Montag, 23. Februar 2015

Mit OLYMPIQUE über Lustenau nach Crystal Palace!

(sf) Österreich, was ist nur mit Dir los? Kaum hat sich der erste Wanda-Hype ein bisschen gelegt, weil die eh gerade omnipräsent sind und nun sogar mit Kraftklub auf Tour gehen, was dann wohl für den endgültigen Durchbruch in Deutschland sorgen dürfte, kommt nun mit OLYMPIQUE der nächste Kracher über die Alpen und schickt sich an, den Gehörgang über Wochen und Monate hin zu besetzen. Die Luserlounge hat ihre Grenznähe genutzt, eine kleine Tour den Bodensee entlang unternommen, dem schönen Vorarlberg einen Besuch abgestattet und die Salzburger im Lustenauer Carinisaal erlebt.
 
Und ja, es war tatsächlich ein Erlebnis! Schon beim Betreten der Location fiel der erste Blick auf den Merchandising-Stand, der erahnen ließ, dass OLYMPIQUE ihrer Zeit ein Stück voraus sind. Selbst in Österreich ist die Band ja noch nicht wirklich groß, aber mehrere richtig schicke Shirts und Pullover ließen darauf schließen, dass die PR-Maschinerie bereits ordentlich am Rotieren ist und auch die bisher bekannten Videos der Band sind ja durchaus ein Indiz dafür, dass Fabian, Leo und Nino noch einiges vorhaben, zumal all diese Aktionen aus eigener Hand bzw. aus dem direkten Umfeld der drei Musiker inszeniert wurden.

Wie dem auch sei: zum Zeitpunkt der Öffnung des Carinisaals hatten sich nur rund zwei Dutzend Besucher eingefunden und ich hatte so gar keinen Schimmer mehr, ob außer der Luserlounge und ein paar Locals überhaupt schonmal jemand etwas von der Band gehört hatte. Die Erleichterung folgte tröpfchenweise und schon zur Vorband LOT war der Saal recht ordentlich gefüllt und - um es gleich vorwegzunehmen - bei OLYMPIQUE war er dann auch standesgemäß gefüllt.

Vielen Dank fürs Foto an Vanessa!
Zunächst aber LOThar Robert Hansen, der mit seinen 31 Lenzen zwar nicht mehr zu den ganz jungen Hüpfern zählt, dafür aber viel musikalische Erfahrung mitbringt und, wenn man sich seine Vita mal zu Gemüte führt, auch Einiges zu erzählen hat. Ich hatte mir im Vorfeld mal ein paar Lieder angehört, die mir auch recht gut gefielen, aber irgendwie sprang der Funke vom Künstler in meine Richtung nicht vom ersten Moment an über, wobei ich das Warum nichtmal genau erklären kann. Im Laufe des Konzerts hat sich das dann auch wieder gelegt, v. a. natürlich deswegen, weil die Musik einfach richtig gut war. Die sinnvollen, nachvollziehbaren, mitunter auch gefühlvollen Texte, die von seiner Band stark instrumentiert wurden, kamen beim Lustenauer Publikum sehr gut an und nicht wenige Leute bedauerten, dass es keine Möglichkeit gab, zumindest eine EP oder Ähnliches von LOT zu erwerben; das Album "200 Tage" erscheint im April bei Chimperator und dürfte dann auch bei der Luserlounge rezensiert werden.

Okay, das Feld war bestellt, die Vorfreude wuchs, der Soundcheck schien ewig zu dauern (obwohl es sicher nur ein paar Minuten waren) und dann ging das Licht aus. Und da war es wieder, dieses
Vielen Dank fürs Foto an Vanessa!
Gefühl, dass OLYMPIQUE genau wissen, dass sie es schaffen können: eine Videoinstallation begann, "Faith of the Art" ertönte und die Band betrat die Bühne. Eine Inszenierung vom Allerfeinsten, wie sie auch Topstars der Szene nicht imposanter hinbekommen - und dabei wirkten die vier Musiker (also inkl. Gastmusiker) keineswegs arrogant oder aufgesetzt! Alles hatte Hand und Fuß, ohne glatt zu wirken, Musik und Effekte passten genial zusammen und selbst eher ruhigere Zeitgenossen waren plötzlich laut und sich bewusst, dass es wohl nicht mehr so arg viele Gelegenheiten geben dürfte, OLYMPIQUE in so einer intimen Atmosphäre bewundern zu können. Mit "Ivory" war schon schnell ein Höhepunkt erreicht und mit "Norwegen" schaffte es sogar ein Non-Album-Track, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen; wirklich schade, dass es hierzu keine brauchbare Aufnahme gibt, denn das Teil rockt mal wirklich wie Sau!

Vielen Dank fürs Foto an Vanessa!
"No Estate to Remind", "Let Us Fade Away", "Crystal Palace" und zum Schluss "The Reason I Came" - die Dichte an Überhits ist wirklich brutal, wenn man bedenkt, dass OLYMPIQUE ja gerade mal ein reguläres Album veröffentlicht haben und erst am Anfang ihrer Karriere stehen.
Selbstverständlich ließ man die Lieblinge nicht ohne Zugabe von der Bühne und so stellte "Face Down The Earth" einen nicht unbedingt typischen, aber doch sehr gelungenen Konzertabschluss dar, der definitiv Lust auf mehr macht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der am Samstag im Carinisaal war, sich das Erlebnis eines OLYMPIQUE-Konzertes in Zukunft entgehen lassen möchte.



Diese Stimme, diese Texte, diese Präsenz, diese Inszenierung, diese Melodien, diese Komplexität, diese Gefühle, diese Abwechslung - Leute, da wächst was ganz Großes heran und Ihr solltet Euch das wirklich nicht entgehen lassen!


05.03. Wien, WUK
06.03. Linz, Posthof
07.03. Graz, PPC
20.03. Berlin, Astra (als Support von Bilderbuch)
21.03. Leipzig, Täubchenthal (als Support von Bilderbuch)
22.03. Hamburg, Mojo (als Support von Bilderbuch)
28.03. Klagenfurt, Stereo, Kontaktlinse Festival
15.04. Konstanz, Kulturladen (als Support von Fiva)
16.04. Aarau, Kiff (als Support von Fiva)
17.04. Lindau, Club Vaudeville (als Support von Fiva)
19.04. Berlin, Privatclub (als Support von LOT)
20.04. Hamburg, Prinzenbar (als Support von LOT)
21.04. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld (als Support von LOT)
22.04. München, Orangehouse (als Support von LOT

Bitte zieht Euch auch die OLYMPIQUE-Videos auf Youtube rein, denn die sind wirklich sehenswert. Da wir die bekannteren Clips ja schon des Öfteren gepostet haben, gibts heute mal ein paar Videos, die bislang nicht auf der Luserlounge-Playlist auftauchten.





Sonntag, 22. Februar 2015

Adam Angst - Der Punkprophet auf Erden

(ms)Alle guten Dinge sind drei. Was für ein altes und teils extrem verbrauchtes Sprichwort, aber allzu oft bewahrheitet es sich doch in Gänze. So auch in der musikalischen Biographie von Felix Schönfuss. Nachdem er 2009 bei Escapado einstieg, haben sie ein Album rausgebracht und sich anschließend aufgelöst; danach wurde das Nebenprojekt Frau Potz zum Hauptprojekt und haben mit "lehnen dankend ab" ein starkes Brett geliefert, doch nach dem Ausstieg von Jens Balkowski hat die Band eine Auszeit genommen, die allgemein als Ende interpretiert wurde.
Also auf ein neues, Felix!
Doch, Stopp!
Nix mehr Felix, jetzt nennt sich der Norddeutsche Adam Angst und schafft mit dieser Kunstfigur eine Welt der Gegensätzlichkeiten, der knallharten Analyse der Gegenwart mit harten Riffs, Geschreie, Humor und einem Hauch sich-selbst-nicht-zu-ernst- nehmen.
Eine Figur, die allein in der optischen Erscheinung für die Texte des Debuts steht. Ein Pastor, mit brennender Kippe in der Hand, der nach durchzechten Nächten aussieht: personifizierte Gegensätze! Die ganze Band ist auf Schönfuss zugeschnitten, auf der einen Seite ist er Adam Angst, auf der anderen ist es die ganze Band, die mit (Ex-)Mitgliedern von Fjort, Blackmail und Monopeople vor lauter Erfahrung und guten Erinnerungen daherkommt

Quelle: ghvc.de
Nun ist die Platte seit Freitag am Start mit Punkrock at its best!
Die Vorschusslorbeeren vom Label (Grand Hotel van Cleef) und den üblichen Medien sind überwältigend und ja, ich muss ihnen zustimmen, das selbstbetitelte Debut ist ein knallhartes Gitarrenbrett, das richtig Laune macht, zum Nachdenken anregt, erstaunt und zum Moshen animiert.
Thematisch ist das Album so dermaßen breit aufgestellt, dass es kaum zu glauben ist und dabei bleibt es konstant, sie kommen sehr glaubwürdig daher. Damit sind wir beim ersten Titel, "Jesus Christus": die Hoffnung auf Erlösung, Eventisierung von Religion, und wenn er heute hier wäre, würde er bestimmt nicht gen Himmel fahren. "Ja Ja, ich weiß" rechnet mich nicht funktionierenden Beziehungen ab. "Professoren" - das vielleicht stärkste Lied des Albums - ist einfach nur brandaktuell, rechnet mit der oberen Mittelschicht ab, die bei Pegida oder ihren Derivaten mitlaufen, dass Nationalismus, Rechtsextremismus mitten in der Gesellschaft so stark akzeptiert ist, wie selten zuvor: "An den Imbissbuden stehen die Professoren zwischen Currywurst, Oettinger und Doppelkorn. [...] Ich hab nen Nazi am Geruch erkannt." Nicht schlecht!
"Was der Teufel sagt" rechnet mit unser Wellness-Gesellschaft ab, wo man sich mit Menschen und Jobs abgibt, die man nicht mag, aber dennoch weitermacht anstatt das zu tun, was der Teufel sagt. In "Wochenende. Saufen. Geil." wird nochmals ausgeteilt gegen die Partygesellschaft.
Ja, oft fühlt man sich in diesen Texten angesprochen, so gut sind sie, dass die die Problem(chen) von heute und der Generation Studenten bis Mitte Dreißig widerspiegeln.
Die tiefen Gitarren, die treibenden Drums und der aufwühlende Bass setzen sich aber manchmal drüber hinweg, sodass man auch mal kurz den Verstand ausmachen kann und einfach die Musik genießen kann, die sich zwischen Turbostaat, Madsen und bei dem ein oder anderen Gitarrenriff an die Ärzte erinnert. Immerhin hat mit Kurt Ebelhäuser (Blackmail) auch einer der Rockgiganten dieser Lande das Ding produziert.

Fazit: Ja, dieses Album ist wirklich gelungen, die PR-Maschine hat gegriffen, die Aufmachung um die Kunstfigur funktioniert ebenso gut. Doch: Texte, Musik sind überzeugend, druckvoll, gehen im Sprint nach vorne.
Zu wünschen ist Felix Schönfuss, dass dieses Projekt länger als ein Album hält. Er und die Band haben es sich verdient!



Guckt euch das mal live hier an:
06.03. Münster, Skaters Palace (mit Feine Sahne Fischfilet)10.03. Köln, Underground11.03. Hamburg, Molotow12.03. Berlin, Cassiopeia14.03. Nürnberg, Club Stereo15.03. Frankfurt, Elfer Club17.03. Suttgart, Keller Klub19.03. Hannover, Chez Heinz20.03. Oberhausen, Druckluft21.03. Osnabrück, Glanz & Gloria

Freitag, 20. Februar 2015

TNT - Stahlstadt trifft München-Nord

http://juice.de/wp-content/uploads/Texta-N-Topf.jpg
(sf) Schon vor 18 Jahren gingen Blumentopf und Texta zusammen auf Tour - jetzt haben sich die Hip-Hop-Legenden aus Freising und Linz endlich für ein gemeinsames Album als TNT zusammengeschlossen, nachdem man sich in der Vergangenheit bereits des Öfteren gegenseitig gefeatured hatte. #HMLR ist dabei kein Best Of, bei dem sich die nicht mehr ganz so jungen Herren auf ihren Lorbeeren ausruhen, sondern der nächste Schritt einer stetigen Entwicklung. Fernab von Ghetto und Gangstern ist die Authentizität jederzeit gegeben und als Hörer findet man sich wie gewohnt in einer aboluten Wohlfühlatmosphäre.

1993 gründeten sich Texta in der Stahlstadt Linz, waren somit Vorreiter des Hip Hop in Österreich und galten lange Zeit auch über die Landesgrenzen hinweg als einer der besten deutschsprachigen Acts der Rapszene, auch wenn sie sprachlich nie einen Hehl daraus gemacht haben, aus der Alpenrepublik zu stammen. Gerade dies ist es jedoch, was den Charme der Band so speziell ausmacht - die Glaubwürdigkeit war stets gegeben und Texta hatten es nie nötig, sich hinter dumpfen Plattitüden zu verstecken oder einen auf dicke Hose zu machen. "Gediegen", das 1997 erschienene Debütalbum der Linzer, läuft bis heute regelmäßig auf meiner Stereoanlage und gerade "Walkmania", der erste Track der LP, hat mich damals wie heute begeistert. Zwei Jahre später wurde der heiß ersehnte Nachfolger "Gegenüber" released, der in Sachen Komplexität noch ne Schippe drauflegte und mit dem Über-Hit "Sprachbarrieren" und "Vorbei" zwei Klassiker bereithielt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Texta danach ein wenig aus den Augen verloren und nur noch einzelne Tracks (z. B. das überragende "So änderst Du nichts") gehört habe, obwohl ich sogar das Vergnügen hatte, die Stahlstadtkinder 2010 auf dem PLUS-Festival in Freising nach zig Jahren mal wieder live zu sehen. Ebenfalls auf der Bühne damals: Blumentopf bei ihrem Heimspiel!



Zur Vita der Töpfe muss man eigentlich gar nicht so viel sagen: satte 23 Jahre Bandgeschichte haben die Herrschaften mittlerweile vorzuweisen, etliche Alben und Singles in den Charts und spätestens seit den RAPortagen zu den letzten Fußball-Welt- und Europameisterschaften sind Blumentopf bundesweit bekannt.



Nun also die Kollaboration TNT - und explosiv gehts auf #HMLR teilweise tatsächlich zu, wobei sowohl textliche Ideen als auch die Beats dahinter durch die Bank ins Schwarze treffen. Alle Protagonisten sind keine 20 mehr, die Prioritäten im Leben haben sich verschoben, statt Party stehen nun Familien und Kinder an erster Stelle und dieses Erwachsensein wird mehrfach auf sehr sympathische und nachvollziehbare Art und Weise zelebriert. Huckey, Roger, Laima, DJ Dan, Sepalot, Flip, Wunder, Cajus und Schu erfinden dabei das Rad nicht neu, schaffen es aber jederzeit, die jeweiligen Bandstärken voll einzubringen und einen Mehrwert aus der Zusammenarbeit zu generieren. Die Vorabsingle "Silberbesteck" hat schon gezeigt, wohin der Weg führt und die "TNT Anthem" ist in der Tat eine Hymne, die das Zeug zum Klassiker hat!

Insofern ein ganz klarer Kauftipp und auch live sollte man sich die Herren nicht entgehen lassen:


05.03.2015         Wien, Arena
06.03.2015         St. Pölten, Warehouse
07.03.2015         Linz, Posthof
12.03.2015         Graz, PPC
13.03.2015         Innsbruck, Music Hall
14.03.2015         Salzburg, Rockhouse
15.03.2015         Dornbirn, Conrad Sohm
26.03.2015         Stuttgart, Waagenhalle
27.03.2015         Lindau, Club Vaudeville
28.03.2015         Heidelberg, Karlstorbahnhof
02.04.2015         Berlin, SO36
03.04.2015         Hamburg, Mojo
04.04.2015         Münster, Skaters Palace Club
05.04.2015         Pfarrkirchen, Bogaloo
08.04.2015         Köln, Essigfabrik
09.04.2015         Erlangen, E-Werk
10.04.2015         München, Technicum




Freitag, 13. Februar 2015

Kante, "In der Zuckerfabrik", Theatermusik vom allerfeinsten!

(ms) Man sollte wirklich mehr ins Theater gehen. Wann war ich denn das letzte Mal im Theater? Das ist schon wirklich lange her, mit der Schule wahrscheinlich mal. Das ist streng genommen wirklich dumm, weil es sich immer lohnt die lokalen Kulturanbieter zu unterstützen und seinen Horizont mal zu erweitern, verloren ist dadurch nichts.
Nun ist Theater es nicht nur der schauspielerisch-literarischen Aspekten künstlerischen Schaffens verpflichtet, sondern auch der Musik. Ein Detail, das schnell mal vergessen wird aus unterschiedlichen Gründen, denn es gibt viele Stücke, die ohne jegliche musikalische Begleitung auskommen und die Zeit der vollen Orchestergräben ist auch Geschichte. Früher (also richtig früher) wurde selbst im Kino neben der Leinwand musiziert, heute nicht mehr auszudenken.

Quelle: spex.de
Damit sind wir mitten im Thema und bei der Hamburger Musikinstitution Kante. Deren richtiges letztes Studioalbum ist mit "Die Tiere sind unruhig" nun schon neun Jahre her, 2006. Das ist wirklich lang, aber hier kommt ein alt bekannter Satz erneut zu Tage: Faul waren die Herren um Peter Thiessen auf keinen Fall! Seit 2007 haben sie nämlich bei unterschiedlichen Theateraufführungen und -stücken die Musik geschrieben und in nur sich leicht ändernder Besetzung immer auch live jene im Theater gespielt. Den ersten musikalischen Eindruck auf Silberling gab es im selben Jahr mit "Kante plays Rhythmus Berlin", ein starkes Stück Musik im Stile der 20/30er Jahre.

Nun haben sie nachgelegt. Und wie!
"In der Zuckerfabrik" ist am 6. Februar erschienen und bietet mit fünfzehn Stücken aus unterschiedlichen Inszenierungen wirklich ein breites literarisches als auch musikalisches Schaffensspektrum. Vom Walzer, über ganz ruhige Balladen bis zu völlig wilden, dissonanten Stücken zwischen zwei und sechs Minuten. Für folgende Stücke haben Kante unter anderem die Musik geschrieben, die Texte waren ja nun schon vorgegeben: Candide oder der Optimismus (Voltaire), Dämonen (Dostojewski), Wilhelm Meister Lehrjahre (Goehte), Black Rider (Tom Waits u.a.). Eine wesentliche Rolle (haha, doppelter Witz) spielte bei der Entstehung und dem Engagement am Theater Friederike Heller, die die Hamburger ab 2007 zu verschiedenen Aufführungen überzeugen konnte.



Nun aber zur Musik.
Vorab ist natürlich zu sagen, dass wenn man die Stücke nicht kennt eine Verbindung zu diesen und ein Bild vor Augen von einer gefüllten Bühne eher schwer ist. Aber das macht nichts, denn die Songs sind so wahnsinnig gut, dass sie auch vollkommen alleine und unabhängig von der Schauspielkunst funktionieren. Die altbekannten Stärken der Band (Dynamik, Intensität, Genauigkeit, Abwechslung, musikalische Klugheit) kommen hier vollstens zur Geltung. Der Opener "In der Zuckerfabrik" steht quasi für das Album, verbindet krachende Gitarren mit sanften Passagen, klaren Gesang, ebenso "Morgensonne". Experimentell scheint "Das Lied vom Sankt Nimmerleinstag" und gerade weil es so schief und krumm klingt, setzt es sich binnen Sekunden zwischen den Ohren fest. Das "Lied vom achten Elefanten" erscheint in seiner Schönheit und gewissen textlichen Absurdität, "Donaudelta" erinnert an  "Im Inneren der Stadt", jetzt nur mit einer Aufzählung von Flüssen. Gewagt ist es natürlich ein Lied aus dem Stück "The Black Rider" von Tom Waits zu vertonen, da Waits selbst natürlich ein Großmeister ist, ihm würde die Kante-Version aber mit Sicherheit gefallen!

"In der Zuckerfabrik" ist kein reines Studioalbum und daher als ganzes natürlich schwer zu bewerten. Dass es allerdings wieder ein musikalisches Lebenszeichen der Band vereint mit dieser Stärke in den Songs gibt, reicht aus um ein Kandidat für das Album des Jahres zu werden. Angeblich sind neben dem Auftritt im Hamburger Schauspielhaus noch mehr Konzerte geplant, zu wünschen ist es!

Ich glaube, ich gehe bald mal wieder ins Theater!

Mittwoch, 11. Februar 2015

Olympique. The Band. Ob A oder B spielt keine Rolle.

quelle: noisey.vice.com
(mb) Stell dir folgendes Szenario vor: Du steigst Sonntagabends in das Auto eines Freundes. Ihr beide müsst von A nach B. A ist die Heimat, der Zufluchtsort oder einfach die Destination, wo ihr beide euer Herz (verloren) habt. Oder auch alles zusammen. Wohingegen B der etwas triste Alltagsort ist. Dort, wo ihr noch nicht gänzlich angekommen seid, verschuldet von A. Ein Wochenende voller Wärme und Glückseligkeit liegt hinter euch. Draußen eine graue, kaltnasse Suppe. B vor den Augen. Du musst dich überwinden deine Winterjacke auszuziehen bevor du einsteigst. Wohlwissend, dass wenn du sie anlassen würdest, dir innerhalb der ersten zwanzig Minuten zu heiß werden würde, so dass du sie während der Fahrt ausziehen möchtest. Was du aber, weil angeschnallt, nur umständlich vollbringen kannst. Also ziehst du sie gleich aus. Und stehst in der Kälte. So ein Abend ist es. Kalt, grau, trostlos. Anfänglich, nachdem ihr losgefahren seid, redet ihr noch über Nebensächlichkeiten, beide zu müde und verträumt für ernst gemeinte Konversation. Euren Gedanken nachhängend. Allmählich dreht dein Freund die Musik lauter. Die Unterhaltung setzt ganz aus. Du drückst den Kopf gegen die Fensterscheibe. Ein kurzer Blick zur Mittelkonsole.

Vom Display liest du, dass Olympique läuft. Eine Salzburger Band. Du kennst die Band nicht wirklich, hast lediglich auf Noisey einen Artikel von Ihnen überflogen. Anschließend verfällst du in einen dämmrigen Halbwachzustand. Du döst weg, fade away. Hörst Sänger Fabian von Babylon singen. Denkst an A. Seine Stimme ist kräftig, markant und eindringlich. Umspielt von Schlagzeug Gewitter und Keyboard Akkorden. Im nächsten Moment werden die Akkorde von Keyboarder Leo beruhigender, Schlagzeuger Nino lässt den Song behutsam ausklingen. Diese Ambivalenz des Tempowechsels erzeugt eine gewisse Spannung, ja Intensität, in welcher sich durch die kurze Abfolge nahezu gleichzeitig energiegeladener Enthusiasmus und entrückte Melancholie entlädt wie die Blitze am Horizont, die du in der Ferne siehst. Auch die nächsten Songs deuten auf ein Album voll Bipolarität. „Hollow Way“ übertreibt maßlos, doch genau dass macht dich labil. Du willst zurück nach A.
quelle: noisey.vice.com

Du hebst deinen Kopf, siehst kurz auf zu deinem Freund. Er fährt konzentriert und bemerkt nicht, dass du ihn aus dem Augenwinkel beobachtest. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät dir, dass ihr circa in einer dreiviertel Stunde in B sein müsstet, vorausgesetzt du schlägst ihm nicht vor, noch umzudrehen. Du denkst er würde es begrüßen. 
Du sagst nichts. Du schließt die Augen wieder. Hörst die Straße. Hörst de Musik wieder. Du hörst wie Olympique darüber singen, selber nicht zu wissen, wo es hingehen soll. Ins sagenumwobene Goldland, nach El Dorado. Oder nach Crystal Palace. Dein B. Dort, wo du nicht hingehörst. Eigentlich hält dich nur die Pflicht. Du würdest jetzt gerne eine Zigarette rauchen, um der Situation einen philosophischen und nachdenklichen Anstrich zu verleihen. Du sehnst dich nach A, die Stadt die dich warm hält. Du hörst, dass nicht zwingend das Ziel entscheidend ist, sondern der Weg. Vielleicht geht es um den Weg, ja den Umweg, den man nehmen muss, um dort anzukommen, wo man sich nicht mehr auf Wiedersehen sagen sondern bleiben will. Vielleicht geht es darum. Um die Reise. Du weißt es nicht. Dein Kopf ist schwer. „Ivory“ ertönt. Da ist wieder diese Ambivalenz, die dich so sehr in den Bann zieht.


„I was killing time, but you were on my mind.
What I tried to described, in terms of left behind, with words I didn´t find.
Everything I am saying is the same to you, but I am already gone by now”.


Olympique haben ein beeindruckendes Debütalbum “Crystal Palace” kürzlich veröffentlicht. Die Salzburger Band ist momentan auf Tour und wärmstens zu empfehlen. Anspieltipps sind v.a "Ivory", "Hollow Way" und "The Reason I came". De LP glänzt aber zur Gänze. Luft nach oben gibt es wie immer noch. Ein Hauch stimmigen UK Gitarren Indiepop made in Austria. Darum: Egal ob du Sie in A oder B oder C sehen kannst, lass Sie dir nicht entgehen. 
Ω You know the game Ω
OLYMPIQUE TOUR
AUSTRIA.
Fr, 20.02.2015 Innsbruck, Weekender
Sa, 21.02.2015 Lustenau, Carinisaal
Do, 05.03.2015 Wien, WUK (sold out)
Fr, 06.03.2015 Linz, Posthof
Sa, 07.03.2015 Graz, PPC
Sa, 28.03.2015 Klagenfurt, Stereo (Kontaktlinse Festival)
Tickets: http://bit.ly/1tHecJq


Montag, 2. Februar 2015

Deichkind: Niveau, Weshalb, Warum?

(cg) Deichkind ist zurück! Endlich! Nach drei Jahren melden sich die vier Hamburger Kryptik Joe, Porky, Ferris Hilton und La Perla mit der neuen Scheibe 'Niveau Weshalb Warum' am Plattenmarkt zurück, Kurs auf deine Playlist und volle Kraft voraus! Alte Hasen des Electro-Rap kommen dabei  auf ihre Kosten, die Deichkinder präsentieren sich oft von ihrer guten alten Proleten-Remmidemmi-Roll das Fass rein-Seite. Und eine Tour gibt es auch. Über so 'ne Musik freut sich das pyramidenförmige Herz und fängt an mit dem Beat zu nicken. Auch die Deichkinder haben uns vermisst, und alle nur so: yeah!




Quelle: Laut.de



So 'ne Musik

Erste Single aus dem Album, Album Opener und uns allen schon gut bekannt. Der Sound erinnert an das alte Deichkind und es wird wieder ordentlich geprollt.




Denken sie groß

Das Video ist großartig! Der Track leider nur mittelmäßig, nicht schlecht, aber auch kein Meilenstein in der DK-Discografie. Trotzdem ist die Thematik aktuell, denn wer ist dieser Tage nicht aufgeschmissen ohne die groß denkende Generation 12-Jähriger Youtube Channel Besitzer mit Aron Carter Gedächtnisfrisur, die uns erklären, wie die Welt funktioniert?? Außerdem fühlt man sich auch hier irgendwie in die Zeiten aus 'Aufstand im Schlaraffenland' (2006) zurück versetzt.



Like mich am Arsch

Hier geht es weiter mit der Kritik der heutigen Internet Gesellschaft. Likegeile Facebook Benutzer, Die Petition die du unbedingt noch unterschreiben musst und alles, was noch so nervt. Kein Partytrack, aber bestimmt nett zum Autofahren.

Powered by Emotion

Da kommt zum Glück mal ein bisschen mehr Tempo in die Musik, wenigstens ein bisschen. Eingängiger Beat, aber so richtig springt der Funke noch nicht über.

Porzellan und Elefanten

Yes! Gelungenes Intro, emotionale Power, guter Text und hält sich auch ne Weile im Ohr.

Was habt Ihr

Der Beat hat schon wieder was von Discotrack und dicken Autos auf dem Supermarktparkplatz. Dazu kann man sicher Tanzen und den Text mitsingen, in dem die Deichkinder sich selbst feiern. Gutes Tempo aber irgendwie muss man das Lied öfter hören, um es wirklich zu mögen.

Mehr als Lebensgefährlich 

Baut gut auf 'Was habt ihr auf', ein gutes Tempo um mit zu gehen. Der Text ist gut und thematisiert die schlimmen Probleme, mit denen sich die Mittelschicht der ersten Welt auseinandersetzen muss, wenn der Handyakku schon wieder leer ist und man im Urlaub am Strand doch irgendwie Heimweh bekommt. Echt schlimm sowas.

Der Flohmarkt ruft

Der Track hätte auch auf 'Befehl von ganz unten' sein können. Gutes Lied eigentlich, aber wieder muss man es öfter hören, um es wirklich zu mögen. Man fühlt sich als regelmäßiger Flohmarktgänger ein bisschen verarscht, aber recht haben sie schon. Ein Yuppie verachtendes Lied, die armen Yuppies!

Naschfuchs

Das Lied wird bestimmt gespielt auf dem Deichkindkonzert. Laut, schnell, hat Energie, ist aber nicht überragend. Es geht natürlich um Drogen.


Die Welt ist fertig

Textlich eine Zukunftsvision. Musikalisch gut, textlich auch. Aber irgendwie fehlt was, es ist eher ein Fillersong.

Niveau Weshalb Warum

Wer uns fragt bleibt dumm. Wieder ein Song, den ich auf dem Konzert erwarten würde. Man nickt ziemlich schnell mit und es gibt gute Textzeilen, die man mitsingen kann (wenn man bei Deichkind überhaupt von mit'singen' sprechen kann).

Hauptsache nichts mit Menschen

Eine Anklage an die Vereinsamung des Individuums im eigenen Morast der Einsamkeit des Alltags und der Anonymität in der Großstadt. Ein gutes Lied.

Oma gib Handtasche

Hört sich an wie auf einer Holländischen Technoparty. Jumpstyle Fans werden ihre Freude an diesem Lied haben. Kurz und kräftig.

Selber machen lassen (Bonustrack)

Geiles Ding! Da haben Deichkind sicher alles selber machen lassen von vielen deutschen Künstlern, u.a. Bonaparte, Fettes Brot, Kraftklub, Jennifer Rostock, Jan Delay, Sido, Samy Deleuxe, Dendemann und K.I.Z.

Schlafwandler (Bonustrack)

Typisches Deichkind Ding mit Beat und ein guter Schluss für das Album.



Es gibt also einige Songs mit gutem Text und eingängigem Beat, einige, die auf vielen WG Partys laufen werden und vielleicht sogar im ein oder anderen Club, und ein paar Songs sind leider so schwach, dass sie vielleicht wirklich nur die Platte füllen. Nichts desto trotz ein gutes Album, aber auch keine überragende Leistung. Vielleicht sind die 4 vom Deich auch einfach erwachsen geworden.
Es ist ja außerdem so, dass Deichkind Live viel besser sind als auf Platte. Technisch und Musikalisch sind die Songs auf gewohntem Deichkind Niveau, aber eben nicht stark genug, um direkt im Ohr zu bleiben. Ich kann nur empfehlen, eins der Konzerte im Frühling zu besuchen, denn wer Deichkind noch nie Live gesehen hat verpasst vielleicht das Konzert des Jahres, und wer sie schon gesehen hat weiß, wovon ich rede.

Ein Konzertbericht vom 11.04. in Dortmund wird folgen.


Alle Tourdaten:


08.04. Lingen, EmslandArena

09.04. Münster, Halle Münsterland

0.04. Düsseldorf, Mitsubishi Electric halle

11.04. Dortmund, Westfalenhalle

14.04. Hannover, Swiss Life Hall

16.04. Neu-Ulm, Ratiopharm Arena

19.04. Freiburg, Zäpfle Club

21.04. Augsburg, Kongress Park

26.04. München, Zenith

28.04. Berlin, Max-Schmeling-Halle

29.04. Flensburg, FlensArena

30.04. Aurich, Sparkassen Arena

01.05. Hamburg, o2 World