Samstag, 18. Juni 2011

Der "Shazam Effect" im Two Doors Cinema Club

Quelle: http://www.schallgrenzen.de
(nvh) Heutzutage passiert es immer öfter, dass man irgendwo in einer Bar sitzt oder durch das Kaufhaus schlendert und ein guter Song schallt aus den Boxen. Der moderne homo sapiens von heute zückt dann sein Smartphone aus der Tasche, um die Klänge mittels Shazam, Soundhood oder Sonstigem aufzunehmen und sich den Song kurz darauf digital aus dem Netz zu saugen. Ein Phänomen der Technik, das den Konsum und den Umgang von und mit Musik grundlegend verändert hat.

Kein MTV mehr, der Gang zum Musikladen bleibt auch aus. Gibt es solche Musikläden überhaupt noch? Wir hören, streamen und laden Musik in der Welt der Daten und Formate. Eine Schallplatte gehört mittlerweile zu Antike des 20. Jahrhunderts.

Und ich muss zugeben, ich bin ebenfalls so ein "homo digitales" geworden. Ich besitze einen iTunes, Napster, mixcloud, TapeTV und "Vieles mehr"-Account, verwende Internetradios und höre meine Playlists auf You Tube. Die Vielfalt und die unendliche Bereitstellung von Musik ermöglicht es, alles zu hören, was man sich nur vorstellen kann und hören will. Jedoch habe ich manchmal das Gefühl gar nichts mehr zu hören. Die Musik läuft einfach. Das tägliche Leben ist so voll, dass es schwer fällt sich auf Musik zu konzentrieren. Musiker müsste man sein! Dann bestünde der Arbeitsalltag und vermutlich auch das Hobby ausschließlich damit, sich auf Musik zu konzentrieren. Dies bezweifle ich zwar, aber die Vorstellung daran finde ich erfrischend.

Damals war das mit der CD oder Platte noch anders. Sich die Mühe zu machen einen Laden für Musik aufzusuchen und in großen Regalen oder Kisten genau das zu finden was man sucht, ohne zu Wissen, ob das Gesuchte in den vier Wänden beherbergt wird oder möglicherweise schon ausverkauft ist. Schon da begann die Konzentration auf Musik. Das Vorhören am Plattenspieler im Laden und das "echte" Kaufen! Das schöne Gefühl mit einer neuen Platte nach Hause zu kommen, die Plastikhülle zu entfernen,es sich auf dem Bett gemütlich zu machen und die Platte den ganzen Tag  anzuhören - eine Erinnerung aus vergangenen Tagen.

Aber wie komme ich zu dieser Esoterik und der nostalgischen Wehmut? Daran ist die nordirische Indierock Band "Two Doors Cinema Club" Schuld. Kurz die Fakten: die seit 2007 gegründete Band macht tolle Musik -  Indierock eben - aus dem hohen Norden, gemischt mit ein wenig Elektropop und Alternative. Die Gründungsgeschichte ist ein Klassiker wie ein Werk Goethes: Zwei Schulfreunde schließen sich im Studium mit einem Bassisten zusammen, brechen das Studium ab, bekommen einen Plattenvertrag und erhalten Lob aus allen Ecken der Musikbranche. So läuft es halt manchmal.

Und vor einigen Wochen sitze ich mal wieder  in einer Bar, trinke einen Gin Tonic und aus den Boxen schallt ein guter Song. Mein iPhone gezückt tagge ich ihn mit Shazam und siehe da: es ist Two Doors Cinema Club  mit ihrem Hit "What You Know". Mein iPhone aber behauptet vollkommen schmerzfrei den Song bereits drei Mal in den letzten sechs Monaten getaggt zu haben, das erste Mal vor ca. vier Monaten:


Und dann wurde mir klar, dass ich den Song wohl kannte, ihn aber noch nie wirklich gehört habe - der "Shazam Effect"!
Und ich glaube, das passiert mir immer öfter. Musik nicht mehr zu hören, sondern nur noch zu kennen ist ein Phänomen, das in sich eigentlich widersprüchlich ist - jede Logik übergeht! Doch so fühlt es sich an. Sollte er euch auch begegnen, werdet vielleicht auch ein klein bisschen wehmütig und denkt eine Sekunde an die hier geschriebenen Worte. Das Ziel sollte doch ein Anderes sein: Musik hören, um sie zu kennen und nicht anders!

2 Kommentare:

  1. ... hat heutzutage ja auch irgendwie was keins zu haben! Manchmal wünschte ich, ich hätte keins!

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