlight ist ja "Too Old To Die Young", das mich bereits beim Lesen des Titels ansprach und tatsächlich die Stärken der Band auf den Punkt bringt. Schneller, straighter Melodic Punk, eine ordentliche Geschwindigkeit und eine eingängige Melodie - fertig ist die Hymne für den hier schreibenden Enddreißiger. :-)

https://www.facebook.com/straightlinemunich/

Nicht fehlen darf natürlich die obligatorische Ballade: "Take Your Time" bildet einen gewaltigen Kontrast zum Restalbum, fügt sich aber dennoch stimmig in den Reigen ein und leitet gekonnt über zum Abschluss des Albums. Straightline versuchen sich an einer Coverversion des Pink Floyd-Songs "Welcome To The Machine". Kann man machen, muss man nicht und wenn man es nicht weiß, erkennt man das Original eh nur periphär.

Alles in allem ein Album, das ich mir sicher wieder anhören werde, dessen Gesamteindruck auch absolut positiv abgespeichert ist, das aber, wie bereits angemerkt, dann nicht überzeugt, wenn es zu sehr in den Metal abdriftet.

Wer sich live von den Jungs überzeugen möchte, der hat demnächst weltweit die Möglichkeit dazu:

18.02. Nürnberg
24.02. Prag (CZ)
25.02. Straznice (CZ)
03.03. Ajdovscina (SLO)
04.03. Ljubljana (SLO)
25.03. Athen (GR)
06. - 14.06. Japan Tour
21.07. SBÄM-Festival (AUT)
22.07. Nürnberg

Weitere Termine in Vorbereitung!

Vom aktuellen Album gibts scheinbar noch keine Videos, deswegen zwei Klassiker:





Donnerstag, 26. Januar 2017

Foreign Diplomats - "Princess Flash"

Foreign Diplomats machen es sich gemütlich. Foto: Kelly Jacob
(ms) Hier ein persönlicher Einstieg:
In den 00er-Jahres dieses Jahrtausends war vielleicht der Höhepunkt des Indie-Rock-Pop erreicht. Die ganzen Bands, die wir heute noch lieben, haben dort ihre großen Zeiten gehabt wie die Killers, Franz Ferdinand, Editors oder halt auch MGMT. Mit schöner Regelmäßigkeit durfte man den nächsten großen Wurf eines Musikkollektivs erwarten, das einem wieder mal Hörkanäle wegpustet. Zu dieser Zeit hat das Visions-Magazin eine Party- und Konzertreihe in Bielefeld organisiert, die es heute dort leider nicht mehr gibt (nur noch in München, Berlin, Dortmund).
Bevor man auf der Tanzfläche bis in die frühen Stunden schöne Menschen bewegen sah, haben zwei oder drei Bands gespielt. Unter anderem haben wir für sehr schmales Geld gesehen: Nada Surf, Portugal. The Man, Blackmail, Friska Viljor, Herrenmagazin, This Will Destroy You oder Escapardo. Tatsächlich: In der ostwestfälischen Provinz in einem Club - dem Forum - dem wir zu Füßen lagen.
Was hat nun die Ankündigung des Albums "Princess Flash" der kanadischen Band Foreign Diplomats damit zu tun?



Es wirkt zweitausendundsiebzehn wie etwas aus der Zeit gefallen mit der tanzbaren Energie und den Gitarrenriffs, die man heute nur noch auf Indie-00er-Jahre-Partys hört. Das ist ihr erster großer Vorteil, um auch hier Bekanntheit zu erreichen, da die Zielgruppe schon vorhanden ist. Wer die Kaiser Chiefs, Maximo Park oder The Rifles mag, ist hier genau an der richtigen Adresse. In ihrer Heimat ist das 11-Song starke Album schon im vergangenen Jahr erschienen. Hier ist es ab kommendem Freitag (27.01) via R.D.S. zu erhalten.
Zusammengefunden haben sich Élie, Thomas, Antoine, Charles und Emmanuel vor sieben Jahren in Québec, wie die Namen erahnen lassen. Seit einiger Zeit wohnen sie in Montreal und sind da schon der neue, heiße Scheiß!
"Princess Flash" hat die Abwechslung zwischen laut und tanzbar mit leicht melancholisch und ruhig verinnerlicht. Das macht die Platte angenehm ausgeglichen. Neben der klassischen Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung sorgen Tamburin und Synthies für klangliche Finessen. Das macht sich schon beim ersten Track und ersten Single "Lies (Of November)" bemerkbar. Er arbeitet mit Effekten, leisem Gesang, der zu zerbrechen droht und dann doch in einen energischen Refrain mündet. Das Lied braucht etwas Zeit, man würde am Anfang fast skippen, bis er sich in eine tolle Nummer verwandelt. Das Steigerungsmotiv ist auch bei "Color" zu finden, beziehungsweise zu hören, das mit einem zarten Gitarrenzupfen anfängt, traumwandlerisch wird, ab 1 Minute und 8 Sekunden Fahrt aufnimmt und eine "Ahhhhahhhhahhh"-Melodie mit sich bringt, die es schnell zum Ohrwurm schafft. Schlussendlich setzen noch Bläser ein. Das ist klug komponiert. "Mexico" hingegen ist dann einer der Songs, die bald in eurem Lieblingsclub gespielt werden, wenn der DJ up to date ist, da Tempo und Riff zum Tanzen einladen.

Hier wird das Rad nicht neu erfunden. Es wird aber weiter gedreht.
Die Foreign Diplomats werden in drei, vier Jahren keinen hohen Slot beim Hurricane oder Highfield bekommen. Sicher jedoch aber beim Reeperbahn Festival, dem Immergut, Haldern Pop, Dockville oder Way Back When spielen. Genau da gehören sie ihn!

Hier sind sie in den nächsten Wochen schon zu hören/sehen:

20.01. - Berlin - Lido
01.02. - Nürnberg - MuZ
02.02. - Stuttgart - ,Goldmarks
03.02. - Freiburg -Swamp
06.02. - Dresden - Ostpol
09.02. - Haldern - Haldern Pop Bar
10.02. - Bensheim - Musiktheater Rex
11.02. - Hamburg - Molotow
19.04. - München - Milla
22.04. - Osnabrück - Popsalon
23.04. - Offenbach - Hafen 2

Dienstag, 24. Januar 2017

Waving The Guns - "Eine Hand bricht die andere"

Aus Rostock: Waving The Guns. Foto: Bastian Bochinski.
(ms) Ihre Namen lauten Doktor Damage, Milli Dance, Dub Dylan und Admiral Adonis. Sie kommen aus Rostock und machen Rap. Rap, der es in sich hat und einigen direkt und vollkommen bewusst auf die Zwölf haut! Seit ihrem ersten eigenen Album "Totschlagargumente" sind sie bei Audiolith gelistet und am 27. Januar kommt ihr nächster Streich. Titel: "Eine Hand bricht die andere". Es warten 13 Tracks auf denen ausgeteilt, gewitzelt und nochmal ausgeteilt wird. Milli Dance und Admiral Adonis übernehmen die Parts am Mikrophon; Damage und Dylan basteln seit jeher die Beats.
Reflektierter Rap mit klarer antifaschistischer Haltung vom ersten bis zum letzten Beat.
"Du bist bereit für dein Land zu sterben - wir sagen: Tu's!" (Intro)
"Wann warst Du das letzte Mal in Deinem Keller und hast Dir angesehen was da für Leichen liegen, dir klar gemacht, auf welchem Dünger hier die Eichen blühen"         (An einem Strang)  
In den neuen Songs wird ausgeteilt. Gewaltig ausgeteilt. Wortgewalttätig quasi. Und das gegen eine Vielzahl potentieller Opfer, die sich grob in drei Gruppen aufteilen lassen.
Zum Einen sind es alle Nazis, Nationalisten, Patrioten, Pegida-Sympathisanten, Neo-Konservativen, Reichsbürger und was es sonst noch alles für Begrifflichkeiten gibt für die "Ich bin kein Rassist, aber..."-Sager. AfD-Mitglieder und -Wähler sowieso. Wer mir einem wachen Geist und kritischer Grundhaltung in Rostock aufwacht, entwickelt sich wie die Kollegen von Feine Sahne Fischfilet automatisch in diese Richtung.
Zum Anderen ist es das eigene Ich oder das angesprochene Du: aufgefordert zum Nachdenken, selbst reflektieren oder sich selbst mal eine Schelle geben, um klar zu kommen. Dazu paart sich die dringende Empfehlung exzessiven Alkoholkonsum zu betreiben; auch Drogen sind nicht verboten, sondern gern an erster Stelle ("Zapfhahn"). "Das ist kein Aktivismus, Rap ist Egoismus." Na also!
Dazu darf eine glasklare Anleitung nicht fehlen, wie man sich bei einem WTG-Gig zu benehmen hat (saukomisch auf "Open Mic"). Auch die Polizei wird (wieder mal) nicht verschont ("Kornflasche"). Ansprechpartner Nr. 3: Alle weaken Rapper (wie es sich so schimpft). Leider bin ich kein regelmäßiger Besucher bei der juice, 16bars oder rap.de, um zu sagen, wer das tatsächlich ist. Auf jeden Fall Ottonormalhiphopper wie Fanta4, Cro und andere Chartstürmer. Weiterhin sicherlich auch Andrenalingetriebene wie Fler, Bushido und all dem, was früher mal Aggro war. Ansonsten lässt sich nur vermuten, wer gemeint ist. Mit großer Sicherheit auch MaKss Damage.
 "Für all jene, die unbeschränkt genug sind, um zu wissen, dass Flüchtlinge das falsche Ziel berechtigter Wut sind" (Endlich wird wieder getreten)
"Gerade in diesen verrückten Zeiten, in denen alles möglich scheint, scheint mir 'Ich löt' mir einen rein' recht vernünftig zu sein" (Zapfhahn) 
Nun müssen wir bei Rap auch über die Beats sprechen.
Nach mehrmaligem Hören muss ich konstatieren, dass das neue Album keine großen Ausreißer an den Instrumentals bietet. Lediglich "An einem Strang", "Identifikationsfigur" und "Überlegen" stechen etwas heraus. Der Rest plätschert irgendwie vor sich her. Das ist jedoch kein Makel, denn textlich wird so eiskalt und brilliant ausgeteilt, dass es die schwächeren Beats ausgleicht. Wortgewandtheit, Ironie, Sprachwitz und Doppelbödigkeit überwiegen nunmal. Doch ein hammerharter Beat wie bei "Gartenzaun" ist nirgends zu finden.
Und ein achtminütiger Mega-Feature-Song mit Pöbel MC, Haszcara, Cheddar Mike, Toni Starter und Sketch One rundet die Plattte sehr gut ab.
Bei all der Austeilerei, wollen die vier nur Liebe, denn "WTG ist für alle da".

Also: 13 Tracks. Viele sehr gut, wenige überflüssig; ich hätte gern "Erfolg" auf der Platte gesehen. Es wird ausgeteilt, aber immer nur mit Worten. Die Selbstironie verpflichtet zu Aussagen, die klar machen, dass die beiden am Mikrophon nie und nimmer die Faust auch in Wirklichkeit schwingen würden. Oder?!






Hier sind Waving The Guns mit Pöbel MC demnächst zu sehen - wir empfehlen den Besuch dringend!

27.01. - SO36 - Berlin
28.01. - M.A.U. Club - Rostock
03.02. - Kassablanca - Jena
04.02. - Uebel & Gefährlich - Hamburg
10.02. - Indiego Glocksee - Hannover
11.02. - Kellerperle - Würzburg
18.02. - Conne Island - Leipzig
24.02. - Druckluft - Oberhausen
25.02. - Mauerpfeiffer - Saarbrücken
03.03. - Kino Lumière - Göttingen
04.03. - Feierwerk/Kranhalle - München
11.03. - Karlstorbahnhof - Heidelberg
18.03. - Gleis 22 - Münster
07.07. - Krach am Bach Festival

Support von Neonschwarz

25.03. - Zakk - Düsseldorf
06.04. - Exil - Zürich
07.04. - Reitschule - Bern
08.04. - Crash - Freiburg

Montag, 23. Januar 2017

Manu Delago - "Metromonk"

Manu Delago. Foto: Mirco de Nicolo
(ms) Diese Rezension ist eine Geschichte von Musik, Instrumenten und Flaschannahmen. Alles hängt zusammen mit dem neuen Album "Metromonk" von Manu Delago, das am 27. Januar auf Tru Thoughts erscheinen wird.

Wir - sowie die meisten Hörer und Liebhaber Pop, Rock, elektronischer Musik und Rap - haben ein ziemlich einfaches, weil auch meist sich bestätigendes Bild einer Band, die auf einer Bühne steht: Jemand singt, es gibt Gitarren, Bass, Schlagzeug. Das ist die Grundformation. Hinzu kommen häufig Klavier, irgendein geniales Blasinstrument, Synthesizer, Effektgeräte, Keyboards, Streicher. Einige Ausreißer bedienen sich einer (echten) Orgel, dem Beatboxen oder auch orientalischen Instrumenten.
Das sind die Zutaten. Und sie bilden den Kreis einer großen Gemeinschaft an Musikern und denjenigen, die ihnen zu Füßen liegen.
Klar - kann man jetzt sagen - es gibt noch tausende andere Instrumente auf der Welt. Ja, richtig - kann man antworten - sie spielen aber in der modernen Musik keine große Rolle.

Nun kommt Manu Delago daher und reißt diese festgefahrenen Mauern nieder. Der Name suggerierte bei mir etwas südamerikanisches, was uns zur ersten Falschannahme führt: Der junge Mann ist Österreicher und lebt mittlerweile in London.
Manu Delago spielt Hang.
Was? Hang?
Genau: Hang.
Noch nie gehört. Annahme: Kommt irgendwo aus Asien. Allein des Namens wegen und auch dem speziellen Klang. Wieder falsch: Erfunden und gebaut in der Schweiz. Da denkt der Schreiberling, er weiß Bescheid, und fliegt gleich doppelt auf die Nase.



Alle Unklarheiten beseitigt, können wir uns endlich mit "Metromonk" beschäftigen. 11 Tracks, die nicht nur ein unfassbares Klangspektrum garantieren, sondern auch Stimmungen aufbauen und niederdrücken. Es ist so komplex wie leicht zugänglich.
Ein extrem guter Repräsentant des Werkes ist direkt das erste Stück "A Step", das schon als Single erschienen ist. Es ist eins von drei Stücken, das gesangliche Begleitung hat, der Rest ist instrumental. Die sanften Hang-Klänge bilden das Fundament des Songs, es kommt ein leichter Beat hinzu und dazu der feine, etwas verzerrte Gesang von Peter Josef. Der Gesamteindruck ist mystisch, leicht zerbrechlich und nebulös, aber genau deshalb auch faszinierend. Es bleibt insgesamt ruhig, lässt jedoch auch aufhören!
"Freeze" und "Spaceful" sind dann die beiden instrumentalen Stücke, die absolut erwähnenswert sind. "Freeze" möchte man am liebsten mitsingen oder -summen, so schön ist die Hauptmelodie. Es ist ein entspannter Frühlingsspaziergang, wo die ersten Blumen aufblühen und die Schönheit der Natur wieder zu erahnen ist. "Spaceful" hingegen präsentiert sich als das genaue Gegenteil. Es ist das mit Abstand aufwühlendste Stück der Platte. Verhältnismäßig laut geht es hier zu und - um Naturbild zu bleiben - stellt es ein herannahendes Gewitter da, das Zerstörung und Unheil mit sich bringt: unruhig und dramatisch. Ein bisschen gewerkelt mit externen Sounds wurde natürlich auch, insbesondere zu hören in "Chimp Rave". Delago hat also nicht nur einen - Achtung, mieses Wortspiel - Hang zum Hang.
Zuletzt sollte die zweite Single auf jeden Fall "Mesmer Mesmerising" zusammen mit Isa Kurz sein. Kurz zusammengefasst: Ein bildschöner Ohrwurm!

Man darf gespannt sein, wie "Metromonk" live umgesetzt wird.
Ansehen kann man sich das hier:

02.02 - Karlsruhe - Jubez
03.02 - Hamburg - Mojo
04.02 - Dresden - Beatpol
07.02 - München - Milla
08.02 - Köln - Stadtgarten
09.02 - Jena - Volksbad
10.02 - Berlin - Grüner Salon

Live: Spaceman Spiff im Skaters Palace, Münster

Unscharf aber trotzdem gut. Foto: luserlounge.
(ms) Zwei Lehren aus einem wundervollen Konzertabend mit Spaceman Spiff: Erstens gibt es kein richtig und falsch, wenn man seine Texte betrachtet, mitsingt und sich etwas dabei denkt. Das muss nie und nimmer dem Sänger, hier also Hannes Wittmer, entsprechen und der Situation in der seine Worte und Musik zusammenfanden. Zweitens kann man diesem irre sympathischen Kerl nichts übel nehmen wie dem vergessenen Einstecken eines Kabels vor dem Konzert fürs Keyboard oder ein übler Patzer bei einem schönen Lied. Das ist alles vollkommen egal. Nicht egal war der Veranstaltungsort. Dieser wurde hochverlegt, nachdem die schöne Pension Schmidt relativ schnell ausverkauft war und geändert wurde zum Skaters Palace. Man hätte in der Pension bleiben sollen, die angenehm klein und warm ist und in der die Distanz zwischen Künstler und Publikum nicht so groß ist.
Nun ist Hannes nach eineinhalb Jahren Spaceman-Pause wieder mit Clara am Cello auf Tour. In der Zwischenzeit hat er sich darüber Gedanken gemacht, wie er sein Leben gestalten soll, ab diesem eigenwilligen Zeitpunkt, seitdem er von der Musik leben kann. Währenddessen sind auch ein paar neue Lieder wie "Norden" oder "Rom" entstanden. Es gibt also berechtigte Gründe zu hoffen, dass es bald ein viertes Album geben wird. Vorher kommt allerdings ein Debut unter dem Namen OTAGO heraus. Man darf gespannt sein.
Auch unscharf, immer noch schön. Foto: luserlounge.
Bevor Hannes in Münster am Sonntagabend zur Tatort-Zeit auf die Bühne trat, hat Marcel Gein dem Publikum wunderbare Lieder auf deutsch und englisch vorgespielt und mit seiner unfassbar freundlichen Art dieses schnell auf seiner Seite. Bei einigen seiner Geschichten kam fast ein bisschen Mitleid hoch, wenn man frisch getrennt am Valentinstag vor verliebten Pärchen spielen muss (so vor einigen Jahren geschehen).
Die Vorfreude unter dem jungen, studentischen Publikum war groß, als die Protagonisten auf der Bühne sich die Gitarre in die Hand gaben und "Der Tag an dem ich nicht verrückt wurde" erklingte. Es folgen warme, schöne, lustige und ein paar melancholische Momente, Lieder und Geschichten. Darunter natürlich auch Klassiker wie "Milchglas", "Han Solo", "Photonenkanonen" oder "Schnee", das man locker mit Robbie Williams' "Angels" ausklingen lassen kann; kein Problem. In der kleinen Kreativpause hat Hannes sich auch eine schöne 50-er-Jahre-Gitarre zugelegt, die super geeignet war, um sich an Loops und neuen Klängen auszuprobieren. Hat herrlich funktioniert, sodass sie auf der Bühne zu zweit oder dritt eine ganze Band erklingen lassen konnten.
Der wunderschöne Schlusspunkt wurde ganz am Ende mit einer eigenen Version von "Die Gedanken sind frei" gesetzt. Spaceman Spiff ist in seinen Texten wahrlich nicht politisch, doch in diesen Zeiten ist so ein Lied auf jeden Fall eine klare Aussage. Zudem war die Interpretation wirklich hörenswert! Hut ab!

Man sollte auf keinen Fall verpassen, wenn Marcel, Clara und Hannes in den nächsten Tagen auf den folgenden Bühnen spielen werden. Es ist ein großes Vergnügen:

23.01. Jena, Rosenkeller
24.01. Leipzig, Werk 2
25.01. Dresden, Scheune
26.01. Berlin, Lido
27.01. Bremen, Tower
29.01. Hamburg, Gruenspan
10.-11.02. St. Peter Ording, Beach Motel van Cleef
02.05. Trier, Luckys Luke
03.05. Aachen, Musikbunker
04.05. Köln Artheater
06.05. Hannover, Lux
07.05. Rostock, Mau Club

Samstag, 21. Januar 2017

Cairobi - "Cairobi"

Cairobi aus Italien, Mexiko und Frankreich
(ms) Dieses Jahr hat viel zu bieten. Musikalisch. Wahrscheinlich werden wir weltpolitisch dem nächsten großen Abgrund entgegen rennen, doch Musik hilft.
Ganz entschieden dafür eintreten werden Cairobi. Das sind Giorgio, Alessandro, Salvador und Aurelien. Allein diese vier Namen strömen vor weltmännischen Tönen und dabei ist der Eindruck mehr als gerechtfertigt. Die vier kommen aus Italien, Frankreich und Mexiko. Als Musiknerd könnte man schnell meinen, dass sich dahinter ein Jazz-Quartett, eine Klezmer-Kombo oder eine internationale DJ-Formation verbirgt. Alles natürlich wahnsinnig falsch.
Gegründet haben sie sich vor einigen Jahren, 2014 kam die ersten EP auf dem Markt, es folgten Auftritte auf Festivals und das dankbare Nutzen eines britischen Rad-Herstellers einer ihrer Songs für einen TV-Spot. Für eine kleine, noch unbekannte Band ist so etwas ein herausragendes Absprungbrett.
Nun liegt ihr Debut-Album vor, das auf ihren Bandnamen hört und streckt seine Fühler Richtung Best Of des Jahres entgegen. Ja: Jetzt schon.



So eine Behauptung klingt immer frivol.
Es soll erklärt werden mit der Suche nach einem Begriff.
Denn seit einiger Zeit bin ich auf der Suche nach einem passenden Ausdruck für ein musikalisches Hör-Phänomen. Es soll ein schönes Substantiv sein, dass eindrücklich beschreibt, dass ein Song mich packt. "Packen" klingt aber zu sehr nach Urlaub. Lange Zeit habe ich "Groove" nutzen wollen und mir den Schädel darüber zermartert. Aber das klingt so danach, als ob ein nicht existenter, entfernter Bekannter von einem Eros Ramazotti-Konzert erzählt: falsch.
Ich meine das Gefühl, wenn ich ein Lied höre und ich unmittelbar zuhöre, aufhöre, mitwippe und es aus nicht näher beschreibbaren Gefühlen umwerfend finde.
So ergeht es mir bei Cairobi. Und das kommt nicht häufig vor.
Es ist das "Baa baa baa" mit dem treibenden Schlagzeug und den sporadisch angeschlagenen Gitarrensaiten auf "Gristly Words". Es sind die herrlichen Synthies auf "Step Aside", die den Takt vorgeben; der Keyboard-Sound und der insgesamt nicht überfrachtete Gesang. Es ist "Lupo", das Herzstück und die gut ausgewählte Single, bei der der hypnotische Basslauf den Synthies und dem brilliant verteiltem Gesang entgegen kommt. Es sind die geilen Gitarren auf "Saint", das herrlich psychedelische Klangerlebnis, das einem die Sinne nimmt.
Wenn die Band genau das schaffen wollen, haben sie ein Erstling geschaffen, der für sich steht.
Insgesamt klingt es leicht melancholisch, nachdenklich. Je öfter die Scheibe sich jedoch dreht, desto mehr verschwindet dieser Eindruck.
"Cairobi" - wärmstens von uns empfohlen!

Hier dann live:

28.02 - Hamburg - Häkken
01.03 - Berlin - Auster Club
21.03 - Mainz - Schon Schön


Donnerstag, 19. Januar 2017

Lemur - "Die Rache der Tiere"

Lemur zeigt sich angriffslustig. Foto: Urban Tree Media.
(ms)
Die Lemuren (Lemuriformes, von lat. Lemures „Schattengeister der Verstorbenen“ und forma „Gestalt“) sind eine Teilordnung der Primaten aus der Gruppe der Feuchtnasenaffen (früher den „Halbaffen“ zugeordnet). (Quelle: wikipedia.org)
Warum nicht mehr Herr von Grau, sondern Lemur?
Das war und ist vielleicht die meistgestellte Frage an eben jenen Lemur, der am 27. Januar sein zweites Lemur-Album "Die Rache der Tiere" über Kreismusik herausbringt.
Die Antwort vom Künstler selbst: "Einmal bin ich in der Gesangskabine umgekippt. Als ich wieder zu mir kam, merkte ich, dass auf dem Boden das Wasser stand, das mein Schweiß war, und ich lag mit der Nase mittendrin." Feucht-Nasen-Affen.
Nach der "Provisorium"-EP mit Marten McFly hat Lemur also noch ganze 14 Tracks zusammen geschrieben und sie auf Platte pressen lassen.
Der Titel des Albums ist logischerweise auch das Motto der Texte, die sich in melancholisch-düsterer Form durch alle Lieder ziehen. All die negativen Tendenzen, die es im Alltag, in der Zeitung, Politik, in Beziehungen gibt, gepaart mit dem gewissen Gedanken, dass es irgendwann mit unserer aller Existenz zuende sein wird, wurden mit Beats gepaart und sind so hörbar.



Dabei muss man leider konstatieren, dass die charakteristische Stimme in Zusammenklang mit den meist ähnlich klingenden Beats das Album realtiv eintönig erscheinen lässt. Das ist in sofern schade, da Rap ja immer von einer enorm hohen Textdichte lebt. Diese geht unter, denn die Songs scheinen beinahe austauschbar. Also schnell nach einem Hören ins Regal stellen und unter "War ganz nett" abheften?!
Nein, das muss nicht sein, denn es gibt mindestens drei Tracks, die für sich stehen und einfach gut sind. "Sonne" zusammen mit FairS rechnet mit unserer Gesellschaft ab, die absolut abhängig vom Laptop, Smartphone, WhatsApp und Facebook ist. Das Fenster, das wie ein ferner Zugang zur Natur wirkt, lässt nur noch erahnen, wie wunderschön es draußen sein kann, aber dann klingelt wieder das scheiß Handy und liefert unsagbar nutzlosen Kram ab. Hier die unbedingte Empfehlung zur brillianten Serie "Black Mirror", die sich mit genau diesem Problem beschäftigt!
Auch "Montagophobie" fasst das zusammen, was wir alle kennen: Das unmotivierte Aufraffen zum Wochenanfang. Dabei ist der Song weit entfernt von diesen furchbaren, abartigen "Made my Day"-Bildchen im Netz. Und das tut gut. Auf der anderen Seite befreit der Montag vom wahnsinnigen Wochenend-Suff, der ab und an aufgrund fehlender Erinnerungen nicht ganz rekonstruierbar ist.
Diskussionsstoff bringt auch "Highlander". Es ist eine fünfminütige Abhandlung über Religionen, ihre gut gemeinte Grundform und den bitterbösen Missbrauch durch machtversessene Arschgeigen, der dann zu Mord, Totschlag, Unterdrückung und Vernichtung ganzer Biographien führt. Denn, dass Religion und Glaube Halt geben kann, ist unbestritten. Dass eine Religion jedoch so auf sich beharrt, dass sie das Positive einer Anderen ignoriert, führt zu Chaos. Ein kluges Lied.

Musik ist immer Geschmackssache. Das ist bekanntermaßen gut so.
So sollte man "Die Rache der Tiere" eine Chance geben.
Mich konnte die Platte in Gänze nicht wirklich überzeugen.
Aber vielleicht geschieht das ja hier noch live:

15.02. - Rostock - Helgas Stadtpalast
16.02. - Hamburg - Häkken
17.02. - Hannover - Faust
18.02. - Würzburg - B-Hof
19.02. - Kassel - Panoptikum
21.02. - Bochum - Bahnhof Langendreer
22.02. - Wiesbaden - Schlachthof
23.02. - Nürnberg - Club Stereo
24.02. - Dresden - Groovestation
26.02. - Berlin - Bi Nuu