Donnerstag, 16. Januar 2014

ClickClickDecker - "Ich glaub dir gar nichts und irgendwie doch alles" - Ein Paukenschlag für die deutsche Indie-Szene

(ms) Da ist er wieder! Naja, er war ja nie wirklich weg. Nur eben als fünfzig Prozent von Bratze unterwegs um mit ordentlich Bass und großen Texten die Bühnen der Republik zum Einsturz zu bringen. Doch jetzt ist Kevin Hamann in seiner alten Rolle wieder da. Hinzu kommt, dass er jetzt nicht mehr alleine ClickClickDecker ist, denn Oliver Stangl ist mit diesem Album offiziell - inoffiziell schon wesentlich länger - fester Bestandteil der Band.
Vor sage und schreibe fünf Jahren kam das letzte Studioalbum raus und jetzt wird mit aller Kraft nachgelegt. Es geht los mit dem Titel "Ich glaub dir gar nichts und irgendwie doch alles". Expansion statt Reduktion, auch was die Orthographie angeht. Wieso nicht?! Hat ja früher auch gänzend funktioniert!

Quelle: ClickClickDecker.de
Vor Ton und Texten der Platte, ist der Umstand der Entstehung nicht ganz unwichtig. Denn Stangl und Hamann haben sich in Emmelsbüll, Nordfriesland, in einer alten Schule für die Aufnahmen der Songs eingeschlossen und dort dieses und jenes Intrument vorgefunden. Und einfach mal rauf damit in die Songs. Es war eine gute Idee! Hamann sagt über sich selbst, er könne irgendwie kein Intrument wirklich spielen. Soll man ihm das glauben?!
Los geht's mit der Vorabsingle "Tierpark Neumünster". Und als Fan kommen dort schon die ersten großen Gefühle zutage. Nämlich, dass es ganz der alte Sound ist, ein wenig knarzig, nicht perfektionalisiert, nicht beim Mastern glatt geschliffen, sondern so gelassen, wie er am besten rüberkommt. Super! Mit dem Klang aus Gitarre(n), Klavier, Bass, Schlagwerk geht es herrlich weiter! Dabei sind sie zum großen Teil auf einem minimalistischen Niveau und rücken genau ausgepolt in den Hintergrund, um die teils unfassbaren Texte für sich stehen zu lassen. Letztere möchte man sich am liebsten auf alle Köperstellen tätowieren. Und wenn beinahe alles voll ist, nimmt man die nächste Zeile und schreibt sie sich auf die Stirn.
Denn Hamann hat die verblüffende Gabe mit einfachen Worten Situationen und Gefühle zu beschreiben, die fast jeder kennt ohne diese direkt zu benennen. Dazu braucht ein keine verschrobenen, tocotronischen Textwirrnisse. Nein. Es braucht die Genialität der Einfachheit. "Kein Satz wird dadurch besser, dass du ihn ständig nur wiederholst" (Die Nutzlosen), "Wenn man immer nur zurückschaut, ist am Ende nichts mehr da" (Niemand wird's gewesen sein), "Das ist nur mein Talent für den schlechten Moment" (Was kommt wenn nichts kommen will). Man könnte ewig so weitermachen.
Es geht inhaltlich viel um Trennungen, Missverständnissen, Leute, die sich zu lange kennen, um den Einzelnen, um Paare, um Wünsche und Pläne. Mitten aus dem Leben gegriffen in Musik verpackt und auf Platte gepresst.


"Ich glaub dir alles und irgendwie doch nichts" besticht durch seine innere Harmonie von Sound, Texten und der gespürten Abstimmung zwischen Hamann und Stangl. Somit ist ClickClickDecker seit Jahren eine feste Konstante in der deutschsprachigen Indie-Musik. Und mit dieser Veröffentlichung legen sie für das Veröffentlichungsjahr 2014 den Standard fest, den es zu erreichen gilt. Es ist Musik für Spaziergänge, wenn es leicht regnet, Abende mit Freunden, und Sonntage, die doch mal richtig gut sind. Im April kommt das Solo-Album von Marcus Wiebusch auf den Markt, man kann gespannt sein, wer hier die Nase vorn behält. Für den alten befindlichkeitsfixierten Punkhasen wird es nicht leicht!
Daher: 9/10 für dieses Album!

Dienstag, 7. Januar 2014

Minor Alps, "Get There": Zwei alte Hasen debütieren!

(ms) Das neue Jahr hat angefangen. Der Adventskalender ist nun schon länger vorbei. Uns hat er großen Spaß gemacht, es waren viele spannende und ausgefallene Jahresrückblicke von euch Lesern dabei, und jeder hat sich zu lesen und veröffentlichen gelohnt.
Nun geht's aber wieder back to business! Musik, Musik und noch mehr Musik. 2014 wird sicherlich mächtig spannend, doch der Start geht los mit einem Debut aus dem letzten Jahr!

Quelle: minoralps.tumblr.com
Minor Alps. Die unbedeutenden, die kleinen Alpen. Hm, was soll das denn nun wieder heißen? Keine Ahnung. Ein Bandname musste her und da ist er! Albumtitel "Get There". Tja. Wohin denn? Zu den Bergen? Darüber könnte man jetzt lange nachdenken und sich die Hirnmasse zermartern, oder man könnte es einfach lassen, die Platte nehmen, auf den Drehteller legen, die Nadel gefühlvoll runterlassen, den Raum abdunkeln, vielleicht ein warmes Getränk bereitstellen, es sich gemütlich machen und reinhören.
Frage vorab: Wer musziert hier eigentlich? Antwort: Bei dieser Band haben sich zwei zusammengetan, die das Musikgeschäft besser kennen als manch andere, weil sie beide schon seit über 20 Jahren dabei sind und viele Patten ans Tageslicht befördert haben. Juliana Hatfield war einst Teil der Blake Babies und lange solo unterwegs. Matthew Caws ist Sänger, Gitarrist und Texter der großartigen Indie-Band Nada Surf. Man darf aber aufatmen: Nada Surf werden weiterhin zu dritt Lieder schreiben und Bühnen bespielen!

Quelle: minoralps.tumblr.com
"Get There" geht eher gemütlich los mit ruhigen Klängen, dreht dann aber auf und lässt zwei der besten Lieder der Platte aufeinander folgen: "I don't know what to do with my hands" und "Far from the roses". Doch was passiert danach?! Auf eine eigenartige Weise flacht das Album ab. Es könnte beinahe eine Ansammlung von Nada Surf-Songs sein mit einer zweiten Stimme dabei. Es gibt keine Stichhaltigen Punkte, was die kommenden Momente zu etwas wirklich Eigenem machen. Wobei man hier anführen muss, dass Caws und Hatfield die gesamte Zeit über im Duett singen und zu einer zu hörenden Stimme verschmelzen; sicherlich die Stärke des Albums. Und man muss den beiden auch zugute halten, dass sie bis auf die Drums alle Instrumente selbst eingespielt haben. Doch es fällt schwer ein Alleinstellungsmerkmal klar herauszuhören. Es plätschert ein wenig daher, man dreht die Platte und die B-Seite plätschert einfach weiter. Allein "Mixed Feelings" sticht mit den aufgedrehten Gitarren nochmal heraus.
Als großer und langjähriger Nada Surf-Fan frage ich mich, wie das passieren konnte. Beiden haben mehr als genug Potential, um zusammen ein starkes Album zu machen.
Ergo: Der Klang ist insgesamt gut, beide Stimmen harmonieren wunderbar miteinander, doch die zündenden Ideen fehlen insgesamt. Daher: 6/10