Donnerstag, 24. September 2015

Nerina Pallot - "The Sound And The Fury"

Promo
(ms) "The Sound And The Fury" ist das neue und fünfte Album von Nerina Pallot. Man muss sie nicht kennen, um diese Scheibe richtig gut zu finden. Man kann sie ganz bewusst und pur hören, sie eignet sich als Hintergrundmusik und zu einigen Stücken kann man auch bestens das Tanzbein schwingen.
Auf Jersey aufgewachsen und als Tochter einer indischen Mutter, pendelte ihre Kindheit und Jugend zwischen England und Indien. Diese Weltoffenheit macht sich in ihrer Musik breit. Es hat allerdings nichts Orientalisches oder für unser Gehört Fremdes, sondern eine nicht näher beschreibbare Offenheit zu unterschiedlichen Beats, Instrumentalisierungen, lauten Klangteppichen und Chören. Dabei ist ihre starke, voluminöse Stimme stets im Vordergrund und lässt staunen ob ihrer Stärke. Dabei erinnert sie manchmal an Lana Del Rey. Schnell kann man sagen, dass das Radiomusik ist. Doch damit wird man ihrem musikalischen Schaffen und der Geschichte der Platte und einzelner Songs nicht gerecht.
Denn Pallot ist ein wahres Arbeitstier. Letztes Jahr hat sie 12 (!!!) EPs veröffentlicht, acht Songs davon sind auf "The Sound And The Fury" gelandet. Drei kamen noch hinzu, die bereits vorher mit ihrem Lebensgefährten entstanden sind. Dieser lange Entstehungsprozess führt zu einem vielschichtigen Album, das mal ruhig ist und mal so richtig knallt.


Der Opener "There Is A Drum", der von einem kaltblütig ermordeten Drummer der britischen Armee handelt, hat das in sich, was sich durch die kommenden zehn Lieder zieht: Energie, starke Rhythmen, einen Einblick in ihre wunderbare Stimme und ein einprägsamer Beat. Und so geht es weiter. "Ain't Got Nothing Left" klingt mit dem musikalischen Sog nach Großstadt, behandelt aber persönliche Zerwürfnisse und das Ende von Beziehungen. "The Road" zeigt, dass Nerina Pallot vorher viel mit elektronischen Klängen gearbeitet und experimentiert hat. Dazu kommt eine nordafrikanisch klingende Tröte, die so schnell nicht aus den Ohren geht. Ein Video kam auch hinzu. Eigentlich geht es im Song um Selbstbestimmung, doch es lässt sich genauso gut auf die jetzige Weltsituation und die Flüchtlingsbewegungen übertragen. Eindrucksvolle Bilder von Refugees, die nach Calais gekommen sind, passen gut zum Song und gibt ihm eine andere Atmosphäre.
Alle anderen Songs passen sich nahtlos in das Gewand des Albums ein, bieten Überraschungen. Natürlich ist auch etwas Füllmaterial mit drauf. Die starken, sphärischen Songs überstrahlen aber den sehr guten Gesamteindruck. Keine Lieder, die auf der nächsten hippen Szeneparty laufen werden; eher bei einem guten Glas Wein mit Freunden, die wirklich Geschmack haben.


Freitag, 18. September 2015

Phela - Von Seite 24 ins Rampenlicht!

Quelle: privat
(sf) - Ein verschlafenes Nest in der oberpfälzischen Provinz ist die Heimat von Phela - nicht unbedingt der coolste Ort der Welt, aber ein wunderschönes Fleckchen Erde, Natur in all seinen Facetten, Ruhe, eine Kindheit ohne TV und viel Zeit, sich mit Kunst und Musik zu beschäftigen. Heute erscheint "Seite 24", das Debütalbum der 25-Jährigen, die über die Zwischenstationen Paris und Hannover mittlerweile in Berlin gelandet ist und dort ihr Glück und ihre Bestimmung gefunden zu haben scheint. Wir stellen Euch Phela, ihren Werdegang und ihr Erstlingswerk vor. Merkt Euch den Namen, denn Ihr werdet noch viel von ihr hören. Haltet unbedingt auch Augen und Ohren offen, um sie auf ihrer bevorstehenden Tour live zu erleben!

Die musikalische Vorprägung kommt dabei nicht ganz zufällig: Vater Jeff ist ein bekannter und mehrfach prämierter Künstler und Musiker, u. a. bei der sagenumwogenen Band ODIN, ihr Onkel Johannes musizierte einst mit Frank Zappa. „Mein Vater hat mir nie etwas verboten, alles war eine Welt der Möglichkeiten, alles wurde ausprobiert", resümiert Phela heute und scheint zufrieden mit dem Lauf der Dinge. Kein Wunder, denn die Kindheit auf dem väterlichen Künstlerhof eröffnete ihr eine Perspektive und ließ sie schon früh mit der Musik und ihren Protagonisten in Kontakt treten.

Während ihre zwei Jahre ältere Schwester als Kind Klavier spielte, lernte Phela autodidaktisch das Geigenspiel „um meine Schwester begleiten zu können.“ Phela durchlief in ihren Jugendjahren in der Folge eine vergleichsweise steile Karriere als klassische Geigerin, gewann Wettbewerbe, Preise und machte von einem Tag auf den anderen mit alldem Schluß. Kompletter Break, aus und vorbei.

Quelle: http://www.phela.de/fotos/
Nächster Stop: Paris. Kulturschock. Von der bayerischen Einsamkeit rein ins pulsierende Leben und
zurück zur Musik, denn ihre zweite Liebe, die Fotografie, führte Phela in die Vororte und Problemviertel der Metropole, wo sie Fotos von Straßenmusikern machte, „weil sich die Sehnsucht zur Musik über drei Banden in mir zurückmeldete.“

Zurück in Deutschland studierte Phela, na klar, Musik, doch auch das war noch nicht die Erfüllung und so verließ sie Hannover, um sich in Berlin zu verwirklichen. Berlin, Sehnsuchtsoase, Anonymität und doch ein Dorf, in dem zueinander findet, was zueinander gehört. Dort lernt sie Cecil Remmler, Marek Pompetzki und Paul Neumann kennen, die gemeinsam das Numarek Studio in Kreuzberg betreiben. Ohne dass Phela zu diesem Zeitpunkt je eigene Songs gesungen hätte, vertrauen ihr die drei trotzdem und nehmen mit ihr den Song „Lavendel“ auf - mehr Material, außer einer handgeschriebenen Kladde voller Gedichte, Textminiaturen und Songideen, existierte 2013 noch nicht: „Es ist eigentlich unglaublich, dass die drei ganze zwei Jahre ihres Lebens in mich investiert haben, ich meine: Keiner von uns hatte doch eine Ahnung, ob ich die Musik, die wir da gemeinsam im Studio erarbeiteten, auch live würde vortragen können.“

Quelle: privat
Jetzt, zwei Jahre später, ist klar: sie können. Und wie! Mit Alin Coen, Max Prosa, Tex, Maxim und Andreas Bourani stand Phela bereits auf der Bühne, demnächst supportet sie Philipp Poisel auf dessen Akustik-Tour, dazu kommen zahlreiche Radio- und TV-Auftritte, u.a. bei Ina's Nacht und im ZDF Morgenmagazin.

Kein Wunder, denn "Seite 24" ist ein Meisterwerk, das einen berührt, das einen packt, emotional durchschüttelt und nicht mehr loslässt. Das Album ist nicht laut, die Melancholie in Phelas herausragender Stimme schwingt stets mit, die Texte handeln von Liebeskummer, Trauer, Sehnsucht, Hoffnung, Verlust und Erwartungen. Wo mir nach zehn Zeilen die Wörter ausgehen würden, um diese Gefühle zu verbildlichen, gelingt es der Künstlerin, knapp 40 Minuten lang Poesie zu erzeugen, ohne auch nur einmal peinlich zu wirken, was bei deutschen Texten ja schnell mal passieren kann. Dass ihre Band zudem aus ausgezeichneten Musikern besteht, die die Instrumentierung der Songs jederzeit stimmig umsetzen, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen, rundet dieses bemerkenswert starke Debütalbum ab.

Unbedingte Kaufempfehlung!

Teile dieses Textes wurden der Homepage von Phela (www.phela.de) entnommen oder daran angelehnt.



 


Sonntag, 13. September 2015

Ghost - "Meliora"

Quelle: metal-hammer.de
(ms) Ghost! Die Metal-Band der Stunde!
Ein großer Metal-Fan bin ich wirklich nicht. 90er-Jahre-Nu-Metal finde und fand ich sehr ansprechend mit der Verbindung aus Rap und harten Gitarrenriffs. In Flames, Apocalyptica, System of a Down, Volbeat, alle schon live gesehen. Aber so richtig hart ist keine dieser Bands. Sie sind nicht Kataklysm oder Hypocrisy. Klassischen Heavy Metal aus den 80er Jahren finde ich eher langweilig, da passiert nicht viel bei z.B. Juday Priest. Der Musik wegen würde ich auch niemals zum Wacken Festival fahren, abgesehen davon, dass der normalsterbliche Musikhörer dafür generell keine Karten bekommt. Der Death oder Heavy Metal spielt gerne mit satanischen oder antichristlichen Attitüden. Doch mit Sicherheit sind das alle ganz liebe Jungs, die nur etwas provozieren und anderen vor den Kopf stoßen wollen. Gepackt hat mich all das bis heute nicht.

Bis jetzt. Als die schwedische Band Ghost nun ihr drittes Album auf den Markt geschmissen hat: Meliora. Sie wollen also nach etwas Besserem streben. Besser als was? Alles Vergleichbare im Genre Okkult-Metal? Oder eine bessere Lebensführung im philosophischen Sinne? Oder: eine noch bessere Vermarktung ihrer selbst?
Denn was den großen Reiz an der Band eben ausmacht ist ihre Inszenierung. Und das hauptsächlich aufgrund ihrer Kleidung, diesem Mystischen, Okkulten, Satanischen, Religiösen. Zum neuen Album haben die fünf namenlosen Ghouls (ja, so nennen sie sich) ein neues Outfit mit teufelsähnlichen Masken und der Sänger Papa Emeritus III sieht wie der böse Papst aus. Er ist der dritte Sänger der Band, doch wer er, seine beiden Vorgänger und alle anderen Mitglieder sind, bleibt Spekulation. Eine Verbindung zu Tobias Forge und zur Band Repugnant oder In Solitude besteht.
Dieses ganze Tamm-Tamm, diese irre Show, auch live, ist sehr gelungen. Ein feines Spiel mit vermeintlicher Ernsthaftigkeit und Rückbesinnung zur Musik, wenn man sowieso nicht weiß, wer das ist. Das hat mich animiert, mir dieses neue Album zuzulegen.


Und ich bin wirklich begeistert. Der Sound ist überragend gut gemischt. Sehr klare, starke Gitarren, ein drängender Bass, treibendes Schlagzeug und eine voluminöse Stimme. Das ganze wird durch einige elektronische Keyboard-Klänge, einigen Glockenschlägen und sakral anmutenden Hintergrundchören ins Mysteriöse gespielt. Das macht Laune und den Reiz aus. Insbesondere "From The Pinnacle To The Pit" sticht heraus, ein brilliantes Stück. Weitere gute Hörproben sind "Majesty" und "Absolution". Tatsächlich etwas ruhiger kommt "He Is" daher, was der Scheibe gute Abwechslung und eine kleine Pause gibt. Ganz so böse und satanisch ist das ganze auch gar nicht. Man sollte die Band wahrscheinlich von ihrem Auftreten her nicht zu ernst nehmen und diese Show genießen.
Dieses wirklich gute Heavy Metal-Album spornt sogar an, sich die Jungs im Herbst mal live anzusehen. Bis dahin suche ich mal alte schwarze Klamotten raus und versuche böse zu gucken, um im Publikum nicht als der Depp zu erscheinen.


Freitag, 4. September 2015

HeCTA - "The Diet"

Quelle: pitchfork.com

(ms) Wer am 15. August bei der Ritournelle in Bochums Jahrhunderthalle war, sah, dass dort als erster Liveact HeCTA zu sehen waren. Wer? Diese Frage scheint durchaus angemessen, denn HeCTA haben an diesem Abend im Pott ihren ersten Liveauftritt hinter sich gebracht. Wie, ein heißer Newcomer in der elektronischen Szene?! Schwer zu sagen. Ja und Nein.
Newcomer an sich sind es allesamt wirklich nicht. Jedoch schon in der Musiksphäre, in der sie sich jetzt bewegen. Denn Kurt Wagner, Scott Martin und Ryan Norris spielen seit Jahren in der Band Lambchop zusammen weltweit. Für diese Band, die nicht als Nebenprojekt bezeichnet werden möchte, haben sie sich Jeremy Ferguson dazu geholt, der die neuen Songs aufgenommen und produziert hat. Für alle, denen Lambchop nichts sagt: Die Herren aus Nashville spielen sonst sehr ruhigen und musikalisch ausgefuchsten Alternative Country und Folk.
Als sie allesamt die Bühne betreten haben, erzitterte die Halle voller Bass und Wumms. Keine Gitarren, keine zarten Arrangements. Nein, es bollerte aus den Boxen und war kurz vor der Grenze des Bass-aushaltbaren. Wagner stand vor einer kleinen Konsole, von der er ein paar Samples abspielte und sang dazu; dabei brüllte er einige Male ins Mikro, so wie man es von Lambchop-Auftritten nicht gewohnt ist. Dazu setzte immer wieder ein vorantreibender Beat ein, der durch weitere Synthie- und Keyboard-Sounds verfeinert und auf die Spitze getrieben wurde.


Als großer Lambchop-Fan kann ich hier nicht wirklich behaupten, dass es kein Nebenprojekt sei. Was soll es denn sein? So erfolgreich wird HeCTA wahrscheinlich nicht. Vielleicht ist es noch nicht mal was Ziel. Allem Anschein nach wollen sich alle Musiker in einer für sie nicht weiter erforschten Domäne erproben. Daher ist es ein klares Nebenprojekt.
Doch das Konzept ist ein anderes. In den 9 Songs auf "The Diet" versuchen sie Comedy und Stand-Up mit elektronischer Musik zu verbinden. Und das gelingt erstaunlich gut, wenn sie über Diäten und das Verlieren von Gewicht schwadronieren. Dabei ist der Klang auf Platte etwas harmloser als live, wobei man auch die Anlage aufdrehen kann. Dann knallt es auch ganz schön. Sie bewegen sich in allen Songs in unterschiedlichen Bereichen der Elektronik. Mal scheppert es, mal klingt es nach Modifikationen von Kraftwerk oder Loungemusik.
"Till Someone Gets Hurt" lädt schon zum tanzen ein, sehr catchy! Wüsste man den genauen Wortlaut, könnte man bei "Sympathy for the Auto Industry" glatt mitsingen. "Like You're Worth It" kommt eher melancholisch-ruhig daher. Auf "The Concept" (siehe Video) hört man einen Monolog, wahrscheinlich von Buddy Hackett, der übers Abnehmen sinniert. Verstehen tut man allerdings nicht so viel. Gerade bei dem Versuch aussagekräftige Texte mit elektronischen Beats zu versehen, hakt es etwas bei der Platte. Mindestens die Texte hätten beigefügt werden können. Dennoch kommt das rote Vinyl sehr schön daher!
Zu "The Diet" kann man wesentlich besser tanzen als zu Lambchop. Wer kann auch schon zu "2b2" tanzen?
HeCTA ist ein spannendes Projekt, was sicherlich nicht auf lange Zeit angelegt ist, sondern zum experimentieren gedacht war. Das ist mit einem frischen, teils aggressiven Klang sehr gut gelungen!